Für 60 Prozent der Entscheider von Versicherern und Maklern in Deutschland bietet die Zusammenarbeit mit Insurtechs keinen großen strategischen Nutzen. Das zeigt die Studie „Branchenkompass Insurance 2019“ von Sopra Steria Consulting.
Bei Versicherungen und Maklern halten sich – anders als bei Banken – Kooperationen und Beteiligungen in Grenzen. Dies liegt daran, dass deutlich weniger Versicherer digitale Versicherer und Vermittler als ernste Bedrohung für das eigene Geschäft ansehen. Die meisten setzen auf eigene Digitalisierungsmaßnahmen.
Steigende Investitionen in Insurtechs
Die weltweiten Investitionen in Insurtechs überstiegen laut Willis Towers Watson mit 1,41 Milliarden US-Dollar weltweit auch im zweiten Quartal 2019 die Marke von einer Milliarde US-Dollar.
Es konnte ein deutlicher Anstieg von Later-stage-Investitionen verzeichnet werden, welche üblicherweise deutlich größer ausfallen als die der ersten Finanzierungsrunden.
Niki Winter, Director und Digitalisierungsexperte bei Willis Towers Watson in Deutschland, sagt:
„Wir sehen einen sich weiter fortsetzenden Trend zu späten Finanzierungsrunden, was zum Einen die zunehmende Reife der Branche, zum anderen aber auch die Bereitschaft von Investoren zu großen Finanzierungen unterstreicht.”
Versicherer und Makler bleiben gelassen
Nur jeder fünfte Versicherungsentscheider sieht den Wettbewerb mit Insurtechs als sehr große Herausforderung an. Stattdessen stehen Themen wie Datenschutz, die Digitalisierung der eigenen Geschäftsprozesse, dauerhaft niedrige Zinsen und die vielen Regulierungen deutlich weiter oben auf der Agenda der Vorstände.
Dazu kommt, dass die Versicherer selbst digital nachziehen. So überführen sie beispielsweise IT-Systeme in Cloud-Lösungen, entwickeln eigene Apps und investieren in Online-Kundenportale.
Branche digitalisiert sich langsam
Diese Entwicklungen zeigen, dass die Branche das digitale Heft mittlerweile selbst in die Hand nimmt. Nur acht Prozent der befragten Versicherer und Makler haben externe Insurtech-Lösungen bei sich integriert, 28 Prozent haben es vor.
Andere Unternehmen sind stark mit sich selbst beschäftigt und nicht ausreichend auf Partnerschaften vorbereitet.
Christian Diemaier, Leiter des Geschäftsbereichs Insurance von Sopra Steria Consulting, erklärt:
„Es gibt noch einige Versicherer, die bei ihren internen Hausaufgaben derart hinterherhinken, dass sie gar nicht mit Insurtechs kooperieren können. Es fehlen schlicht die technischen, organisatorischen und kulturellen Voraussetzungen.“
Zudem halten sich die Kundenzahlen jedes Insurtechs für sich genommen noch so weit in Grenzen, dass sie derzeit von den Traditionsunternehmen nicht als Gefahr wahrgenommen werden und nur punktuell als mögliche Partner oder Übernahmekandidaten in Betracht kommen.
Die Makler und Vermittler halten sich mit Kooperationen ebenfalls zurück: Nur 24 Prozent streben eine Insurtech-Kooperation an. Über Makler läuft ein Großteil des Geschäfts, und sie bevorzugen derzeit lieber die Geschäftsbeziehungen, die sie über Jahre hinweg aufgebaut haben.
Insurtechs werden beobachtet
Dennoch beobachten Versicherer und Makler die Insurtech-Szene genau. Denn die Branche nimmt wahr, dass die Zahl der Herausforderer steigt. Die reinen Online-Vertragsverwaltungsportale wie Knip und Clark entwickeln sich zu digitalen Maklern. Echte Vollversicherer mit BaFin-Lizenz formieren sich, beispielsweise Neodigital und Mailo. Zuletzt ist US-Versicherer Lemonade in Deutschland gestartet.
Zudem besetzen Insurtechs Produktnischen, beispielsweise Getsurance mit einer Krebsversicherung sowie One Insurance oder Adam Riese mit On-demand-Versicherungen mit geringen Laufzeiten und kurzen Kündigungsfristen.
Konzerne sind Insurtech-affiner
Versicherungskonzerne wie Allianz, Baloise, Zurich, Ergo und Münchener Rück halten sich allerdings nicht bei der Zusammenarbeit mit Insurtechs zurück. Die großen Player beteiligen sich seit geraumer Zeit strategisch an Insurtechs und gründen eigene Start-ups. Im Juli hatte beispielsweise die Zurich-Versicherung die Übernahme des Insurtechs Dentolo verkündet, um sich einen leichteren Einstieg in das Zahnzusatzgeschäft zu verschaffen.
InsurTechs suchen Nähe
Für InsurTechs ist die Nähe der Versicherer allerdings von Bedeutung. Sie benötigen den Zugang zu den Kunden der Versicherer und Vermittler, da sie allein durch Marketing nicht genügend Kunden gewinnen können.
Verbrauchern sind die vielen kleinen Versicherungsneulinge unbekannt. Das stellte das Start-up Hepster mit einer eigenen Umfrage fest.
Sogen um Unabhängigkeit
74 Prozent der Finanzdienstleister sorgen sich um ihre Unabhängigkeit. 83 Prozent sehen Nischenplattformen als Hauptbedrohung, 44 Prozent Vergleichsplattformen wie Verivox und Check24, so die Studie „Potenzialanalyse Digitale Plattformen“ von Sopra Steria Consulting. Sie befürchten oder erleben bereits, dass ihnen der Draht zu ihren Kunden abhandenkommt und sie zu reinen Lieferanten degradiert werden.
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