Das BU-Geschäft ist ein Geschäft mit Vorerkrankungen, wie eine kürzlich durchgeführte Umfrage der VEMA bei den ihr angeschlossenen Versicherungsmaklern bestätigt hat. Lediglich 17 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass es bei maximal 25 Prozent ihrer BU-Kunden angabepflichtige Vorerkrankungen gegeben habe.
Hingegen gaben 25 Prozent an, dass dies bei mehr als 75 Prozent der Kunden der Fall gewesen sei. Dass der BU-Kunde in aller Regel eine gesundheitliche Vorgeschichte hat, zeigt auch der immens hohe Anteil der Maklerkollegen, die mit Voranfragen arbeiten.
Ganze 88 Prozent der Umfrageteilnehmer arbeiten im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung mit Voranfragen. Hiervon geht etwa die Hälfte direkt auf die geeigneten Versicherer (Maklerbetreuer, Fachabteilung) zu und schildert die gesundheitliche Situation des Kunden. Etwa ein Fünftel nutzt die elektronische Ausschreibungsplattform der VEMA, ein weiteres Fünftel nutzt „vers.diagnose“ für eine erste Einschätzung.
Bei den anzugebenden Erkrankungen dominieren die des Rückens/Skeletts/Bewegungsapparats. 50 Prozent der Maklerkunden waren hiervon betroffen. Psychische Erkrankungen folgen mit 31 Prozent auf dem zweiten Platz. Dagegen spielen chronische Erkrankungen (16 Prozent) oder ein zu hoher oder zu niedriger Body-Mass-Index (BMI) mit drei Prozent eine vergleichsweise untergeordnete Rolle.
Der hohe Anteil an Ablehnungen wegen Erkrankungen des Rückens/Skeletts/Bewegungsapparats ist für uns an dieser Stelle keine große Überraschung. Während hier viele womöglich an typische Rückenerkrankungen wie zum Beispiel Bandscheibenvorfälle denken, stellen wir vermehrt fest, dass bereits Fußfehlstellungen oder Sportverletzungen, wie etwa Bänderrisse und Knorpelschäden, zu Ablehnungen bei den Versicherern führen. Diese sind oben genanntem Sektor zuzuordnen.
Zu ihren Erfahrungen mit Versicherern und Kundenfällen mit Vorerkrankungen in den vier genannten Gesundheitskategorien sammelten die Makler in den Fällen von chronischen Erkrankungen und bei BMI-Fällen (42 Prozent) in den seltensten Fällen positive Erfahrungen hinsichtlich der Annahmebereitschaft. 44 beziehungsweise 42 Prozent der Teilnehmer sahen keinen einzigen BU-Versicherer am Markt als besonders zugänglich oder verhandlungsbereit, wenn Kunden eine entsprechende Angabe im Antrag machen mussten.
Offener und im Einzelfall genauer prüfend zeigten sich die Versicherer aus Sicht der VEMA-Makler in den Bereichen Psyche sowie Rücken/Skelett/Bewegungsapparat. Bei psychischen Problemen sahen nur 38 Prozent keinen Lichtblick bei den Annahmeentscheidungen. Bei Rücken und Co. waren es lediglich 28 Prozent. Die Versicherer scheinen hier am zugänglichsten zu sein und Einzelfälle hinsichtlich der Möglichkeit von Risikozuschlägen und fairen Ausschlüssen am bereitwilligsten zu prüfen.
In nahezu allen Bereichen sah man die Alte Leipziger mit 11 Prozent der Nennungen am derzeit zugänglichsten. Im Bereich Rücken und Co. waren es sogar 16 Prozent. Auf Platz zwei dahinter folgte – immer mit mehr oder weniger großem Abstand – die Allianz. Lediglich im Bereich der psychischen Erkrankungen waren die Erfahrungen der VEMA-Makler mit der Volkswohl Bund besser. Diese schob sich in dieser Kategorie vor die Alte Leipziger auf Platz eins. Beide trennte jedoch lediglich ein Prozentpunkt voneinander.
