FinVermV neu: Anlageberatung und Geeignetheitserklärung

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Bei der nunmehr nach der FinVermV (neu) zu erstellenden Geeignetheitserklärung ergeben sich einige Neuerungen, wobei derzeit noch völlig unklar ist, welche Anforderungen die Rechtsprechung später an den Inhalt einer ordnungsgemäßen Geeignetheitserklärung stellen wird, beschreibt Rechtsanwalt Boris-Jonas Glameyer von Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte den momentanen Status. 

In einer Anmerkung zu den bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten mittlerweile ebenfalls zu erstellenden Geeignetheitserklärungen hat die BaFin darauf hingewiesen, dass sie erhebliche Bedenken hinsichtlich einer ganzen Reihe ihr aus diesem Bereich vorliegender Geeignetheitserklärungen hat, da diese aus Sicht der BaFin oft zu schematisch seien und nicht erkennen ließen, weshalb gerade das empfohlene Produkt für den konkreten Anleger und dessen persönliche Situation besonders geeignet sein soll.

Vor diesem Hintergrund kann nur dringend dazu geraten werden, die zu erstellende Geeignetheitserklärung möglichst individuell, konkret und einzelfallbezogen zu gestalten.

1. Abgrenzung: Anlagevermittlung – Anlageberatung

Die Grenzen zwischen Anlagevermittlung und Anlageberatung sind teilweise fließend und manchmal schwer abzugrenzen.

Aus der Praxis heraus zeigt sich leider auch immer wieder, dass sich Anlagevermittler beziehungsweise Anlageberater so manches Mal leider keine allzu genauen Gedanken darüber gemacht haben, ob sie nun eine Anlage vermitteln möchten oder ob sie eine Anlageberatung durchführen möchten.

Dabei ist die Abgrenzung zwischen Anlagevermittlung und Anlageberatung extrem wichtig, da sich im Rahmen der Anlageberatung teilweise völlig andere, erheblich weitergehende Pflichten des Anlageberaters ergeben als bei der bloßen Vermittlung eines Kapitalanlageproduktes.

Auf die von der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen Anlagevermittlung und Anlageberatung soll an dieser Stelle aus Platzgründen nicht weiter eingegangen werden.

2. Anlagevermittlung – keine erheblichen Änderungen

Im Bereich der Anlagevermittlung ergeben sich in diesem Kapitel mit einer Ausnahme keine erheblichen Änderungen durch die FinVermV, da der Anlagevermittler im Rahmen der Anlagevermittlung weder eine Geeignetheitsprüfung durchzuführen hat, noch eine Geeignetheitserklärung abzugeben hat und (wohl) auch nicht dem Empfehlungsverbot des § 16 Abs. I FinVermV (neu) unterliegt.

Problematisch ist hier lediglich die nach § 16 Abs. III b FinVermV (neu) auch für die Anlagevermittlung geltende Beurteilung der Vereinbarkeit der Bedürfnisse des Anlegers mit dem Zielmarkt. Dazu jedoch unten unter Ziffer 5.

3. Geeignetheitsprüfung nach § 18 FinVermV (neu) – bei Anlageberatung

Im Rahmen der nunmehr vorzunehmenden Geeignetheitsprüfung hat der Anlageberater wie bisher auch die zur Beurteilung der Geeignetheit einer zu empfehlenden Anlage vom Anleger einzuholenden Informationen einzuholen, vgl. § 16 FinVermV.

Boris-Jonas Glameyer, Rechtsanwalt, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Wie auch bisher schon sind vom Anleger Informationen zu Kenntnissen und Erfahrungen des Anlegers in Bezug auf bestimmte Arten von Finanzanlagen, Informationen zu den finanziellen Verhältnissen des Anlegers einschließlich dessen Verlusttragungsfähigkeit sowie Informationen zu den Anlagezielen des Anlegers sowie dessen Risikotoleranz einzuholen.

Diese Informationen sind erforderlich, um dem Anleger eine Finanzanlage empfehlen zu können, die für ihn geeignet ist und insbesondere seiner Risikotoleranz und seiner Fähigkeit, Verluste zu tragen, entspricht. Insoweit hat sich im Verhältnis zu den bisherigen Verpflichtungen des Anlageberaters inhaltlich nichts geändert.

