Maklerhaftung, wenn’s was Besseres geben könnte?

Maklerhaftung, wenn’s was Besseres geben könnte?
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Gefährden die Spezialmakler mit ihren Sonderprodukten den klassischen, „normalen“ Makler? Unter Berücksichtigung des Urteils vom OLG Zweibrücken (Az. 1 U 167/14) vom 12. Dezember 2018 kann jedenfalls diese Auffassung sehr gut vertreten werden.

Schauen wir uns doch zunächst einmal den von dem Gericht festgestellten Leitsatz an und erkennen dann sofort das erhebliche Risiko für einen klassischen Versicherungsmakler:

Leitsatz des OLG Zweibrücken

„Ein Versicherungsmakler macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er dem erkennbaren Interesse des Inhabers eines Lohnbetriebs in der Landwirtschaft, umfassenden Versicherungsschutz zu erhalten, nicht entsprochen hat, weil der vermittelte Versicherungsvertrag für das naheliegende Risiko von verschuldeten Bearbeitungsschäden keine Deckung gewährt.“

Sehr kurz gefasst lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Stephan Michaelis, Rechtsanwalt, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Ein landwirtschaftlicher Lohnunternehmer führte eine Unterblattherbizidbespritzung durch, wobei die Spritzdüsen quer statt senkrecht standen. Dies führte zu einer ungewollten Ausbringung von Herbiziden auf die Spargelpflanzen. Der Lohnunternehmer wurde deshalb natürlich gerichtlich verurteilt, den entstandenen Schaden zu tragen. Seine Betriebshaftpflichtversicherung, die der „klassische“ Makler vermittelt hatte, lehnte jedoch die Erbringung der Versicherungsleistung ab. Es handele sich um einen Bearbeitungsschaden, der aber vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sei.

Als später im Jahre 2008 der Lohnunternehmer einen neuen „Spezialmakler“ kennenlernt, erhielt er auch Versicherungsschutz im Rahmen eines Sublimits von 200.000 Euro für „Schäden am behandelten Gut“. Der Spezialmakler erklärt, dass schon seit langer Zeit (auch im Jahre 2004) ein solcher Versicherungsschutz „für Lohnunternehmer marktüblich“ gewesen sei. Aus diesem Grunde hatte nunmehr der Lohnunternehmer seinen alten, klassischen Makler auf Schadenersatz verklagt, weil er ihm nicht das richtige Klauselwerk „mit Bearbeitungsschäden“ angeboten hätte.

Wie Sie dem Leitsatz entnehmen konnten, wurde der Versicherungsmakler verurteilt, einen Schaden von über 100.000 Euro gegenüber seinem ehemaligen Kunden zu begleichen. Das Gericht glaubte dem aussagenden Spezialmakler, dass es als Spezialist für Land- und Fortwirtschaft völlig üblich sei, derartige Bearbeitungsschäden mitzuversichern. Dieses sei schon immer möglich gewesen, auch zu dem Zeitpunkt, als der alte Makler den damaligen Versicherungsschutz (in 2004) vermittelt hatte.

Es war sogar so, dass die neue Prämie beim Spezialmakler etwas günstiger war als die Ursprungsprämie, die nicht die erweiterten Bearbeitungsschäden mitversichert hatte. Dies war sicherlich nicht der entscheidende Grund für die Richter am OLG Zweibrücken, sondern sie waren der Auffassung, dass es zur Aufgabe eines Maklers gehört hätte, einen entsprechen erweiterten Versicherungsschutz herauszusuchen und dem Kunden anzubieten. Die Tatsache allein, dass der ursprüngliche, „klassische“ Versicherungsmakler sogar 84 verschiedene Anbindungen an unterschiedliche Versicherer unterhielt, war im konkreten Einzelfall für den Kunden nicht ausreichend.

Fazit

Wenn also ein Versicherungsmakler theoretisch erkennen könnte, dass sein Versicherungsnehmer einen risikospezifischen, naheliegenden Versicherungsschutz benötigt, dann sei er auch verpflichtet, ein solches „Spezialkonzept“ – wie hier die  Mitversicherung der Bearbeitungsschäden – dem Kunden anbieten zu müssen!

Der klassische Makler muss also durchaus Angst haben, dass Spezialmakler mit ihren besonderen Deckungskonzepten später einmal Haftungsansprüche auslösen könnten, wenn über diese Versicherungskonzepte theoretisch Versicherungsschutz bestünde, die der klassische Makler aber nicht erhalten oder erkannt hat!

Der Kunde kann diese Ansprüche auch noch später gegen den Vor-Makler geltend machen, nachdem er erst von seinem neuen „Spezialmakler“ über die Möglichkeiten des erweiterten Versicherungsschutzes informiert wurde.

Unwissenheit schützt also vor Strafe nicht! In welchen Branchen und Bereichen sind Bearbeitungsschäden noch zu versichern? Passen Sie auf! Eigentlich sollte jedes Produkt eine umfassende Innovationsklausel haben, die verhindert Maklerhaftung!

Autor: Stephan Michaelis, Rechtsanwalt, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Mehr zum Thema in der November-Ausgabe 19

 

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