Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Versicherungsmarkt

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Versicherungsmarkt
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Marsh, der weltweit führende Industrieversicherungsmakler und Risikoberater, hat nun im Angesicht der Corona-Pandemie seinen Versicherungsmarktreport 2020 upgedatet.

Dabei informiert das „Update Versicherungsmarktreport 2020“ über die wesentlichen Marktveränderungen gegenüber dem Report vom Februar.

Allerdings macht Marsh auch deutlich, dass „Eine solide Prognose zur Entwicklung von COVID-19, zu Wachstum und Insolvenzen ist momentan schlicht nicht möglich. Es sieht allerdings aktuell nicht so aus, als ginge alles schnell vorüber und der Versicherungsmarkt würde bald wieder käuferfreundlicher.“

Der Fokus des Updates liegt vor allem auf folgenden Versicherungsbereichen:

  • Sachversicherung
  • Haftpflichtversicherung
  • Kraftfahrtversicherung
  • Financial Lines
  • Technische Versicherungen
  • Warentransportversicherung
  • Construction
  • Erneuerbare Energien
  • Cyber
  • Private Equity und M&A

Sachversicherung

Die Prämien für Sachversicherungen steigen weltweit weiter an. Aber in Kontinentaleuropa weniger stark als beispielsweise in Großbritannien und in den USA. Deutschland rangiert auch beim Vergleich von Kontinentaleuropa bei den Preissteigerungen im unteren Mittelfeld.

Durch die COVID-19-Pandemie die Situation der bereits ohnehin oftmals dünnen Personaldecke auf Seite der Versicherer weiter verschärft. Und dies vor allem in der Sachversicherung. So können sie die gestiegene Anzahl von Anfragen schwer bewältigen und Quotierungsabgaben werden wegen nicht vorhandener Personalkapazitäten immer häufiger abgelehnt.

Es ist aber auch keine Besserung der Lage zum Ende des Jahres in Sicht, weil die Aufstockung des Personals keine kurzfristige Sache ist, sondern mehr Zeit in Anspruch nehmen wird.

Haftpflichtversicherung

Im Bereich der Haftpflichtversicherung wird es ebenso zu Prämiensteigerungen kommen. Allerdings sind hier die Prämienforderungen höchst individuell und stark abhängig vom Risiko. Ebenso gehen nach Großschäden die Vorstellungen der Versicherer bei der Festlegung der neuen Prämien häufig stark auseinander. Deswegen bietet sich hier eine Marktbefragung an.

Unternehmen sehen sich bei Risiken mit Großschadenpotenzial unabhängig vom Schadenverlauf teilweise mit erheblichen Prämienerhöhungen und der Forderung nach deutlich höheren Selbstbehalten konfrontiert. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass viele Versicherer die bisher zur Verfügung gestellten Kapazitäten nicht mehr bereitstellen und diese Kapazitätslücken anderweitig gefüllt werden müssen.

Durch die COVID-19-Pandemie entsteht ein erhöhter Informationsbedarf seitens der Versicherer. Für bestimmte Branchen (wie pharmazeutische Industrie, Krankenhausbetriebe, Reinigungsdienstleister) verlangen Versicherer Informationen über die getroffenen Hygienemaßnahmen. Es kommt nun sogar vereinzelt zu umfassenden Ausschlüssen für Infektionskrankheiten für bestimmte Branchen in einzelnen Lokalpolicen.

Versicherer fordern beim Umgang mit sogenannten „Silent-Cyber-Schäden“ im Rahmen der Haftpflichtversicherung aus Gründen der Transparenz und vor dem Hintergrund möglicher Kumulschäden eine Regelung in den Versicherungsverträgen. Diese können sehr umfangreich sein und eine vollständige Nullstellung von Cyber-Risiken bedeuten oder aber eine sogenannte „Carve-back-Lösung“ sein, die Cyber-Schäden grundsätzlich ausschließt und dann positiv beschreibt, was ausdrücklich versichert sein soll.

Kraftfahrtversicherung

Durch das verstärkte Arbeiten im Homeoffice wegen der und dem damit verbundenen geringeren Schadenaufkommens sind die Schadenquoten bei vielen Unternehmen besser als in den Vorjahren. Dies könnte zu einem relativ käuferfreundlichen Marktumfeld führen.

Da mit der Neuregelung der Haftung für Kfz-Anhänger im Juli 2020 die Versicherungsschäden nun wieder dem ziehenden Fahrzeug zugeordnet werden, ist davon auszugehen, dass es zu einer Reduzierung der Prämien für Trailer und Anhänger bei gleichzeitiger Anhebung der Prämien für ziehende Fahrzeuge kommen wird.

Financial Lines

Directors & Officers-Versicherung

Bisher war die Situation am D&O-Markt bereits sehr herausfordernd und diese hat sich durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie weiter verschärft.

So reduzieren derzeit viele deutsche und kontinentaleuropäische Versicherer ihre Kapazitäten oder ziehen sich sogar ganz oder zumindest aus bestimmten Kundensegmenten zurück. Neben Prämienerhöhungen verlangen die Versicherer im Einzelfall – vor allem bei schadenbelasteten Risiken sowie Kunden mit schlechten Finanzkennzahlen – auch Bedingungseinschränkungen.

