DAX 30: Pensionsverpflichtungen durch Rechnungszins entlastet

Pensionsverpflichtungen der DAX-30-Unternehmen
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Einer Schätzung des Beratungsunternehmens Mercer zufolge, die auf Basis der Geschäftsberichte der DAX 30-Unternehmen sowie aktueller Kapitalmarktinformationen erfolgte, ist der Wert der Pensionsverpflichtungen der DAX 30-Unternehmen im Jahr 2018 von 380,8 Milliarden Euro auf etwa 368 Milliarden Euro gesunken.

In diesem Zeitraum sank das Pensionsvermögen im IFRS-Abschluss von 258,0 Milliarden Euro auf etwa 250 Milliarden Euro. Der Deckungsgrad der Pensionsverpflichtungen ist mit etwa 68 Prozent zwar gegenüber dem Vorjahr (69 Prozent) leicht gesunken, liegt aber im Vergleich zu den vorherigen Jahren immer noch auf überdurchschnittlichem Niveau.

Pensionsverpflichtungen sinken durch erhöhten Rechnungszins

Im Jahr 2018 haben die Commerzbank und ProSiebenSat.1 Media den DAX 30 verlassen, Covestro und Wirecard wurden neu aufgenommen. Dadurch sank der Verpflichtungswert um 5,4 Milliarden Euro auf 375,4 Milliarden Euro.

Ende 2018 lag der Wert mit etwa 368 Milliarden Euro um gut 7 Milliarden Euro niedriger als der so angepasste Vorjahreswert. Diese Reduzierung erklärt sich in erster Linie durch den leicht gestiegenen Rechnungszins. Auch im Vorjahr war der Rechnungszins schon leicht angestiegen, die daraus resultierende Verringerung der Pensionsverpflichtungen fiel mit etwa 4 Milliarden Euro aber noch geringer aus. „Von einer deutlichen Trendwende kann noch nicht gesprochen werden“, erläutert.

Im vergangenen Jahr ist der Rechnungszins nach der Mercer Yield Curve, einem Verfahren zur Herleitung des Rechnungszinssatzes nach IAS 19, für eine Duration von 15 Jahren von etwa 1,9 auf etwa 2,0 Prozent und für eine Duration von 20 Jahren von etwa 2,1 auf etwa 2,2 Prozent gestiegen.

Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland, dazu:

„Die tatsächliche Zinsveränderung in den einzelnen Unternehmen hängt von der Bestandszusammensetzung und dem gewählten Zinsermittlungsverfahren ab. Wir gehen davon aus, dass die DAX 30-Unternehmen den Rechnungszins im Durchschnitt ebenfalls um etwa 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte erhöht haben.“

Ohne eine Änderung beim Rechnungszins und ohne die Veränderung bei der Zusammensetzung des DAX wären die Verpflichtungswerte nahezu unverändert geblieben, weil Dienstzeit- und Zinsaufwand 2018 in etwa genauso groß waren wie die getätigten Zahlungen.

Bei dem Rückgang der Pensionsverpflichtungen handelt es sich zunächst nur um eine rein bilanzielle Bewertung. Die Verpflichtungen selbst sind in der Regel nicht zinsabhängig, das heißt die späteren Versorgungszahlungen werden durch die Niedrigzinsphase im Allgemeinen und die aktuelle kurzfristige Entlastung im Besonderen grundsätzlich nicht beeinträchtigt. Die bilanziellen Effekte aus der Zinsänderung werden zudem erfolgsneutral erfasst, belasten also nicht das Unternehmensergebnis.

Leichte Reduktion des Pensionsvermögens durch schwieriges Aktienjahr

Aufgrund der geänderten Zusammensetzung des DAX 30 sank das Pensionsvermögen um gut 6 Milliarden Euro auf 251,9 Milliarden Euro.

