Trotz hoher Innovationskraft scheitern viele kleine und mittlere Unternehmen an Fördermitteln. Häufig nicht wegen fehlender Ideen, sondern wegen Strukturen, Missverständnissen und hochkomplexen Anforderungen. Fördermittelexpertin Sabine Hentschel erklärt, warum Anträge scheitern.
Fördermittel: Großes Potenzial, hohe Hürden
Über 90 Prozent aller staatlichen Förderprogramme richten sich an Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Gerade kleine und mittlere Betriebe könnten also stark profitieren – tun es aber oft nicht. Laut Sabine Hentschel, Geschäftsführerin der Hentschel Fördermittelberatung GmbH, beginnen die Probleme bereits bei der Orientierung: „Schon die Suche nach dem richtigen Fördertopf wird zur ersten Hürde.“ Das gilt vor allem für Unternehmen ohne eigene Innovations- oder Förderabteilungen – also für die breite Mehrheit der KMU.
Für Vermittler, die Gewerbekunden betreuen, ist dieser Hinweis relevant: Fördermittel können eine wichtige Rolle bei Investitionen in Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Forschung oder Prozessoptimierung spielen – und damit auch in vielen Risikokalkulationen, die Vermittler begleiten.
Anträge scheitern oft an Ressourcenmangel – nicht an der Idee
Die häufigste Ursache für abgelehnte Anträge liegt laut Hentschel in einem Punkt, der vielen Betrieben vertraut sein dürfte: fehlende Zeit und fehlende interne Kapazitäten. „Kaum ein KMU hat jemanden, der sich ausschließlich mit Fördermitteln beschäftigt. Die Recherche, das Verständnis der Richtlinien, die technische Beschreibung – all das erfordert Zeit und Know-how, das im Tagesgeschäft schlicht fehlt.“ Unternehmen starten mit guten Ideen in ein Projekt – doch die Anforderungen an Förderanträge sind inhaltlich, technisch und formal so hoch, dass ohne Routine leicht Fehler entstehen.
Gerade Versicherungsmakler, die KMU durch Digitalisierungs- oder Modernisierungsprozesse begleiten, können ihre Mandanten darauf hinweisen, frühzeitig externe Expertise einzuplanen – oder selbst auf passende Förderprogramme aufmerksam machen.
Technische Beschreibung: häufiges Ausschlusskriterium
Eine der größten Hürden ist die technische Darstellung des Projekts. Viele Anträge bleiben zu allgemein, verwenden Marketingfloskeln oder beschreiben die Innovation nicht präzise genug. Fördergeber, etwa bei der Forschungszulage, erwarten klare Antworten:
- Welcher technische Fortschritt wird angestrebt?
- Welche Risiken bestehen?
- Wie hebt sich das Projekt vom Stand der Technik ab?
Hentschel beschreibt es so: „Innovation muss messbar, nachvollziehbar und technisch belastbar dargestellt werden.“ Gerade technologieorientierte Förderprogramme scheitern oft daran, dass die Innovation nicht ausreichend quantifiziert wird.
Fehlinterpretationen von Förderrichtlinien: ein unterschätztes Risiko
Laut Hentschel ist eine der häufigsten Ursachen für gescheiterte Anträge überraschend banal: Fehlinterpretationen. „Förderrichtlinien sind in juristischer Sprache verfasst, mit vielen Querverweisen und Formulierungen wie ‘angemessen’ oder ‘ausreichend innovativ’. Die versteht man nicht ‚mal eben‘ in der Mittagspause. Schon kleine Missverständnisse bei Nebenbestimmungen führen zu Ablehnungen.“ Für Vermittler bedeutet das: Fördermittel sind kein „Nebenbei-Thema“, sondern hochreguliert. KMU sollten nicht ohne Vorbereitung in den Prozess starten – und frühzeitig prüfen, ob ein Projekt überhaupt förderfähig ist.
Was KMU jetzt tun sollten – und wo Vermittler unterstützen können
Hentschel empfiehlt Unternehmen eine strukturierte Vorbereitung: Klar definieren, welches Projekt gefördert werden soll, geeignete Programme identifizieren, Anforderungen analysieren, und externe Expertise einbinden, wenn intern Zeit oder Wissen fehlen. „Viele Hürden sind struktureller Natur und kein individuelles ‚Unvermögen‘“, betont Hentschel.
Für Vermittler ergeben sich dadurch zwei Ansatzpunkte:
-
Proaktive Hinweispflicht gegenüber Gewerbekunden:
Fördermittel können Projekte ermöglichen, die wiederum Versicherungslösungen verändern (Cyber, Sach, BU-Exposition, Maschinenversicherung, Betriebsausfall etc.). -
Eigene Förderung prüfen:
Maklerbüros können selbst profitieren – etwa bei digitalem Schadenmanagement, Automatisierung, Kundenportalen oder KI-gestützten Prozessen.
Informationsquellen für den Einstieg
Hentschel nennt zwei zentrale Anlaufstellen:
- foerderinfo.bund.de – Überblick der Bundesregierung
- foerderdatenbank.de des BMWK – Suchmaschine für Programme von Bund, Ländern und EU
Beide Seiten sind ein guter Start, ersetzen jedoch keine qualifizierte Beratung.
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