15 Sekunden Audio oder Video, 160 Zeichen Text und 150 Kilobyte für Fotos und Grafiken – dies sind die neuen Grenzwerte, ab der laut dem geplanten neuen Urheberrecht Werke in der digitalen Welt urheberrechtlich geschützt sind.
Während digitale Unternehmen zukünftig für das verantwortlich sein sollen, was auf ihren Plattformen veröffentlicht wird, sind private Zitate und Meinungsäußerungen ausgenommen.
Was der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf einer Reform des Urheberrechtes für Autoren, Buch- und Presseverlage sowie Verbraucher bedeutet, haben Rechtsexperten der ARAG zusammengefasst.
Ziel der neuen Gesetze
Das, was in der analogen Welt bereits lange gilt, soll nun auch im Internet Gültigkeit haben: Das neue Urheberrecht soll das rechtliche Verhältnis zwischen Urhebern, Internetplattformen und Nutzern festlegen. Beispielsweise, wenn urheberrechtlich geschützte Fotos, Texte oder Videos hochgeladen werden.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:
„Es soll die Rechte der Kreativen stärken, die Rechtsinhaber fair an den Erlösen beteiligen und gleichzeitig die Kommunikations- und Meinungsfreiheit der Nutzer im Internet wahren.“
Künstler sollen unmittelbare Zahlungsansprüche gegen die Plattformen bekommen. Mit dem neuen Gesetz wird eine EU-Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt umgesetzt (EU-RL 2019/790 "Digital Single Market", kurz DSM-Richtlinie), deren Umsetzungsfrist am 7. Juni 2021 abläuft.
Plattformen urheberrechtlich in der Verantwortung
Laden gewinnorientierte Plattformen künftig beispielsweise Filmausschnitte, Auszüge von Presseartikeln, Fotos oder Songs ihrer Nutzer hoch, sind sie urheberrechtlich für diese Uploads verantwortlich.
Sie haben aber die Möglichkeit, Lizenzen für geschützte Werke zu erwerben, für die Rechteinhaber oder Verwertungsgesellschaften wie die Gema eine Vergütung erhalten.
Sind Inhalte nicht gesetzlich erlaubt oder lizensiert, müssen Anbieter dafür sorgen, dass diese Werke nicht über die Plattform verfügbar sind.
Der „Rote Knopf“ für Rechteinhaber
Dieses Sperrinstrument ist vor allem für die Filmbranche gedacht: YouTube und Co. müssen künftig einen Sperrknopf einrichten, den Rechteinhaber betätigen können, wenn sie ihr Werk auch nachträglich auf der Plattform sperren lassen wollen.
Der Anbieter muss den entsprechenden Inhalt dann vor dem Upload herausfiltern und ihn so lange blockieren, bis das Beschwerdeverfahren abgeschlossen ist. Dieser rote Knopf darf nur von vertrauenswürdigen Rechteinhabern gedrückt werden.
Die Vertrauenswürdigkeit legt jede Plattform selbst fest. Und wer den roten Knopf zu oft oder missbräuchlich drückt, muss damit rechnen, vom Verfahren ausgeschlossen zu werden.
Was darf weiterhin hochgeladen werden?
Handelt es sich um Karikaturen, Parodien oder sogenannte Pastiches (Nachahmungen), ist die öffentliche Wiedergabe und Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken weiterhin erlaubt.
Zulässig bleibt der Upload auch, wenn – unabhängig von der Zeichen- oder Sekundenzahl – weniger als die Hälfte des Gesamtwerks hochgeladen wird. Zudem muss der Ausschnitt aus dem Werk mit anderen Inhalten kombiniert werden.
Wen betrifft‘s?
Für wen die neuen Gesetze gelten sollen, ist noch unklar. Zurzeit geht das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) davon aus, dass mittelfristig dreizehn Diensteanbieter unter das neue Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) fallen werden.
Relativ sicher ist, dass YouTube und Facebook betroffen sein werden, während Wikipedia als nicht gewinnorientierte Online-Enzyklopädie eine Ausnahme darstellt, die nicht unter das Gesetz fällt.
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