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Aktuell ist gut die Hälfte der Privatpersonen in Deutschland verschuldet. Ratenkauf und „Kauf jetzt, zahl später“ gehören zu den häufigsten Gründen für Schulden. Das nicht vorhandene Geld geben Männer vor allem für Mobilität aus, während Frauen sich eher für Möbel und Einrichtung verschulden.
Diese und weitere Einsichten dazu, wie die Deutschen mit Schulden umgehen, liefert eine neue repräsentative Umfrage der Lowell Gruppe, ein führendes Unternehmen im Forderungsmanagement in Europa.*
Der Umfrage zufolge haben 52 Prozent der Befragten offene Verbindlichkeiten. Besonders unter den 35- bis 44-Jährigen ist die Verschuldung verbreitet: Hier geben rund drei Viertel der Befragten an, Schulden zu haben – und zwar unabhängig von einem Immobilienkredit. Dies muss nicht überraschen, da die Familien- und Nestbauphase meist mit hohen finanziellen Anforderungen verbunden ist. Dementsprechend ist sowohl bei den jüngeren als auch bei den älteren Befragten die Verschuldung geringer: Von den Jüngeren sind nur rund zwei Drittel verschuldet, bei Älteren ab 55 Jahren sind es sogar nur 39 Prozent.
Johan Agerman, CEO bei Lowell DACH und Lowell NORDICS:
Ergebnisse unserer Studie verdeutlichen, wie tief Schulden im Leben vieler Menschen in Deutschland verwurzelt sind. Umso wichtiger ist es, das Bewusstsein für verantwortungsvolles Finanzverhalten zu schärfen und entsprechende Hilfsangebote zu machen, wie zum Beispiel mit einer App für die Haushaltsplanung.
Ein Blick auf die Geschlechter offenbart, dass bei den Männern das nicht vorhandene Geld besonders für motorisierte Mobilität locker sitzt: 47 Prozent der befragten Männer mit aktuellen Schulden gaben an, für PKW, Motorrad und Co. Schulden gemacht zu haben; bei den Frauen waren es mit 40 Prozent etwas weniger. Genau andersherum stellt sich das Verhältnis der Geschlechter bei Möbeln und Einrichtung dar. 33 Prozent der Frauen und nur 28 Prozent der Männer mit aktuellen Schulden gingen dafür Verbindlichkeiten ein. In anderen Bereichen sind die Deutschen deutlich zurückhaltender: Von den Befragten mit aktuellen Schulden gehen 29 Prozent für Konsumgüter wie Kleidung oder Unterhaltungselektronik weitere Verbindlichkeiten ein, für Urlaub verschulden sich sogar nur elf Prozent.
Ratenkäufe ja bitte, Konsumkredite nein danke
Von den Befragten, die aktuell oder in der Vergangenheit Schulden haben, kauften 52 Prozent in den letzten zwölf Monaten etwas auf Pump. Dabei nutzten sie bevorzugt den Ratenkauf (34 Prozent) oder sie leisteten sich Dinge, die sie erst später bezahlen müssen (20 Prozent). Diese „Kaufe jetzt, bezahle später“-Angebote sind bei den Jüngeren überdurchschnittlich beliebt. Unter den 18-24-Jährigen haben 42 Prozent etwas gekauft und nicht gleich bezahlt; bei den 25-34-Jährigen war es ein starkes Drittel (36 Prozent). Konsumkredite, die erst bei einer Bank beantragt werden müssen, sind bei den Deutschen derzeit eher unbeliebt. Nur neun Prozent der Befragten mit Schulden ließen sich in den vergangenen zwölf Monaten auf einen solchen Kredit ein.
Bequemlichkeit scheint demnach für viele wichtiger zu sein als Logik. Denn sowohl „Kaufe jetzt, zahle später“ als auch Ratenzahlung können meist mit ein paar Klicks während des Kaufprozesses abgeschlossen werden. Dabei kann die Tragweite der finanziellen Belastung jedoch leicht übersehen werden, was eine Überschuldung begünstigt. Zwar sind „Kaufe jetzt, zahle später“-Angebote anfangs meist kostenlos, jedoch nur, solange die eingeräumte Zahlungsfrist von 30 Tagen eingehalten wird und die Schulden innerhalb dieser Zeit beglichen werden. Wer sich für die Ratenzahlung entscheidet, hat von Beginn an hohe Kosten, was neben der Gebühr vor allem an den hohen Zinsen liegt. Diese fallen meist deutlich höher aus als bei vergleichbaren Konsumkrediten von Banken.
