Wegweiser zur Niederlassungsgründung: Schlüsselfaktoren für eine gelungene Expansion

Prof. Dr. Christoph Juhn, Experte für Steuerrecht, beleuchtet die wichtigsten Schritte bei der Gründung einer Unternehmensniederlassung. Von Gewerbeanmeldung über steuerliche Vorgaben bis hin zu Eintragungen ins Handelsregister: Diese fünf Faktoren sind entscheidend.

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Prof. Dr. Christoph Juhn, Steuerberater und geschäftsführender Partner der Kanzlei JUHN Partner sowie Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule Bonn

Unternehmer, die ihr Geschäft erfolgreich etabliert haben, denken oft darüber nach, eine Zweigstelle zu gründen. Dabei
handelt es sich um einen dauerhaft vom Hauptstandort räumlich und organisatorisch getrennten, eigenständigen Unternehmensbereich. Im Unterschied zu einer Betriebsstätte ist eine Niederlassung also organisatorisch vom Hauptbetrieb unabhängig. „Beim Aufbau eines neuen Standorts ist es wichtig, sich frühzeitig über wichtige Details zu informieren“, weiß Prof. Dr. Christoph Juhn, Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule und geschäftsführender Partner der Kanzlei JUHN Partner. Die Gründung einer Tochtergesellschaft umfasst zahlreiche Maßnahmen und Schritte, wobei fünf Faktoren eine entscheidende Rolle spielen.

Nachweispflichten nicht vergessen

Um alle relevanten Vorschriften einzuhalten, gilt es im ersten Schritt zu klären, ob es sich bei der Zweigstelle um ein Gewerbe handelt. Trifft das zu, ist der Gang zum Gewerbe- oder Ordnungsamt für eine Anmeldung unerlässlich. „Betriebsleiter müssen sich hierfür nicht nur
als Antragsteller ausweisen, sondern auch eine Vollmacht vorlegen, die sie zur Durchführung der Eintragung befugt“, verrät der Fachmann. „Für Geschäftsführer, Prokuristen oder Vorstandsmitglieder ist dies durch einen Auszug aus dem Handelsregister möglich.“ Bei einer Niederlassung mit ausländischer Geschäftsleitung erfolgen die Meldung der Umsatzsteuer und die Abgabe der Steuererklärung in Deutschland. Daher muss der neue Standort beim hiesigen zuständigen Finanzamt registriert werden.

Eintragung und Voraussetzungen

Laut § 13 des Handelsgesetzbuchs muss eine Niederlassung in demselben Handelsregister eingetragen werden, in dem auch das Hauptunternehmen gelistet ist. Anmeldungspflichtig sind neben aktuellen Angaben, wie etwa der Anschrift, auch zukünftige Änderungen in Bezug auf
die Zweigstelle. „Erhält das Registergericht Hinweise darauf, dass am angegebenen Standort keine Zweigniederlassung besteht, wird der Eintrag ins Handelsregister verweigert“, weiß Prof. Dr. Christoph Juhn. Zwar führt das zuständige Registergericht keine eigenen Nachforschungen durch, doch die Handelsregisterbehörde des Bezirks, in dem der Hauptsitz ist, kann Informationen über deren Existenz von der Behörde vor Ort anfordern. Eine Tochtergesellschaft kann bei der Anmeldung im Handelsregister zudem eine Firma erhalten, deren Zusatz auf den Charakter einer Niederlassung des Hauptunternehmens hinweist. „Existiert bereits eine gleichnamige Firma oder erhält die Zweigstelle eine Prokura mit Einschränkungen gegenüber Dritten, erfolgt diese Ergänzung verpflichtend“, so der Steuerprofi. Dadurch zeigt sich, dass das Unternehmen kein eigenständiger Betrieb ist, sondern eine Zweigstelle.

Faire Gewerbesteuer für alle

Besonders im Hinblick auf die Gewerbesteuer ist die richtige Eintragung wichtig. Denn bei mehreren Niederlassungen greift Abschnitt IV Zerlegung des Gewerbesteuergesetzes mit seinen Zerlegungsvorschriften gemäß §§ 28 bis 35 GewStG. „Es regelt die Aufteilung der Gewerbesteuer auf die Gemeinden, in denen das Unternehmen tätig ist“, erklärt der Steuerexperte. „Dabei liegt der Fokus darauf, dass die Verteilung der anfallenden Abgaben zwischen den Gemeinden, in denen Betriebsstätten registriert sind, fair erfolgt. Schließlich haben Gemeinden unterschiedliche Gewerbesteuerhebesätze, sodass der Gesetzgeber vermeiden möchte, dass es hierbei zu einer Steuerverlagerung kommt. Als Aufteilungskriterien werden steuerpflichtige Entgelte ebenso wie steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit berücksichtigt.“

Genehmigungen einholen

Ein wesentlicher Schritt zur erfolgreichen Gründung der Zweigstelle ist die Anmeldung bei der zuständigen Kammer. Je nach Branche erfolgt die Registrierung bei der Handwerkskammer oder bei der Industrie- und Handelskammer. Freiberufler, die keiner Gewerbeordnung unterliegen, wie etwa Anwälte, Ärzte oder Architekten, melden sich bei ihren jeweiligen Berufsverbänden an. „Handwerksbetriebe benötigen für die Ausübung der erlaubnispflichtigen Tätigkeit eine Genehmigung der zuständigen Handwerkskammer“, klärt Prof. Dr. Christoph Juhn auf. Darüber hinaus muss die Leitung der Niederlassung einem Meister obliegen. Auch andere Branchen, wie etwa freie Berufe, benötigen eine solche Erlaubnis. Dafür ist der Nachweis einer entsprechenden Ausbildung und einer hohen fachlichen Kompetenz erforderlich.

Berufsgenossenschaft und andere Ämter

Mit der Gründung einer Niederlassung entsteht ein neuer Betrieb mit Angestellten, weshalb eine Anmeldung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft erforderlich ist. Dadurch erfolgt die Pflichtversicherung der Mitarbeiter im Rahmen der Unfallversicherung. Weitere Ämter könnten ebenfalls eine Rolle spielen: Handelt es sich bei der Zweigstelle beispielsweise um einen Gastronomiebetrieb, muss dieser – genau wie der Hauptstandort – einen Nachweis des Gesundheitsamtes über die Belehrung zu Hygienevorschriften sowie ein Gesundheitszeugnis vorlegen können.

Firmenanschreiben richtig beschriften

Geschäftsbriefe einer Niederlassung müssen zudem bestimmte Angaben enthalten. Dazu gehört für alle Unternehmensformen der Sitz des Hauptunternehmens sowie Informationen zum Handelsregister, bei dem der Hauptstandort eingetragen ist, die Rechtsform sowie der eigene Sitz und das Registergericht der Gesellschaft. „Betriebe sind beispielsweise verpflichtet, die entsprechende Handelsregisternummer in ihrer geschäftlichen Korrespondenz anzugeben“, weiß der Experte und verweist darauf, dass dies sowohl für den externen Schrift- und E-Mail-Verkehr als auch für interne Mitteilungen gilt. „Auf diese Weise können sich auch neue Geschäftspartner benötigte Auskünfte einholen und folglich unangenehme Überraschungen vermeiden“, erklärt Prof. Dr. Christoph Juhn.

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