Daten als Währung – Rohstoff der Zukunft?

Daten als Währung – Rohstoff der Zukunft?
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Ob zu Marketing-Zwecken, zur Untersuchung von Erkrankungen im Gesundheitsbereich oder zur Marktforschung – Daten sind der Rohstoff, aus dem die Träume der digitalisierten Welt bestehen.

Sie werden stetig mehr: die Daten. Im Gegensatz zu anderen Treibstoffen der Wirtschaft wie Kohle oder Öl haben Daten den Vorteil, dass ihr Vorrat nicht irgendwann endet, sondern sie sich unaufhaltsam vermehren. (Quasi) unabhängig davon, was ein einzelner Mensch oder ein Unternehmen tut, es entstehen dabei Unmengen an Daten.

Ob der Einkauf im Netz, die Benutzung einer App oder der tägliche E-Mail-Versand – überall fallen Informationen an, die Auskünfte etwa über Unternehmensstrategie, Kaufverhalten oder Wünsche der jeweiligen Person geben. Und diese lassen sich wirtschaftlich einsetzen, denn anders als Öl verbrauchen sich Daten nicht durch Nutzung, sondern gewinnen dabei ihren eigentlichen Wert.

Aber nicht nur das: Auch die gesellschaftliche Bedeutung der Datenströme darf nicht in den Hintergrund geraten. In ihnen steckt viel Potenzial, besonders wenn sie sinnvoll technologisch nutzbar gemacht werden. Doch wie kann solch eine Nutzung aussehen? Und erfüllen Daten die Kriterien, um als Währung zu gelten?

Handel mit Daten

Ein Milliardengeschäft mit Informationen: Der weltweit größte US-Konzern wirbt mit 2,5 Milliarden Kundendaten inklusive Adressen, Telefonnummern, Alter, Geschlecht, Beruf, Interessen und noch vieles mehr. Daten, für die andere Firmen viel Geld bezahlen.

Online zeigen sich die Datensammler besonders aktiv: Google, Facebook und Co. bieten ihre Dienste nur nach sprichwörtlicher Bezahlung mit persönlichen Informationen an. Und bei dem Besuch von Websites tracken Cookies die Besucher. Die Ergebnisse der Analysen kommen dann etwa beim Marketing oder in der Produktentwicklung zum Einsatz.

Über 60 Milliarden Euro schwer war der europäische Markt für Daten im Jahr 2018, erwartet wird ein konstanter Anstieg auf 82 Milliarden Euro im Jahr 2025. Mit allen zusammenhängenden Wirtschaftszweigen kommt die Datenwirtschaft schätzungsweise bald auf über 680 Milliarden Euro Umsatz – und das allein in der europäischen Union.

Das liegt auch daran, dass sich diese enormen Mengen an Informationen immer besser auswerten lassen. Diese Tatsache macht Daten zu einem vielversprechenden Rohstoff, der vielseitig einsetzbar ist. Erste soziale Netzwerke drehen den Spieß um und belohnen ihre Mitglieder für gute Interaktionsraten sogar mit Auszahlungen in einer Kryptowährung.

Die Voraussetzungen einer Währung nach Aristoteles

Drei Funktionen muss nach dem altgriechischen Gelehrten eine Währung erfüllen: Sie muss als Tauschmittel beziehungsweise gesetzliches Zahlungsmittel fungieren, soll eine Maßeinheit und auch ein Speichermedium sein. Erfüllt der neue Rohstoff „Daten“ überhaupt diese Voraussetzungen?

Als Zahlungsmittel ist die Macht der Informationen – abgesehen von Unternehmen, die direkt vom Datenverkauf leben – eher begrenzt. Allerdings können sie sich etwa auf die Ergebnisse von Unternehmen auswirken, indem ihre Nutzung den Umsatz und die Kosten positiv beeinflusst. Denn ein datengetriebenes Unternehmen ist meist produktiver. Allerdings auch nur, wenn Analytics-Projekte in der Strategie verankert werden. Dann ermöglicht die Datenauswertung ein zielgerichtetes Marketing sowie eine effizientere Ressourcenplanung und kann dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Kunden besser verstehen. Doch dabei gilt es im Hinterkopf zu behalten, dass Daten an sich keinen Wert haben. Erst durch ihre Sammlung, Auswertung und die daraus abzuleitenden Handlungen gewinnen sie ihre Bedeutung. Wie Öl müssen auch Daten erst veredelt, sozusagen raffiniert werden.

