Laut einer Studie der comdirect Bank existieren in Deutschland 898 Fintech-Unternehmen, also Start-ups, die neue Finanztechnologien entwickeln oder versuchen, bereits etablierte Produkte wie eine Kreditkarte durch neue Ansätze zu verbessern. 2017 wurden in Deutschland 118 Fintechs gegründet, 2018 waren es 127.
Eine Aktualisierung der Barkow Consulting Fintech Money Map mit kompletten Daten für 2019 liegt noch nicht vor. Bis Ende September wurden im vergangenen Jahr 53 Finanz-Startups offiziell registriert. Dies sind elf Fintechs mehr als im Vorjahreszeitraum. Als Grund dafür nennt die Comdirect Bank den sogenannten „Tarnkappenmodus“, bei dem viele Start-ups aus Angst vor möglichen Klonen ihren Launch erst unmittelbar vor dem Erreichen der Produktreife bekannt geben.
Immobilien- und Finanzierung-Fintechs weiterhin führend
Fintechs aus dem Immobilienbereich (Proptech) sind mit insgesamt 202 Unternehmen weiterhin führend. Auf dem zweiten Platz liegen Start-ups, deren Portfolio Finanzierungen, Firmenkonten und andere Produkte für Unternehmen anbietet. Der Bereich Blockchain hat es durch sein Wachstum von 111 Prozent innerhalb von nur zwei Jahren erstmals unter in den Top 5 geschafft. In diesem Bereich sind in der Bundesrepublik 76 Start-ups aktiv. Insgesamt ist die Zahl der Start-ups von Ende 2017 bis September 2019 um 25 Prozent gewachsen.
Arno Walter, Vorstandsvorsitzender der comdirect Bank:
„Wir sehen in allen Bereichen ein konstantes Wachstum – auch wenn die jüngsten Meldungen über Fusionen und Übernahmen etwas Anderes vermuten lassen. Neue Technologien, aber auch regulatorische Vorgaben wie PSD II bieten vielfältige Möglichkeiten für junge Unternehmen. Zunehmend wird es dabei darauf ankommen, Finanz-Lösungen noch stärker in das Leben der Nutzer einzubinden und die Grenzen der unterschiedlichen Industrien aufzulösen. Banken und Fintechs stiften damit einen nachhaltigen Mehrwert für ihre Kunden.“
Investitionen in Fintechs deutlich gestiegen
Neben der Anzahl der Neugründungen sind auch Investitionen in deutsche Fintechs deutlich angestiegen. 2019 wurden in nur neun Monaten 1,289 Milliarden Euro Risikokapital ausgeschüttet. Die Gesamtinvestitionen des Jahres 2018 von 1,158 Milliarden Euro wurden damit in nur drei Quartalen übertroffen.
Arno Walter:
„Die Fintech-Branche ist die treibende Kraft des deutschen Venture Capital-Marktes. Mit 36 Prozent entfällt mehr als jeder dritte Euro, den Investoren in heimische Start-ups stecken, auf den Finanzbereich.“
Obwohl Fintechs aus der Finanzaggregations-Kategorie zahlenmäßig den kleinsten Anteil haben, konnten diese Unternehmen mit 23 Prozent des Risikokapitals mit deutlichem Abstand am meisten Investoren von sich überzeugen. Das gute Abschneiden ist auf wenige aber dafür sehr hohe Finanzierungsrunden zurückzuführen. Insurtech, Investment und Proptech liegen mit 17 Prozent, 16 Prozent und 15 Prozent auf den Plätzen zwei bis vier. Überraschend ist hingegen, dass Fintechs aus der Finanzierungs-Kategorie mit elf Prozent des investierten Risikokapitals nur noch auf Platz fünf liegen. In den Vorjahren konnte diese Kategorie noch das meiste Risikokapital von Investoren einsammeln.
23 Prozent des investierten Risikokapitals erhielten Start-ups aus Finanzaggregations-Kategorie, die somit mit deutlichem Abstand den ersten Platz belegen.
Berlin weiterhin beliebtester Standort
Bei der Standortsuche fällt die Wahl laut der Studie der comdirect Bank weiterhin am häufigsten auf Berlin. Ein Drittel aller Gründungen im Zeitraum 2018 und 2019, dies entspricht 61 Fintechs, entfielen auf die Hauptstadt. Beim ausgeschütteten Risikokapital haben Fintechs in Berlin in diesem Zeitraum sogar 1,77 Milliarden Euro der gesamten 2,5 Milliarden Euro erhalten.
Arno Walter:
„Berlin spielt in Sachen Fintech weiterhin in einer eigenen Liga. In der Hauptstadt sind mehr Fintechs ansässig als in München, Frankfurt und Hamburg zusammen. Auch bei der Zahl der Gründungen und dem investierten Risikokapital ist Berlin die klare Nummer eins.“
Auf den Plätzen zwei bis vier gibt es zwischen München (25 Fintech-Gründungen), Frankfurt (23 Fintech-Gründungen) und Hamburg (21 Fintech-Gründungen) nur geringe Abstände. Deutliche Unterschiede gibt es bei den Städten aber bei der Einwerbung von Risikokapital. München und Hamburg liegen hier mit 230 beziehungsweise 189 Millionen Euro im Studienzeitraum deutlich vor Hamburg, dessen Fintechs nur Investitionen in Höhe von 42 Millionen Euro erhielten.
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