Im Jahr 2018 ist das so angepasste Vermögen weiter gesunken, was vor allem auf das vergangene Aktienjahr zurückzuführen ist. Wegen der sich eintrübenden Wirtschaftsindikatoren startete der europäische Aktienmarkt im vergangenen Jahr mit Verlusten. Danach sah es im Jahresverlauf positiver aus. Insbesondere der nordamerikanische Aktienmarkt überraschte mit hohen Renditen im dritten Quartal. Die internationalen Handelsspannungen führten jedoch dazu, dass das Aktienjahr 2018 insgesamt negativ geschlossen hat. Bei Renditen von -10 Prozent für europäische Aktien und -5 Prozent bei nordamerikanischen Aktien konnten auch die festverzinslichen Wertpapiere, die teilweise positiv rentierten, die Verluste nicht ausgleichen. Auch von den sogenannten Schwellenländern gab es in 2018 keinen positiven Renditebeitrag. Die geschätzte Gesamtrendite der DAX-30-Unternehmen liegt bei circa -3 Prozent.

Die Reduktion des Pensionsvermögens wäre jedoch noch größer ausgefallen, hätten die Unternehmen nicht zusätzliche Zuführungen zu den Planvermögen geleistet. In 2018 lagen diese schätzungsweise bei etwa 3,5 Milliarden Euro über den Auszahlungen.

Jeffrey Dissmann, Senior Investment Consultant bei Mercer, sagt:

„Im Vergleich zur restlichen Wirtschaft in Deutschland sind die Verpflichtungen der DAX 30-Unternehmen sehr gut mit Pensionsvermögen bedeckt.“

Zu beachten ist, dass es in Deutschland keine Pflicht gibt, Pensionsvermögen zu bilden. Aufgrund der gesetzlichen Insolvenzsicherung durch den Pensions-Sicherungs-Verein a. G. besteht auch keine Notwendigkeit, die Versorgungsberechtigten über Pensionsvermögen abzusichern. Die Bildung von Pensionsvermögen geschieht also auf rein freiwilliger Basis. Dennoch entscheiden sich immer mehr Unternehmen für die Ausfinanzierung und damit für die Bildung von eigenem Pensionsvermögen.

Vorbereitung der Portfolien auf Kreditausfälle

Das Zinsniveau in der Eurozone bleibt weiterhin unter dem historischen Durchschnitt. Das Risiko, dass dieser Zins wieder sinken wird, besteht weiterhin. Somit sind auch zinsbedingte Erhöhungen des Verpflichtungsumfangs nicht ausgeschlossen. Dadurch werden die Unternehmen immer stärker dazu gezwungen, modernere Zusageformen ohne Garantien – insbesondere Zinsgarantien – zu wählen.

Thomas Hagemann erklärt:

„Reine Beitragszusagen werden in der Zukunft vermehrt im Fokus stehen, auch wenn die durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz geschaffenen neuen Möglichkeiten von den Tarifpartnern im Jahr 2018 noch nicht genutzt wurden.“

Die Weltwirtschaft bewegt sich momentan auf das Ende des aktuellen Kreditzyklus zu, der in der Regel klar definierte Phasen durchläuft. Mit dem steigenden Schuldenniveau der Unternehmen steigen auch die Risiken, wodurch sich das Kreditausfallrisiko erhöht.

Jeffrey Dissmann erläutert:

„Wir erwarten auch weiterhin politische Entscheidungen, die sich für die Unternehmen kurzfristig positiv auswirken werden, sowie unterstützende makroökonomische Bedingungen. Jedoch gilt es schon jetzt, Wertpapierportfolien so anzupassen, dass Ausfälle möglichst minimiert werden können. Ähnlich wie 2018 werden auch in diesem Jahr politische Konflikte äußert relevant für den Kapitalmarkt sein. Die gegenläufige Entwicklung des Anleihen- und Aktienmarkts, die zunehmend restriktivere Geldpolitik der Zentralbanken und die möglichen politischen Konflikte der großen Volkswirtschaften sind Themen, die von Kapitalanlegern Aufmerksamkeit und Handlungsbereitschaft fordern.“