Photo credit: depositphotos.com
Nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) sind Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre zu prüfen, ob die laufenden Rentenleistungen an die Inflation angepasst werden müssen. Zur Vereinfachung können die individuellen Stichtage zur Anpassung auf einen einheitlichen Stichtag im Jahr oder sogar im dreijährigen Turnus gebündelt werden. Die geltenden Anpassungsmaßstäbe sind ebenfalls gesetzlich geregelt (§ 16 Abs. 2 BetrAVG).
Grundsätzlich gilt: Enthält die Versorgungsordnung keine besonderen Regelungen, können Arbeitgeber den Anpassungsbedarf entweder anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes (VPI) oder anhand der Entwicklung der Nettolöhne von vergleichbaren Arbeitnehmergruppen im Unternehmen ermitteln. Worauf Arbeitgeber bei ihrer Entscheidung achten sollten, erklärt Anja Sprick, Justiziarin Recht | Steuern vom ERGO Pensionsberater Longial GmbH.
Verbraucherindex oder Nettolohnentwicklung?
Da der VPI, anders als die Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen, durch die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes gut nachprüfbar ist, wird er bevorzugt als Referenz für die Anpassungsprüfung herangezogen. „In der Vergangenheit war die Anpassung auf Grundlage der VPI-Entwicklung für den Arbeitgeber meist die günstigere Variante, da insbesondere bei langen Laufzeiten der Renten die Gehaltsentwicklung häufig über der VPI-Entwicklung lag“, erläutert Anja Sprick. Aber: Aufgrund der stark gestiegenen Inflationsrate stellen sich Unternehmer inzwischen die Frage, ob die Nettolohnanpassung nicht doch die günstigere Methode sein könnte. Grundsätzlich gilt: Ein Wechsel des Anpassungsmaßstabs vom VPI zur Nettolohnentwicklung – und umgekehrt – kann zu jedem Prüfungsstichtag durchgeführt werden. Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, den einmal gewählten Maßstab dauerhaft beizubehalten. Beim Wechsel können sie jedoch auf einige Hindernisse stoßen.
Mögliche Hindernisse bei der Nettolohnentwicklungsmethode
Wird der Prüfungsmaßstab gewechselt, so ist laut Bundesarbeitsgericht (BAG) der Anpassungsbedarf immer von Rentenbeginn an zu prüfen, auch wenn im bereits laufenden Rentenbezug gewechselt wird. Zunächst muss also die ursprüngliche Rente festgestellt werden – diese Ausgangsrente ist oftmals aber gar nicht mehr bekannt. Problematisch wird es insbesondere dann, wenn Rentnerbestände übernommen worden sind (etwa im Rahmen von Unternehmenszukäufen). „Darüber hinaus müssen im Unternehmen vergleichbare Arbeitnehmergruppen bestimmt werden“, erklärt die Justiziarin. Bei Rentnern wird dabei die frühere Berufsgruppe beziehungsweise Tätigkeit nicht unbedingt systemisch erfasst, so dass auf alte Unterlagen zurückgegriffen werden muss – sofern diese überhaupt noch vorhanden sind.
Ferner muss der zu vergleichende Nettolohn definiert werden. Ausgangspunkt hierfür sind die Bruttolöhne vergleichbarer Arbeitnehmer. Innerhalb der Vergleichsgruppe können jedoch unterschiedliche Abzüge anfallen (zum Beispiel je nach Steuergruppe). Und: In der Vergangenheit war die Nettolohnentwicklung in einigen Tarifbranchen (zum Beispiel in der Chemiebranche oder Metallindustrie) höher als der Preisindex. „Bei größeren Rentnerbeständen ist demnach der Aufwand zur Bestimmung der Nettolohnentwicklung sehr hoch und nicht unbedingt vorteilhafter für den Arbeitgeber“, fasst Sprick zusammen.
Drei Tipps: Was kann der Arbeitgeber tun, um sich Erleichterungen zu verschaffen?
- Je nach Höhe der Versorgung könnten versicherungsförmige Durchführungswege gewählt oder mit nicht-versicherungsförmigen Durchführungswegen kombiniert werden. Denn: Bei versicherungsförmigen Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskasse und versicherungsförmiger Pensionsfonds) entfällt die Anpassungsprüfung, wenn ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Darüber hinaus muss ebenfalls keine Anpassungsprüfung nach VPI oder Nettolohnentwicklung erfolgen, wenn eine Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurde.
- Bei Versorgungszusagen, die nach 1999 erteilt wurden, besteht die Möglichkeit, eine Steigerung der laufenden Rente von mindestens einem Prozent jährlich zu versprechen. In diesem Fall entfällt die Prüfung. Bei neu zu erteilenden Versorgungszusagen kann diese Regelung von Anfang an in die Versorgungszusage aufgenommen werden. Bei bestehenden Zusagen ist allerdings eine nachträgliche Änderung vom Arbeitgeber einseitig nicht möglich. Hierfür bedarf es der Zustimmung der Versorgungsberechtigten.
