Organisationen haben die Tendenz dazu, ein Eigenleben zu entwickeln. Das zeigt sich in Sätzen wie: „Das ist einfach so gewachsen“, „Das hat sich damals so ergeben“ oder dem Klassiker „Das war schon immer so“. Warum das so ist, weiß zu diesem Zeitpunkt keiner der Beteiligten mehr so genau.
Verantwortliche treffen täglich Entscheidungen, aus denen Strukturen und Prozesse entstehen. Diese geben den weiteren Weg vor, es entwickeln sich Automatismen, Standards und Routinen. In dieser Komfortzone richten sich alle Beteiligten häuslich ein. Um manche Dinge muss sich niemand mehr Gedanken machen, denn: „Es war ja schon immer so“.
So bequem das im beruflichen Alltag auch sein mag, so störend ist das bei anstehenden Veränderungen. Wer schon einmal ein Change-Projekt begleitet hat, kann ein Lied davon singen. Etwas zu verändern, an das sich alle gewöhnt haben, ist eine Herkulesaufgabe. Aktuell beobachten wir das unter anderem beim Umgang mit Daten in Unternehmen.
Wer Daten hört, denkt spontan an IT. Denn trotz all der Vorträge und Folien, die datengetriebene Geschäftsmodelle beschwören, ist das in den meisten Unternehmen immer noch so: Die IT installiert Datenbanken für die Datenspeicherung, richtet ERP-Systeme für die Datennutzung ein und wacht über die Zugänge. Daten sind und bleiben also Spezialistensache.
Aber: Dieses Bild passt nicht mehr zu den aktuellen Anforderungen. Der Umgang mit Daten sollte dem exklusiven Zuständigkeitsbereich der IT längst entwachsen sein. Genauso sollte es IT-Kompetenz überall im Unternehmen geben. Und das aus guten Gründen. Denn der Wirkungskreis der IT endet nicht an Abteilungsgrenzen.
Der Unternehmenserfolg ist immer häufiger IT-abhängig, egal in welcher Branche. Seien es nun neue Geschäftsmodelle, Produkt- und Service-Innovationen oder kundenzentrierte Kampagnen: Ob Projekte und Initiativen die gewünschten Ergebnisse liefern, hängt immer häufiger von der IT-Kompetenz der Beteiligten ab. Die Auseinandersetzung mit Technologien und Themen ist daher eine Aufgabe für alle und jeden im Unternehmen.
Daten-Know-How tut Not
Angesichts der überragenden Bedeutung von Daten muss daher ein Umdenken stattfinden. Kein Fachbereich kann es sich leisten, den Umgang mit und das Verständnis von Daten der IT zu überlassen. „Data Mindedness“ ist das passende Stichwort: Unabhängig vom Aufgabenbereich muss jeder den Umgang mit Daten unmittelbar mitdenken. Dieser Einsicht müssen Taten folgen, und das auf zwei Ebenen.
Erstens: Egal ob in Vertrieb, Marketing, Produktentwicklung oder HR, jede Abteilung muss ihr eigenes abteilungsspezifisches IT- und Daten-Know-how aufbauen. Die Beteiligten müssen eigenständig Ansätze zur Datennutzung erkennen, bewerten und umsetzen können. Zweitens: Darüber hinaus ist es wichtig, diesen Prozess auch über Abteilungsgrenzen hinweg in Gang zu setzen. Denn am Ende zählt nicht der Erfolg einer Abteilung, sondern der Erfolg des gesamten Unternehmens.
Das gilt auch für die IT-Abteilung. Sie ist im Idealfall nicht mehr Dienstleister im Sinne von „nun macht mal – und zwar schnell“, sondern beratender, unterstützender und koordinierender Teil der IT-Prozesse in den Abteilungen. Das Organisationsmodell DevOps kann dafür ein Vorbild sein. Es entstand ursprünglich, um die Gräben zwischen Softwareentwicklung (Development) und IT-Betrieb (Operations) zu überwinden.
Integratives Vorbild
DevOps sorgt dafür, dass aus bisher getrennten Einheiten Teams werden, die an gemeinsamen Zielen arbeiten. Dieses Konzept eignet sich als Blaupause für den Umgang mit der oben beschriebenen Situation. Business, also eine Fachabteilung, sitzt mit Technologieexpertinnen und -experten in einem Boot, um gemeinsam das Beste aus den Daten herauszuholen. Bei dem Dreiklang „Business, Technologie, Daten“ liegt die Abkürzung BizTechData auf der Hand.
Sie klingt nicht so griffig wie DevOps, aber ich bin überzeugt, dass die Idee dahinter stimmt: Durch gemeinsame Verantwortung und Zielvereinbarungen entstehen neue Teams, die beim Thema Daten an einem Strang ziehen. So sickert nach und nach das Verständnis dessen, was mit Daten alles möglich ist, durch das gesamte Unternehmen.
Die Verantwortlichen sollten sich das Organigramm ihrer Organisation unter dem Gesichtspunkt der richtigen Datennutzung einmal genauer anschauen. Ist die Zuordnung der Verantwortlichkeiten noch zeitgemäß? Entspricht die Zusammensetzung der Teams den aktuellen Anforderungen? Oder stammt vieles noch aus einer Zeit, in der das Wort „IT“ an einer Tür stand und dahinter eine Abteilung anfing?
Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren, produktiveren Umgang mit Daten. Unter dem Arbeitstitel „Road to data-driven Enterprise“ erarbeiten wir gerade ein entsprechendes Konzept. Es soll dem Management helfen, ihr Unternehmen fit für eine Zukunft zu machen, in der Daten noch mehr zum Erfolgsfaktor werden.
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