Reform des Steuerberatungsgesetzes gefordert

© Andrey Popov – stock.adobe.com

Im Juli 2018 hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, weil berufsrechtliche Einschränkungen des Steuerberatungsgesetzes nicht mit EU-Recht vereinbar seien. In großen Teilen sollen sich beide Seiten nun geeinigt haben.

Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) appelliert jedoch zusammen mit dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und 12 weiteren Verbänden an die EU-Kommission, nicht von ihrer ursprünglichen Forderung nach einer Gesetzesänderung abzuweichen.

Das deutsche Steuerrecht ist nicht für seine Einfachheit bekannt. Das Steuerberatungsgesetz regelt daher genau, welche Berufsgruppen zur steuerlichen Hilfeleistung berechtigt sind – zum Schutz der Steuerpflichtigen und des Steueraufkommens, wie die Interessenvertretungen der Steuerberater und die Politik häufig argumentieren.

Doch die damit verbundenen Einschränkungen von Dienstleistern und Unternehmen gehen der europäischen Kommission zu weit. Im Sommer 2018 hat sie deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet und um Stellungnahme gebeten.

Keine Einigung bei Umsatzsteuervoranmeldung

Gemäß eines Informationsschreibens des deutschen Steuerberaterverbands (DStV) sollen die Gespräche zwischen EU-Kommission und der Bundesrepublik inzwischen weit fortgeschritten sein. Noch keine Einigung sei jedoch erzielt, inwiefern insbesondere die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung weiterhin zu den Tätigkeiten zählen soll, die ausschließlich steuerberatenden Berufen vorbehalten sind.

Auf nationaler Ebene setzt sich der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) seit Jahrzehnten dafür ein, dass auch selbstständige Buchhalter diese Leistung anbieten dürfen.

Einschränkungen für Buchhalter und Unternehmen

Markus Kessel, BVBC-Geschäftsführer, erklärt:

„1980 und 1982 hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, dass es nicht verfassungsgemäß ist, das Buchen laufender Geschäftsvorfälle und die Lohnbuchhaltung ausschließlich Steuerberatern vorzubehalten. Insbesondere selbstständige Buchhalter seien aufgrund ihrer Qualifikation dazu in der Lage. Nichts anderes gilt für die Umsatzsteuervoranmeldung. Das Steuerberatungsgesetz diskriminiert nicht nur selbstständige Buchhalter, indem es in ihre Berufsfreiheit eingreift. Es schränkt auch Unternehmen in ihrer Vertragsfreiheit ein, weil es diese zwingt, neben der Zusammenarbeit mit Buchhaltungsbüros zusätzlich einen Steuerberater zu engagieren.“

Steuerberaterprivileg verzögert Corona-Hilfen

Das Steuerberaterprivileg wird besonders in der aktuellen Krise zum Problem für zahlreiche Unternehmen. Weil nur Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Anwälte und vereidigte Buchprüfer Anträge für Corona-Hilfen stellen dürfen, kommt aufgrund deren Überbelastung die finanzielle Unterstützung in vielen Fällen nicht rechtzeitig an.

Kessel fordert:

„Der Beantragungsprozess muss vereinfacht und beschleunigt werden. Wir haben bereits im Sommer darauf hingewiesen, dass Buchführungsbüros als Antragssteller aufgenommen werden müssen. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen vertrauen auf die Expertise selbstständiger Buchhalter, die den Vorteil haben, die betriebliche Situation ihrer Mandanten bereits zu kennen und Anträge schneller stellen zu können.“

Auf seine Schreiben erhielt der Verband weder vom Bundesfinanzministerium noch seitens des Bundeswirtschaftsministeriums bis heute eine Resonanz.

In einer vierseitigen Stellungnahme wandte sich der BVBC nun an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der Verband appelliert an die Kommission, bei ihren Forderungen zu bleiben und Deutschland zu einer Anpassung des Steuerberatungsgesetzes anzuhalten.

Insgesamt 13 Verbände haben das Papier mitgezeichnet – darunter etwa der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD). Zur Stellungnahme an die EU-Kommission geht es hier