Reaktionszeit und Kommunikation der Versicherer wurden überwiegend als gut mit Potenzial für Verbesserungen bewertet
Nun stellt sich die Frage, wie die Ergebnisse dieser VEMA-Umfrage mit den Veröffentlichungen des GDV in Einklang zu bringen sind, nach denen 75 Prozent aller BU-Anträge ohne Zuschlag und Ausschlüsse angenommen werden können (siehe hier). Nun, wenn 88 Prozent der Makler mit Voranfragen arbeiten, werden natürlich fast nur noch dort Anträge gestellt, wo eine Annahme wahrscheinlich ist.
Wo bei der Voranfrage abgelehnt wurde, wird kein Antrag gestellt. Wo Zuschlag oder Ausschluss inakzeptabel scheinen, wird ebenfalls kein Antrag gestellt. Daher ist die Aussage des GDV zwar wahr – aber sie erzählt sicherlich nicht die ganze Geschichte.
Natürlich kann ein Versicherer nicht Tür und Tor für jeden aufmachen und die gesundheitliche Situation einfach ignorieren. Um der Versichertengemeinschaft allzeit funktionierenden, bezahlbaren Schutz zu gewährleisten, muss das Risiko innerhalb dieses Kollektivs zumindest etwas besser sein als in der Gesamtbevölkerung. Aber ist dafür bei einem Kunden mit einem Rentenbedarf von bis zu 1500 Euro wirklich eine so intensive Prüfung notwendig, wie sie derzeit Standard ist?
Mit Rahmen- beziehungsweise Kollektivverträgen machen die Versicherer ja selbst vor, dass es auch geht, wenn auf eine ausführliche Gesundheitsprüfung verzichtet wird und eine Gesundheitserklärung abgegeben werden muss. VEMA selbst hat einen solchen Kollektivvertrag mit einem Versicherer geschlossen.
Dieser gilt nicht nur für die Mitarbeiter der Genossenschaft und die angeschlossenen Versicherungsmakler. Nein, auch deren Mitarbeitern steht dieser Rahmenvertrag offen, ebenso allen Ehe-/Lebenspartnern und Kindern. Wo die Grenzen eines Kollektivs gezogen werden, war und ist schon immer mehr oder weniger willkürlich.
Wirklich identische Risikosituationen kann es in Menschengruppen nicht geben. Dennoch: Würden diese Lösungen für die Versicherer nicht funktionieren, dann gäbe es sie wohl auch nicht. „Wirklich kranken Kunden“ werden durch die Gesundheitserklärung herausgefiltert. Der vor drei Jahren erlittene Kreuzbandriss, der heute keine Probleme mehr macht, das einmalige Verheben an einer Last oder auch andere „Alltags-Wehwehchen“ spielen aber keine Rolle. Und im Leistungsfall findet man durch Hinzuziehen der Anamnese beim Hausarzt auch heraus, ob jemand bei der Antragsstellung womöglich nicht ganz ehrlich war.
Warum macht man die Kollektivlösung also nicht zum Standard? Wäre das nicht eine fairere, kundenorientierte Lösung, bei der nachvollziehbar das Ziel einer größeren Durchdringung in der Bevölkerung wiedergegeben wird? Wäre diese Erleichterung für den Kunden nicht ein wunderbares Signal, dass sich die Versicherungswirtschaft kümmert? Auch für den Vermittler wäre es eine enorme Entlastung, wenn er nicht mehr entscheiden müsste, ob jeder Schnupfen angegeben werden muss, weil er theoretisch ja von einer Allergie herrühren könnte.
Man könnte – ähnlich wie bei manchem Sterbegeld – zwei Varianten anbieten: Eine mit der üblichen Gesundheitsprüfung und eine mit Gesundheitserklärung und einer Höchstrente, die zum Durchschnittseinkommen im Land passt. Ein Zuschlag von fünf Prozent könnte dem Versicherer mehr Kalkulationssicherheit bieten, sollte im Gegenzug aber auch dazu führen, dass keine „Abrechnungsdiagnosen“ gezogen werden, wenn Leistungen beantragt werden.
Vielleicht ist 2020 ja genau das richtige Jahr, um auch in diesem Bereich neue Impulse zu setzen und Althergebrachtes zum Wohle neuer, funktionalerer Lösungen aufzugeben. Die VEMA möchte diesen Denkanstoß gerne setzen und steht jedem Entscheider für einen Gedankenaustausch sehr gerne zur Verfügung.
Bilder: (1) © nenetus – stock.adobe.com (2) © VEMA Versicherungsmakler Genossenschaft eG
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