Wirtschaftskriminalität: gefährlichste Täter kommen aus eigenen Reihen

Silhouette of businessperson in office with skyscraper effect. concept of partnership and teamworkSilhouette of businessperson in office with skyscraper effect. concept of partnership and teamworkalphaspirit – stock.adobe.com

Jeder zweite Fall von Betrug und Veruntreuung in deutschen Unternehmen ist auf das kriminelle Verhalten der eigenen Mitarbeiter zurückzuführen. Das geht aus Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor, der rund 4.400 Schadensfälle aus der Vertrauensschadenversicherung ausgewertet hat. Demnach richten kriminelle Angestellte sogar höhere Schäden an als externe Täter:

„Im Schnitt bringen kriminelle Mitarbeiter ihre Arbeitgeber um rund 125.000 Euro, bevor sie auffliegen“, sagt die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach. Externe Kriminelle kämen im Schnitt auf 80.000 Euro. „Die eigenen Mitarbeiter genießen einen Vertrauensvorschuss und kennen die Sicherheitslücken im Unternehmen genau. Deswegen bleiben sie in der Regel länger unentdeckt und können höhere Summen erbeuten“, so Käfer-Rohrbach.

Wirtschaftskriminelle setzen auf künstliche Intelligenz

Bei der anderen Hälfte der Schadensfälle werden Unternehmen Opfer externer Täter. Diese gehen immer raffinierter vor. „Externe Täter nutzen sehr geschickt die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz, um falsche Identitäten vorzutäuschen“, sagt Rüdiger Kirsch, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Vertrauensschadenversicherung im GDV. Bei der sogenannten „Fake-President-Masche“, bei der sich Kriminelle als Führungskräfte von Unternehmen ausgeben, kommen nach Beobachtung der Versicherer zunehmend gefälschte Ton- und sogar Videoaufnahmen zum Einsatz. „Manche gehen so weit, dass sie damit in einer Videokonferenz als Vorstand oder Geschäftsführer auftreten“, so Kirsch. Immer wieder komme es vor, dass Beschäftigte den Betrug nicht erkennen und auf Weisung der angeblichen Führungskraft hohe Summen auf fremde Konten überweisen.

Schutz durch gutes Betriebsklima und wirksame Kontrollsysteme

Nach den Erfahrungen der Versicherer verringert ein gutes Betriebsklima und eine offene und transparente Kommunikation im Unternehmen das Risiko, Opfer von Kriminellen zu werden. Parallel dazu sollten aber auch effektive und wirksame Kontrollsysteme aufgebaut und sensible Bereiche doppelt abgesichert werden. Dazu gehöre es insbesondere,

  • bei Zahlungen strikt das Vier-Augen-Prinzip zu beachten,
  • einen verbindlichen Verhaltenskodex zu verabschieden,
  • die Mitarbeiter regelmäßig zu schulen,
  • ein Hinweisgeber-System aufzubauen und
  • einen Compliance-Beauftragten zu benennen.
  • Müssen besonders exponierte Stellen besetzt werden, sollten Unternehmen auch ein polizeiliches Führungszeugnis anfordern. „Prävention kann nicht jeden Fall verhindern. Aber sie erschwert kriminelle Machenschaften und führt zu einer schnelleren Aufdeckung“, sagt Kirsch. Wird ein Mitarbeiter bei einer Straftat entdeckt, sollte das Verhalten zudem konsequent geahndet werden.

    Hintergrund: Die Vertrauensschadenversicherung

    Die Vertrauensschadenversicherung entschädigt Unternehmen, wenn interne oder externe Vertrauenspersonen Gelder veruntreuen oder das Unternehmen betrügen. Der aktuellen Sonderauswertung des GDV liegen rund 4.400 Schadensfälle aus den Jahren 2022/23 zugrunde, die zu versicherten Schäden in Höhe von rund 450 Millionen Euro geführt haben.

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