- Bei Neurentnern könnte sich die Nettolohnanpassung für den Arbeitgeber unter Umständen derzeit günstiger auswirken. Dazu müssten dann vergleichbare Arbeitnehmergruppen bestimmt werden, der Nettolohn zu definieren und der Aufwand für den Arbeitgeber hierfür nicht unverhältnismäßig sein.
Fazit: Bei der Prüfung der Anpassung gilt es, einige grundlegende Voraussetzungen wie beispielsweise den Rentnerbestand, die Durchführungswege und die Lohnentwicklung im Verhältnis zur Teuerung genau zu betrachten. Bei der Abwägung, welcher Anpassungsmaßstab für den Arbeitgeber tatsächlich finanziell vorteilhafter ist, kann die Hilfe eines versicherungsmathematischen Beraters empfehlenswert sein.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Garantien in der betrieblichen Altersversorgung
Zuschusspflicht für Entgeltumwandlungen
Betriebliche Altersvorsorge: Diese Möglichkeiten haben Gesellschafter
Geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH können für die eigene Altersvorsorge auch die Vorteile einer betrieblichen Altersversorgung in Anspruch nehmen. Über die Möglichkeiten und einige steuerrelevante Details.
Insolvenz und die Folgen für die bAV: Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
Pensionsrückstellungen: die wichtigsten Aspekte bei der Bilanzierung
Pensionsrückstellungen beziehen sich auf die finanziellen Reserven, die für Verpflichtungen aus der bAV gebildet werden. Sie dienen dem Zweck, zukünftige Auszahlungen an Anspruchsberechtigte zu gewährleisten. Welche Besonderheiten bei der Bilanzierung von Pensionsrückstellungen zu beachten sind.
Betriebliche Altersversorgung für Unternehmensgründer
Während abhängig Beschäftigte einen eindeutig geregelten Anspruch auf die Einrichtung einer bAV durch Entgeltumwandlung haben, ist die Lage bei Unternehmensgründern etwas komplizierter. Obwohl gerade bei diesen häufig ein besonders hoher Versorgungsbedarf besteht, gibt es hier einige Hürden zu überwinden.
Immer mehr Frauen auf Grundsicherung im Alter angewiesen
Trotz steigender Erwerbsbeteiligung sind immer mehr Frauen im Rentenalter auf Grundsicherung angewiesen. Eine Antwort der Bundesregierung zeigt: Die Zahl der betroffenen Frauen ist in den letzten zehn Jahren um über 100.000 gestiegen. Die Ursachen liegen in niedrigen Renten, Teilzeitbeschäftigung und dem Gender Pension Gap.
Höhere Fördergrenzen in der Altersvorsorge – Das ändert sich 2025
Der Staat hat die steuerlichen Fördergrenzen für die private und betriebliche Altersvorsorge zum Jahreswechsel angehoben. Dadurch können Sparer höhere Beträge steuerlich geltend machen und von einer verbesserten Förderung profitieren.
Warum viele Deutsche Aktien meiden
Aktien und Fonds sind fester Bestandteil vieler Depots – doch viele Deutsche halten sich vom Aktienmarkt fern. Eine aktuelle Umfrage zeigt die Hauptgründe für diese Zurückhaltung.
Indexpolicen 2024 mit deutlicher Renditeerholung – Beratungshäufigkeit dennoch rückläufig
Indexgebundene Rentenversicherungen bieten wieder Renditechancen. Nach schwachen Jahren profitierten viele Kunden 2024 von hohen Gutschriften. Dennoch zeigt eine aktuelle IVFP-Umfrage, dass Vermittler seltener zu Indexpolicen beraten.
Rentenfaktor-Kürzungen: Hohe Verluste für Versicherte
Viele Versicherer senken den Rentenfaktor in privaten Rentenverträgen und kürzen damit die Rentenzahlungen um bis zu 25 Prozent. Ein Gerichtsurteil aus Köln erklärte eine solche Kürzung bereits für unwirksam, doch eine endgültige Entscheidung des Bundesgerichtshofs könnte Jahre dauern. Experten wie Rechtsanwalt Dr. Knut Pilz raten Betroffenen dennoch zu schnellem Handeln.
Riester-Rente bleibt ohne Aufwind
Laut einer aktuellen Maklerumfrage trauen fast 70 Prozent der Befragten der Riester-Rente keine größere Bedeutung für die private Altersvorsorge zu. Die Hoffnung auf ein Comeback des Produkts bleibt damit gering, trotz vereinzelter Reformschritte.