Auch 2024 wird die Weltwirtschaft vor großen Herausforderungen stehen, wobei die größte Herausforderung der Zusammenbruch unserer Wirtschaftsstruktur ist. Im Mittelpunkt steht dabei die Abhängigkeit vom Wachstum, die neu überdacht werden muss.
Ein Beitrag von Hans Stegeman, Chefökonom bei der Triodos Bank
Sowohl die fortschreitende Umweltzerstörung als auch die zunehmende Ungleichheit sind auf das unerbittliche Streben nach Wirtschaftswachstum zurückzuführen. Daher sollte ein Diskurs über das Wachstum selbst und die Erkundung alternativer Wege zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft den Kernaspekt einer langfristigen Vision bilden – vor allem auch, um den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft umzusetzen.
Moderates Wachstum in Sicht
Nach turbulenten Jahren – geprägt von der COVID-19-Krise, den Herausforderungen im Energiebereich und dem anhaltenden Krieg in der Ukraine – ist die Weltwirtschaft in eine relativ stabile Phase getreten. Wir gehen von einem moderaten Wirtschaftswachstum von 3,1 Prozent für 2024 aus. Diese Prognose berücksichtigt die Rezessionen in den USA und in Großbritannien sowie die schwächelnden Volkswirtschaften in der Eurozone und in Japan.
Dieses Wachstum ist zwar unzureichend, um das Leben der Menschen in den Schwellenländern zu verbessern, steht aber im Einklang mit den Bemühungen der Zentralbanken, die Inflation durch eine Anhebung der Zinssätze zu bekämpfen. Dies führt zu höheren Kreditkosten und in der Folge zu geringeren Investitionen. Darüber hinaus tragen anhaltende geopolitische Bedenken zu den Herausforderungen bei.
Das daraus resultierende magere Wachstum bleibt hinter den Erwartungen der Anleger zurück. Die höheren Renditeanforderungen der Anleger, die durch das Marktwachstum getrieben werden, veranlassen die Unternehmen dazu, sich auf Effizienz, Aktienrückkäufe oder andere wertsteigernde Strategien zu konzentrieren.
Überschreitung der planetarischen Grenzen
Dieses geringe globale Wachstum führt jedoch immer noch zu einer Steigerung der Wirtschaftstätigkeit in der Größenordnung der britischen Wirtschaft. Je näher die Klimakonferenz COP28 rückte, desto deutlicher wurde, dass wir weltweit immer noch nicht in der Lage sind, wirtschaftliche Aktivitäten von den negativen Auswirkungen auf das Ökosystem zu entkoppeln.
Die planetarischen Grenzen werden bereits überschritten. Dies führt zu dem Dilemma, dass das wachstumsabhängige Wirtschaftssystem nicht hinreichend wächst. Gleichzeitig wird deutlich, dass eine Zunahme der wirtschaftlichen Aktivitäten dem Ökosystem schadet.
Auf dem Weg zu einer Postwachstumsökonomie
Es ist notwendig, die Wirtschaft so umzugestalten, dass sie weniger wachstumsabhängig ist und gleichzeitig der Wohlstand für alle gewährleistet wird. Für wohlhabende Länder ist es wichtig anzuerkennen, dass zusätzlicher materieller Wohlstand nicht unbedingt zum allgemeinen Wohlstand beiträgt.
Gleichzeitig wird kein Wachstum oder sogar ein Rückgang der Wirtschaftstätigkeit in wohlhabenden Ländern den weniger wohlhabenden Ländern Fortschritte ermöglichen, da sich dort ein höheres integratives Wachstum positiv auf die Lebensbedingungen auswirken kann. Die Erleichterung dieses Wandels erfordert erhebliche Veränderungen, die von der Politik bis zu den Verhaltensweisen reichen.
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