Innerhalb der deutschen Immobilienwirtschaft herrscht großer Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung. Das ist die Haupterkenntnis einer Studie der Hochschule Fresenius und Loanboox Deutschland. Im Fokus der Studie standen Potenziale und Relevanz der Digitalisierung in der deutschen Immobilienwirtschaft – jetzt und zukünftig.
Die wesentlichen Ergebnisse der Studie zeigen auf: Fast jedem zweiten Unternehmen fehlt eine klare Digitalisierungsstrategie (47 Prozent), mehr als zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) sieht Defizite im eigenen Unternehmen bei der Digitalisierung von Kernbereichen (wie zum Beispiel Bestandsverwaltung und Finanzierung) und mehr als drei Viertel (78 Prozent) scheuen den Einsatz von KI (Künstlicher Intelligenz). Drei von vier Anwender (76 Prozent) wünschen sich zudem spezielle Branchensoftware statt Tabellenkalkulation oder Büroanwendungsprogrammen.
“Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle in der gewerblichen Immobilienwirtschaft und wird auch zukünftig als sehr relevant und wichtig erachtet. Die Studie hat gezeigt, dass Digitalisierung vor allem verbesserte Effizienz, Kosteneinsparungen und die Möglichkeit zur Innovation bietet", erklärt Julian Grimm, Head of Real Estate Finance von Loanboox Deutschland. Dennoch gebe es eine gewisse Zurückhaltung der Beteiligten bei der Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen und der Einführung von neuen Technologien. Gerade im Immobiliensektor bestehe noch erhebliches Ausbaupotenzial.
Als Herausforderung in der Branche werden unter anderem die fehlende Digitalisierung im öffentlichen Raum, die Abhängigkeit von Behörden, aber auch fehlende Schnittstellen und zu wenige einheitliche Standards genannt. Als Digitalisierungstreiber liegen die Hoffnungen des Marktes auf neuen regulatorischen Rahmenbedingungen, Innovationen durch digitale Unternehmen sowie den Kapitalgebern, sprich Banken, Fonds und Family Offices. Von diesen Marktteilnehmern erwartet die Branche die meisten Impulse in Sachen Digitalisierung.
Noch gilt es allerdings Hürden zu überwinden: Obwohl neun von zehn befragten Führungskräften Digitalisierungsmaßnahmen in den kommenden ein bis drei Jahren annähernd relevant bis sehr relevant einstufen, zeigt sich an mehreren Stellen der Studie ein “Digitalisierungs-Paradoxon”:
Großer Bedarf trifft auf 'keine Strategie'
In den befragten Unternehmen ist man sich sicher, dass in der Bestandsverwaltung (91 Prozent), Finanzierung (78 Prozent) sowie im Transaktionsmanagement (60 Prozent) der Bedarf an Digitalisierungsmaßnahmen künftig hoch oder gar sehr hoch sein wird. Gleichzeitig fehlt es fast in jedem zweiten Unternehmen (47 Prozent) an einer Digitalisierungsstrategie und mehr als zwei Drittel (68 Prozent) scheuen vor den hohen Kosten zurück.
KI: hoher Nutzen, aber kaum Investitionsbereitschaft
Ähnlich verhält es sich beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI): Zwei Drittel (66 Prozent) der Führungskräfte von Immobilienunternehmen sehen in der Integration von KI sehr hohes beziehungsweise hohes Potenzial. Besonders in den Bereichen Energie- und Ressourcenoptimierung, Prognose von Miet- und Wertentwicklung sowie Kundenbeziehungsmanagement wird KI als künftige Unterstützung bewertet.
Als vielversprechender Anwendungsbereich für “Generative KI” (wie zum Beispiel ChatGPT) wird zudem die Bearbeitung von Kundenanfragen und Kundensupport gesehen. Trotz dieser Potenziale sind mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Befragten zögerlich, entsprechende Technologien einzuführen.
Mehrheit der Anwender wünscht sich aber Branchenlösung
Obgleich sich die Befragten in einem hoch spezialisierten und sensiblen Umfeld bewegen, kommen fachübergreifend vor allem herkömmliche Büroanwendungssoftware (beispielsweise Tabellenkalkulationsprogramme und ähnliches) zum Einsatz. Diese Konstellation ist aus Sicht der Anwender alles andere als optimal: Die deutliche Mehrheit (76 Prozent) würde den Einsatz von beispielsweise Tabellenkalkulationsprogrammen gerne reduzieren, wenn es bessere Lösungen geben würde.
Die Zurückhaltung ist insofern überraschend, da diese Lösungen bereits am Markt existieren: “Dieses Teilergebnis der Studie bestätigt uns in unserer Auffassung. Die Immobilienwirtschaft braucht spezielle Lösungen, der ‘one size fits all’-Ansatz funktioniert hier nicht. FinTechs und PropTechs sind mit ihren maßgeschneiderten Lösungen die wesentlichen Innovationstreiber für die Branche. Wir bieten mit unserer Plattform zur Fremdkapitalbeschaffung und -verwaltung beispielsweise einen 360 Grad-Ansatz zum Finanzierungs-Management im Real Estate-Bereich an”, so Grimm.
Hohes Potenzial in Verwaltungs- und finanznahen Bereichen
Hohes Digitalisierungspotenzial sehen die befragten Führungskräfte in den Bereichen Buchhaltung/Treasury sowie im Asset- und Property Management. Besonders bei finanzierungsrelevanten Themen sehen die Unternehmen hohe Dringlichkeit und Relevanz zur Digitalisierung. Die drei Top-Werte sind Finanzanalyse/-szenarien (4,18 von 6), Covenants/Reporting (4,14 von 6) sowie Vertragsmanagement und Finanzierungsausschreibung (jeweils 4,05 von 6).
