Im konkreten Fall verlangt der Versicherungsvertreter von dem Versicherer die Erteilung eines Buchauszugs, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit des Buchauszuges sowie die Zahlung einer Provision.
Der Versicherer stellte dem Versicherungsvertreter zwar zur Abrechnung der Provisionsansprüche 14-tägig Kontoauszüge zur Verfügung, denen die Provisionsbewegungen zu entnehmen waren.
Auch stellte er alle drei drei Wochen Mahnlisten mit einer Auflistung sämtlicher von Prämienrückständen betroffenen Verträge zur Verfügung. Allerdings verweigerte der Versicherer die Erteilung eines Buchauszuges.
Der Versicherer verwies dabei auf eine Klausel des Handelsvertretervertrages, nach welcher die Provisionsabrechnung als anerkannt gilt, wenn der Versicherungsvertreter kein Widerspruch erhebt.
Aufgrund des aus der Klausel folgenden Anerkenntnisses seien weiterführende Provisionsansprüche ausgeschlossen und daher scheide auch ein Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges, bei welchem es sich um einen Hilfsanspruch in Bezug auf die Geltendmachung von Provisionen handle, aus. Der Versicherungsvertreter betrachtet diese Klausel jedoch als unwirksam und klagte dennoch.
Das Urteil
Nach Ansicht des BGH ist eine Vereinbarung zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer, nach der die Provisionsabrechnungen des Versicherers als anerkannt gelten, wenn der Versicherungsvertreter nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, wegen Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam.
Außerdem entfällt der Anspruch des Versicherungsvertreters auch nicht dadurch, dass der Versicherungsvertreter keine Einwendungen gegen die Provisionsabrechnungen erhoben hat.
Mangels eindeutigen Erklärungsinhalts ist in der widerspruchslosen Hinnahme der Abrechnung – so der BGH – weder ein stillschweigendes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf etwaige weitere Provisionen zu sehen.
Daher steht dem Versicherungsvertreter weiterhin ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß den gesetzlichen Regelunge zu.
Fazit
Insgesamt stärkt die Entscheidung des BGH mit dem Urteil (Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05) die Position des Versicherungsvertreters. Gleichwohl sind entsprechende Anerkenntnisklauseln weiterhin in der Versicherungsbrache anzutreffen.
Soweit Versicherer noch unter Verweis auf solche Klauseln versuchen ein berechtigtes Begehren des Versicherungsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges zurückzuweisen, empfiehlt es sich für Versicherungsvertreter unbedingt rechtlichen Rat einzuholen. Nähere Informationen zum Buchauszug selbst finden Sie unter Der Buchauszug für Versicherungsvertreter
Dasselbe gilt, wenn der Versicherer im Fall von Provisionsrückforderungen auf ein Anerkenntnis durch widerspruchslose Hinnahme der Abrechnungen verweist.
Auch in diesen Fällen empfiehlt es sich anwaltlich unbedingt prüfen zu lassen, ob tatsächlich ein Anerkenntnis vorliegt oder aber der Versicherungsvertreter weiterhin gegen die Forderung vorgehen kann. Nähere Angaben zu den Möglichkeiten sich als Versicherungsvertreter gegen Provisionsrückforderungen zu wehren finden Sie unter Rückforderung unverdienter Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren.
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