Schulden führen zu Einschränkungen im Lebensstandard
58 Prozent der Befragten mit aktuellen Schulden schränken aufgrund dessen ihren Lebensstandard ein. 45 Prozent der Verschuldeten fahren weniger oder gar nicht mehr in den Urlaub, 37 Prozent gehen weniger oder gar nicht mehr Essen, 28 Prozent verzichten ganz oder teilweise auf Kino, Konzerte & Co.
Schulden können als sehr belastend empfunden werden. Schon im Mai 2023 zeigte eine repräsentative Umfrage der Lowell-Gruppe, dass Geldthemen häufig mit Unruhe und Sorge verknüpft sind. In der aktuellen Studie gab gut die Hälfte der Befragten mit Schulden an, dass diese sie eher belasten. Bei den Frauen ist dieser Wert mit 58 Prozent deutlich höher als bei Männern (43 Prozent).
Schulden? Lieber nicht darüber reden
Geldthemen und insbesondere Schulden sind heute kaum noch ein Tabuthema, vor allem für die Jüngeren. In der Lowell-Studie aus Mai 2023 gaben knapp zwei Drittel an, dass Schulden machen heute gesellschaftlich akzeptiert ist und 61 Prozent bezeichneten Schulden machen als ganz normal. Dennoch hat sich in der aktuellen Studie nur ein knappes Drittel der Befragten, die derzeit Schulden haben, aufgrund der daraus resultierenden Belastung Unterstützung geholt. Dabei steht die Familie an erster Stelle (16 Prozent), gefolgt von der Schuldnerberatung (9 Prozent), Freunden (8 Prozent), psychologischer Betreuung (5 Prozent) und Verbraucherzentrale (3 Prozent). Zwei Drittel machen ihre Schuldenthemen lieber mit sich selbst aus.
Können Kunden ihre Verbindlichkeiten aus einem Ratenkauf oder einem Kredit nicht mehr bedienen, kommt ein Inkasso-Unternehmen ins Spiel. Unternehmen nutzen deren Services, um für alle Beteiligten vernünftige Lösungen zu finden und einen Ausgleich der offenen Forderungen zu erreichen. Ein knappes Drittel der Befragten mit Schulden (30 Prozent) hat bereits Erfahrungen mit einem Inkasso-Unternehmen gemacht. Insgesamt 41 Prozent dieser Gruppe gaben an, dass die mentale Belastung durch ihre Schulden dadurch gestiegen ist, wobei Frauen diesen Effekt mit 55 Prozent deutlich häufiger äußerten als Männer (30 Prozent).
Frauen leiden stärker unter Schulden
Beim Blick in ihre finanzielle Zukunft scheiden sich die Geister der Befragten. Die eine knappe Hälfte (45 Prozent) tut dies eher mit Sorge, für die andere knappe Hälfte (48 Prozent) ist der Gedanke an finanzielle Zukunft eher nicht oder gar nicht belastend. Bei den Befragten, die Schulden haben bzw. hatten oder die ihre finanzielle Zukunft sorgenvoll betrachten, drückt sich die Belastung durch verschiedene Begleiterscheinungen aus. 36 Prozent verfallen regelmäßig ins Grübeln, 35 Prozent empfinden innere Unruhe, 31 Prozent machen sich regelmäßig Sorgen, 23 Prozent fühlen sich hilflos, 17 Prozent sind verzweifelt. 12 Prozent berichten von körperlichen Symptomen wie Kopf-, Gelenk- oder Gliederschmerzen, 9 Prozent empfinden Panik. Frauen mit Schulden fühlen sich durch diese deutlich stärker belastet (58 Prozent) als Männer (43 Prozent) und äußerten sehr viel häufiger Begleiterscheinungen.
Agermann: „Es ist bedenklich, dass einerseits die Akzeptanz von Schulden als alltägliche Finanzierungsmethode steigt, sich andererseits aber viele Menschen offenbar nicht mit den wirtschaftlichen und psychologischen Belastungen auseinandersetzen. Dies unterstreicht, wie notwendig eine bessere finanzielle Bildung ist, um selbstbewusster mit dieser Situation umgehen zu können."
Zur Studie: Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 1022 Personen zwischen dem 28. und 31.07.2023 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Kredite für Immobilien wurden von der Umfrage ausgenommen.
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