Über die Studie
Für die Studie befragte die Hochschule Fresenius von April bis Mai 2023 in einer Online-Umfrage rund 700 Vertreterinnen und Vertreter deutscher Immobilien-, Wohnungsbau- und Fondsgesellschaften. Insgesamt haben rund 80 Führungskräfte, Finanzierungsspezialisten, Asset- und Investmentmanager sowie weitere Experten der Branche an dieser Studie teilgenommen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Interessenkonflikt bei Büroimmobilien
Nur wenn Büroimmobilien ihre Rollen bei der Vermögensbildung privater Haushalte, im Erreichen der Klimaschutzziele sowie als attraktiver Arbeitsort produktiv und ganzheitlich ausfüllen, kann diese Assetklasse langfristig erfolgreich sein und bleiben.
Europace und ImmoScout24 starten BaufiReady!
Mit dem Finanzierungszertifikat BaufiReady! erhalten Vertriebe nun bereits vorqualifizierte Leads, was zu einer hohen Konvertierung führt. #passt basierend auf Europace-Technologie macht Vertriebe zu digitalen Möglichmachern, die Finanzierungen schnell abschließen können.
Immobilienmärkte 2024 vor zaghaftem Aufschwung?
Wichtige konjunkturrelevante Vorlaufindikatoren sind in Deutschland in den letzten Monaten – zum Teil mehrfach in Folge – gestiegen. Gleichwohl spiegeln ihre aktuell erreichten niedrigen Niveaus noch kein Wachstum wider; dazu muss sich ihr Aufwärtstrend fortsetzen.
Immobilienentwicklung: Pleiten-Peak noch nicht erreicht
Projektentwickler von Immobilien erleben derzeit eine Insolvenzwelle, deren Höhepunkt in den nächsten sechs Monaten erwartet wird. Für Developer finden Insolvenzen in Eigenverwaltung zunehmend stärkere Akzeptanz. Mezzanine-Kapital ist häufig von Ausfällen betroffen.
Bau- und Immobilienwirtschaft: Insolvenzen steigen spürbar
Im bisherigen Jahresverlauf bis einschließlich August 2023 stieg die Zahl der Pleiten im Bau- und Immobiliengewerbe bereits um 20 Prozent. Damit finden mehr als ein Fünftel aller Insolvenzen in Deutschland in diesen beiden Branchen statt.
Wohnungsbaugipfel-Beschlüsse: vielversprechend, aber unzureichend
Der vdp befürwortet insbesondere die Aussetzung der weiteren Verschärfung der Klimaschutzvorgaben beim Wohnungsbau und damit das Festhalten am EH 55-Gebäudestandard. Kritisiert aber, dass das Thema Finanzierung hätte stärker berücksichtigt werden müssen.
„Wohnraumkrise ist kaum noch zu verhindern“
Die Wohnungswirtschaft hat während der Regierungszeit der Ampel-Koalition eine turbulente Phase durchlebt. Während der Immobilienverband Deutschland (IVD) dringend Sofortmaßnahmen für den Wohnungsbau fordert, zeigt eine Analyse von Immowelt, dass die Angebotspreise für Wohneigentum zunächst einen Höchststand erreichten, dann aber deutlich fielen.
Baufinanzierung: Wie sich Tilgungssatz und Zinsbindung zu Jahresbeginn entwickelten
Baufinanzierung: Die durchschnittliche anfängliche Tilgung ist zum Jahresbeginn 2025 gesunken, zeigt der jüngste Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung (DTB). Kreditnehmende starten aktuell mit einer Tilgung von durchschnittlich 1,73 Prozent – Anfang 2024 waren es noch 1,84 Prozent. Auch die Zinsbindung hat sich verringert, bleibt aber mit durchschnittlich zehn Jahren und elf Monaten auf einem hohen Niveau.
Frostschäden: Versicherung kann Leistungen kürzen – Murmeltier warnt vor anhaltender Kälte
Das Murmeltier hat entschieden: Am 2. Februar 2025 verkündete Phil aus Punxsutawney, dass der Winter noch sechs weitere Wochen andauern wird. Für Immobilienbesitzer bedeutet das, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt zeigt, welche finanziellen Konsequenzen drohen können.
Grundsteuerreform: Teure Überraschungen für Eigentümer und Mieter 2025
Die Grundsteuerreform, die ab Januar 2025 in Kraft tritt, sorgt bereits jetzt für hitzige Diskussionen. Kritiker befürchten deutliche finanzielle Belastungen für Eigentümer und Mieter, die weit über das hinausgehen, was ursprünglich von der Politik versprochen wurde.
Der Sanierungsstau erfordert mehr als Wärmepumpen – Zeit für eine ganzheitliche Gebäudewende
Emanuel Heisenberg, Experte für nachhaltige Immobilienentwicklung, hat in einem Gastkommentar in der Wirtschaftswoche eindringlich vor einem einseitigen Fokus auf Wärmepumpen bei der Sanierung des deutschen Gebäudebestands gewarnt.
2024 überdurchschnittlich hohe Schäden durch Wetterextreme
Zwei Hochwasser prägen die Schadenbilanz der ersten Jahreshälfte. Für das Gesamtjahr erwarten die Versicherer Schäden von mindestens sieben Milliarden Euro.