4. Empfehlungsverbot – § 16 Abs. I FinVermV (neu)

Neu ist hingegen das klare Empfehlungsverbot des § 16 Abs. I FinVermV (neu) der ganz klar festlegt, dass der Anlageberater dem Anleger keine Finanzanlage empfehlen darf, wenn die erforderlichen Informationen vom Anleger nicht erlangt werden können.

Diese Neuregelung ist zu begrüßen, da sie eine bisherige Grauzone klärt und damit auch geeignet ist, den Anlageberater von riskanten Empfehlungen ohne solide Grundlage abzuhalten. Möchte ein Kunde ohne Preisgabe dieser persönlichen Informationen eine Anlage vermittelt bekommen, so bleibt in diesem Fall lediglich noch der Weg der Anlagevermittlung im Rahmen derer auf der einen Seite die Preisgabe dieser Information nicht erforderlich ist, auf der anderen Seite aber der Vermittler auch keine Geeignetheitsprüfung durchführt und keine Geeignetheitserklärung abgibt und damit von erheblichen Haftungsrisiken befreit ist.

5. Vereinbarkeit mit dem Zielmarkt – § 16 Abs. III b FinVermV (neu)

16 Abs. III b FinVermV (neu) regelt, dass der Gewerbetreibende – also sowohl der Anlageberater als auch der Anlagevermittler – den bestimmten Zielmarkt eines Produktes zu verstehen und mit den Bedürfnissen des jeweiligen Anlegers abzugleichen hat.

Im nächsten Schritt hat er die Vereinbarkeit der zu empfehlende Anlage mit den Bedürfnissen des Anlegers zu prüfen und zu beurteilen und sicherzustellen, dass eine Empfehlung nur erfolgt, wenn diese im Interesse des Anlegers ist. Andernfalls gilt ein Empfehlungsverbot.

Problematisch ist nach unserer Auffassung hier der Umstand, dass die Beurteilung der Vereinbarkeit der Bedürfnisse des Anlegers mit dem Zielmarkt nicht nur für Anlageberater sondern auch für Anlagevermittler gilt. Im Gegensatz zum Anlageberater ermittelt und kennt der Vermittler die Bedürfnisse des Anlegers aber gerade nicht. Ermittelte er die Bedürfnisse des Anlegers, so wird er letztlich zum Anlageberater.

Kennt er aber die Bedürfnisse des Anlegers nicht, so kann er die Vereinbarkeit nicht beurteilen und nicht sicherstellen, dass er die Anlage nur empfiehlt, wenn sie im Interesse des Anlegers ist. Dies stellt unseres Erachtens ein für den Vermittler nicht zu aufzulösendes Problem dar.

Hier bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber insoweit klarstellend nachbessert oder wie die Gerichte mit diesem Problem umgehen.

6. Geeignetheitserklärung nach § 18 Abs. I FinVermV (neu)

Im Rahmen der Geeignetheitserklärung hat der Anlageberater die erbrachte Anlageberatung zu benennen und zu erläutern, wie er auf die Präferenzen, Anlageziele und sonstigen Merkmale des Anlegers kommt und wie er diese im Rahmen der Anlageberatung mit dem empfohlenen Produkt abgestimmt hat.

Hinsichtlich des genauen Inhaltes sowie des Umfanges der vorzunehmenden Geeignetheitserklärung trifft der Gesetzgeber keine Aussage. Es bleibt hier also leider abzuwarten, welche Maßstäbe die Gerichte an Inhalt und Umfang der vorzunehmenden Geeignetheitserklärung anlegen und was sie für ausreichend oder auch nicht ausreichend halten.

Für Anlageberatung die im Rahmen der Fernkommunikation erbracht worden ist, gilt die Ausnahme des § 18 Abs. II FinVermV nach der die Geeignetheitserklärung dem Anleger nicht vor Vertragsschluss sondern unverzüglich nach Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen ist, wenn der Anleger dem vorher zugestimmt hat und die Weiterleitung des Auftrages verschoben wird und erst nach Erhalt der Geeignetheitserklärung durch den Anleger erfolgt.

 

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Die neue FinVermV: was bleibt, was ändert sich?

 

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