Für kleinere und mittlere Unternehmen sind weiterhin ausreichend Anbieter und Kapazitäten vorhanden. Bei Großbanken und großen Finanzdienstleistern haben einige Versicherer ihre Kapazitäten gesenkt. Sie konnten jedoch bei guten Risiken weiterhin durch neue Marktteilnehmer beziehungsweise besitzende Versicherer ersetzt werden. Prospektversicherung (POSI)

Wegen der sehr volatilen Aktienkurse bieten derzeit einige Versicherer keine Kapazitäten mehr für die Prospektversicherung an. Auch wenn ein Trend zu Prämienerhöhungen verzeichnet werden können, erfolgen die Ausgestaltung des Versicherungsschutzes und die Prämienfindung weiterhin stark einzelfallbezogen.

Vertrauensschadenversicherung

Im Bereich der Vertrauensschadenversicherung haben sich einige Versicherer bis auf Weiteres aus dem Markt zurückgezogen. Grund sind die unkalkulierbaren Risiken, die sich aus dem Arbeiten im Homeoffice und den damit einhergehenden Änderungen der Arbeitsabläufe und Zugangsberechtigungen zu den Unternehmens-IT-Systemen ergeben.

So wird ein starker Anstieg von Schadenfällen in den Bereichen „Fake President“, „Payment Diversion Fraud“ (Umleiten von Zahlungsströmen) und „Fake Identity Fraud“ (Bestellerbetrug) erwartet.

Beim Prämienniveau sind dagegen derzeit weiterhin nur leichte Erhöhungen zu verzeichnen.

Technische Versicherungen

Auch im Bereich der Technischen Versicherungen wird die Marktverhärtung immer spürbarer. Bei Spitzenrisiken aus dem Bereich der Energiewirtschaft, großvolumigen Hochbauvorhaben, aber auch sonstigen Spezialrisiken erhöhen die Versicherer die Prämien – unabhängig von der Schadenlast.

Auch bei den Selbstbehalten werden mitunter erhebliche Steigerungen gefordert. Diese Forderungen sind gepaart mit teilweise deutlichen Anteilsreduzierungen der Führungs-, aber auch der Beteiligungsversicherer.

Warentransportversicherung

Versicherer ziehen sich weiter aus bestimmten Risiken oder Branchen zurück. Auch wird die Kapazität weiter gesenkt und interne Zeichnungsrichtlinien schränken die Vollmachten der Underwriter weiter ein.

So können Kunden mit Prämienreduzierungen nur rechnen, wenn der Schadenverlauf exzellent ist, und das über einen längeren Zeitraum. Es wird allerdings schwieriger werden, Lagerrisiken in der Transportversicherung mitzuversichern. So wird der Einschluss häufig nur möglich sein, wenn umfangreiche und vorteilhafte Risikoinformationen präsentiert werden können.

Construction

In der kombinierten Projektversicherung steigen die Prämien moderat an. Vereinzelt reagieren die Versicherer je nach Art und Größe der Bauinvestition weniger zeichnungsfreudig bei Ausschreibungen und verringern die bereitzustellenden Zeichnungsquoten. Zudem fordern sie immer häufiger höhere Selbstbehalte. Dabei hat die Corona-Pandemie diese Trends noch weiter verstärkt.

Die Auswirkungen der Pandemie blieben innerhalb der Bauindustrie bisher im überschaubaren Rahmen. So sind Schäden durch einen Stillstand am Bau und durch Unterbrechungen der Bauarbeiten weitgehend ausgeblieben. Dennoch fordern Versicherer Klarstellungen des Versicherungsschutzes durch sogenannte „Pandemie-Klauseln“. Einige Versicherer verlangen den Ausschluss von Schäden am Bau durch übertragbare Krankheiten.

Erneuerbare Energien

Die Versicherer reduzieren insbesondere bei internationalen Projekten, großvolumigen Projekten und Projekten mit starker regionaler Kumulierung durch Naturgefahren die zur Verfügung gestellten Kapazitäten.

Auch wenn die Geothermie derzeit leicht zunimmt, reagieren aufgrund erheblich schlechter Erfahrungen in vergangenen Jahren die Versicherungsmärkt immer noch vorsichtig. Aber die Weiterentwicklung der Technologie sowie der Versicherungsprodukte haben zu mehr Akzeptanz auf Seiten der Versicherer geführt.

Spezialrisiken Cyber

Durch die steigende Anzahl von Mitarbeitern im Homeoffice, hat sich die Situation hier noch verschärft.

So kam es zu einer Zunahme von über 80 Prozent bei Phishing-Attacken und bei Schadenmeldungen auf Cyber-Policen.

Daraus resultieren weiterhin sinkende Kapazitäten und steigende Prämien. Dies führt zu stärker zergliederten Cyber-Versicherungsprogrammen.

So bleibt es noch mit immer größerem Verhandlungsaufwand verbunden, gute Ergebnisse zu erzielen und Kunden müssen teilweise Verschlechterungen gegenüber den Konzepten der letzten Jahre in Kauf nehmen.

Private Equity und M&A

Die Nachfrage nach Transactional Risk Insurance nimmt weiterhin zu und die Prämienentwicklung bleibt dabei stabil.

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld hat sich im Bereich der Warranty-&-Indemnity-Versicherung weder auf die Marktkapazität noch auf den Risikoappetit der Anbieter negativ ausgewirkt. Nach wie vor treten neue Versicherer und Assekuradeure in den DACH-Markt ein, wodurch sich die erhältliche Gesamtkapazität erhöht hat.

Die Nachfrage nach Contingent-Risk-Policen wird voraussichtlich, insbesondere im Bereich der identifizierten Steuer- und Rechtsrisiken, in den kommenden Jahren sowohl in M&A- als auch in anderen Kontexten erheblich zunehmen. Die Versicherer setzen in diesem Sektor weiterhin beträchtliches Kapital ein und bauen ihre spezialisierten Underwriting-Teams insbesondere mit Steuerexperten und Rechtsexperten aus.