Ein Pkw Fahrer, der auf der Autobahn mit circa 200 Stundenkilometern unterwegs ist, handelt grob fahrlässig, wenn er sich nicht voll auf das Verkehrsgeschehen konzentriert, sondern seine Aufmerksamkeit auch auf das Infotainmentsystem richtet. Dies urteilte das Oberlandesgericht Nürnberg.
Die klagenden Autovermietung hatte dem Beklagten einen Mercedes Benz CLS 63 AMG vermietet. Es war zwischen den Parteien eine Haftungsbeschränkung ohne Selbstbeteiligung für den Fall einer Beschädigung des Mietfahrzeuges vereinbart worden. Allerdings wurde in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelt, dass diese berechtigt ist, zumindest teilweise Regress zu nehmen, wenn der Schaden am Mietfahrzeug grob fahrlässig herbeigeführt wurde.
Mit Tempo 200 auf der Autobahn …
Der Beklagte fuhr mit dem gemieteten Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h auf der linken Spur der Autobahn, während er gleichzeitig das Infotainmentsystem des Fahrzeugs bediente, um dort Informationen abzurufen. Als er währenddessen mit dem Fahrzeug nach links von der Fahrbahn geriet, stieß er gegen die Mittelleitplanke, wodurch das Fahrzeug stark beschädigt wurde.
Die Autovermietung ist der Auffassung, dass der Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat, und nimmt daher in Höhe von 50 Prozent des entstandenen Unfallschadens bei diesem Regress.
Grob fahrlässige Handlung
Das Oberlandesgericht Nürnberg verurteilte den Beklagten, an die Klägerin 11.947,69 Euro zu zahlen, weil der Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat. Auf Grund dessen steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zu.
Der Beklagte hat die verkehrserforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt, weil er die Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h befahren hat – dies beinhaltet ein sehr hohes Gefahrenpotential. Der Anhalteweg und die kinetische Energie bei einer Kollision sind gegenüber einer Geschwindigkeit von 130 km/h mehr als verdoppelt. Schon minimale Fahrfehler können typischerweise zu schweren Unfällen führen.
In Deutschland gilt die Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung, die vorgibt, dass bei höheren Geschwindigkeiten als 130 km/h die Unfallgefahren selbst unter Idealbedingungen so erheblich zunehmen, dass sie bei verantwortungsbewusster Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr dort nicht gefahren werden sollten.
So muss ein Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug mit höherer Geschwindigkeit als 130 km/h führt, in besonderer Weise seine volle Konzentration auf das Führen des Fahrzeuges richten. So ist eine, wenn auch nur kurze, Konzentration auf das Infotainmentsystem eine objektiv schwere und unentschuldbare Pflichtverletzung und grob fahrlässig.
Urteil vom 2. Mai 2019 (Oberlandesgericht Nürnberg, Az.: 13 U 1296/17)
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