Die zweite Bedingung, dass eine Währung als Maßeinheit beziehungsweise Zeichenfunktion dienen muss, trifft auch auf Daten zu. Sowohl ohne Geld als auch ohne Daten lassen sich keine effektiven Geschäftsentscheidungen treffen – sie helfen, relative Werte zu vergleichen und schaffen einen gemeinsamen Bezugspunkt. Dafür müssen die Daten hochwertig sein und die Realität widerspiegeln.

Die Frage nach der dritten Funktion einer Währung – ein Speichermedium für Werte darzustellen – ist im Falle der Informationen nicht einfach zu beantworten. Denn manche Daten veralten schnell, andere gewinnen über die Zeit an Wert. Unter bestimmten Bedingungen können Daten die Rolle einer Währung durchaus übernehmen. So können sie teilweise effizienter als Geld sein, solange sie die Unternehmensstrategie unterstützen. Um auch als Maßeinheit zu gelten, muss es sich um qualitativ hochwertige und konsistente Informationen handeln. Daten können also durchaus als eine Art Währung der digitalen Zeit gelten.

Motor der Gesellschaft

Wie Rohöl müssen Daten aufbereitet werden – mit Unterstützung von KI lassen sich die Informationen so analysieren, dass sie ihren Wert und Nutzen preisgeben. Aus den „raffinierten“ Daten lassen sich dann sogar Schlüsse ziehen, um gesellschaftliche Probleme zu lösen oder einfach um das Leben jedes Einzelnen besser zu machen.

Computergestützte Analysen erkennen zuverlässig Muster, die sonst verborgen blieben. So können etwa mit datengetriebener KI-Unterstützung Mediziner erfolgreich Diagnosen stellen und Arbeitsabläufe, etwa im Operationssaal, effizienter planen. Wissenschaftler sind zudem in der Lage, Verkehrsflüsse zu simulieren und Unternehmen erkennen beispielsweise, wo ihr Produktionsprozess noch nicht rund läuft.

Vielseitig kann der Nutzen sein, der aus Daten entsteht: Beispielsweise optimiert ein Projekt in New York durch die Auswertung von Fahrzeuginformationen den Taxiverkehr im Big Apple. So lassen sich mithilfe intelligenter Vernetzung und Datenanalyse viele Fahrten einsparen. In anderen Bereichen kommt KI bereits bei der Entscheidungsfindung zum Einsatz, etwa im Finanzwesen oder auch im Onlinehandel.

In nahezu jedem Bereich liegt enormes Potenzial in Sachen Datennutzung mittels KI verborgen. Zwar ist diese Tatsache hinlänglich bekannt – zur Verwendung kommen die Informationen allerdings in vielen Unternehmen noch nicht. Vor allem die breite Masse an Organisationen, die Mittelständler, befinden sich in Sachen Datenauswertung noch im Hintertreffen. Nur acht Prozent erfassen und analysieren systematisch Daten und generieren so einen echten Nutzen für das Business.

Viele unterschätzen die Bedeutung solcher Informationen noch immer – bildlich gesprochen liegt das Feld brach. Dabei zeigen sich die Vorteile mannigfaltig: Organisationen erhalten detaillierte Informationen, mit denen sie die Kundenbindung stärken, Risiken minimieren und neue Umsatzquellen generieren können. Denn Datenanalysen sind der Grundpfeiler für Innovationen und daher essenziell für den Erfolg. Sie sollten eine stärker strategische Bedeutung erfahren.

Für wirtschaftliche Entscheidungen spielen Informationen zu möglichen Ereignissen wie Naturkatastrophen, politischen Unruhen, Ausfällen von Zulieferern, neuen Verordnungen oder Technologien eine wichtige Rolle. Und je mehr Daten den KI-Technologien zur Verfügung stehen, desto besser – Prognosen und belastbare Handlungsempfehlungen funktionieren nur mit Datenfülle. KI macht den immensen Wert der Daten erst sicht- und nutzbar. Ihr wirtschaftliches und gesellschaftliches Potenzial in nahezu allen Bereichen des Lebens ist so grenzenlos wie ihre Fülle.

Autor: Dr. Heiner Pollert, CEO der Prisma Analytics GmbH