Nachhaltige Geldanlagen sind weiterhin auf Wachstumskurs. Die Gesamtsumme erreichte per Ende 2022 in Deutschland mit einem Zuwachs von 15 Prozent eine neue Rekordmarke von 578 Milliarden Euro. Das ist ein zentrales Ergebnis aus dem diesjährigen Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG).
Dazu zählen Anlagen in nachhaltigen Publikumsfonds, Mandaten und Spezialfonds sowie nachhaltig verwaltete Kund*inneneinlagen und Eigenanlagen. Besonders im Bereich der Publikumsfonds verzeichnet die Branche weiterhin hohe Zuwächse. Das Volumen stieg um 29 Prozent auf 317 Milliarden Euro. Inzwischen ist das Volumen der nachhaltigen Publikumsfonds damit fast doppelt so groß wie das Volumen für Mandate und Spezialfonds (Rückgang um 3 Prozent auf 159 Milliarden Euro), die allein an institutionelle Kunden vertrieben werden.
Das jährliche Wachstum fällt zwar geringer aus als in den Vorjahren, aber die Investitionen in Nachhaltige Geldanlagen haben sich besser als der deutsche Gesamtmarkt entwickelt. Der BVI Deutscher Fondsverband beziffert das Volumen aller Fonds und Mandate in Deutschland zum 31. Dezember 2022 auf 3,8 Billionen Euro – ein Rückgang von 12 Prozent im Vorjahresvergleich. Trotz schrumpfenden Gesamtmarkts legten nachhaltige Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds zweistellig zu, wodurch der Marktanteil auf 12,5 Prozent (Vorjahr 9,4 Prozent) anstieg. 2022 summierten sich die Kund*inneneinlagen der Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus und nachhaltig verwaltete Eigenanlagen auf insgesamt 45,2 Milliarden Euro und bleiben damit auf Vorjahresniveau (45,8 Milliarden Euro).
"Das vergangene Jahr war von vielen Unsicherheiten geprägt. Zudem belastete das schwierige Börsenjahr. Nachhaltige Geldanlagen erreichen, so ein zentrales Ergebnis unserer diesjährigen Erhebung zum Marktbericht, zwar nicht die Wachstumsraten der früheren Jahre, legen aber weiter deutlich zu. Mehrere wissenschaftliche Studien belegen, dass nachhaltige Geldanlagen krisenresistenter als konventionelle Produkte sind. Sie sind weiterhin sehr gefragt", resümiert Bernhard Engl, Vorstandsvorsitzender des FNG.
Greenwashing-Vorwürfe schaden Entwicklung
Die Methodik für die Erhebung der Marktzahlen orientierte sich wie im vergangenen Jahr an der EU-Regulatorik. Die Klassifizierung nach Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung stellte auch für den diesjährigen Bericht das Grundgerüst für die Definition Nachhaltiger Geldanlagen dar. Studienleiter des diesjährigen Marktberichtes ist Sebastian Füllgraf.
Im Marktbericht wurden erneut die häufigsten nachhaltigen Anlagestrategien analysiert. Auf Platz 1 befinden sich Ausschlüsse. Sie wurden bei 95 Prozent der betrachteten Assets angewandt. Es folgen Engagement bei 90 Prozent und Stimmrechtsausübung bei 88 Prozent der Assets. Teil der Erhebung zum Marktbericht ist auch stets eine Einschätzung der Branche, um ein Stimmungsbild der Entwicklungen und Anforderungen zu erhalten. Hier haben die Expert*innen neben quantitativen Daten daher auch qualitative Antworten übermittelt.
Die Befragten wünschen sich vor allem eine kohärente und effizient umsetzbare Regulatorik. Außerdem wünschen sich die Befragten die Etablierung von Standards und die Differenzierung zwischen Nachhaltigen Geldanlagen und Investitionen in "Transformationsunternehmen".
Ein aktuelles Thema ist dabei auch das sogenannte Greenwashing. Immer wieder belasten Greenwashing-Vorwürfe die Branche. Als Ursachen dafür nennen die Befragten beispielsweise die fehlende eindeutige Definition einer Nachhaltigen Geldanlage, missverständliche EU-Regulatorik, fehlende Standards und Unterschiede im Verständnis von Nachhaltigkeit. Die Befragten sind zu 90 Prozent der Auffassung, dass Greenwashing-Vorwürfe das Potenzial haben, dem Wachstum Nachhaltiger Geldanlagen zu schaden.
Ausblick: Branche bleibt positiv
Insgesamt blicken die Befragten positiv in die Zukunft. 80 Prozent der Befragten erwarten für das laufende Jahr erneut ein Wachstum, lediglich knapp 12 Prozent rechnen mit einem Rückgang und weitere rund 8 Prozent mit einem gleichbleibenden Volumen. 43 Prozent rechnen sogar mit mehr als 10 Prozent Wachstum im Bereich Nachhaltiger Geldanlagen.
"Trotz verschiedener Herausforderungen zeigt der aktuelle Marktbericht, dass Nachhaltige Geldanlagen weiterhin auf der Erfolgsspur sind", erläutert FNG-Geschäftsführer Sascha Görlitz. Er ergänzt: "Die Branche ist sich zudem einig, dass sich die positive Entwicklung fortsetzen wird. Wichtig sind aus unserer Sicht nachvollziehbare Regelungswerke, verlässliche Rahmenbedingungen sowie eine hohe Transparenz und Qualität der nachhaltigen Finanzprodukte."
Der FNG-Marktbericht ist mit der Unterstützung von engagierten Verbandsmitgliedern erstellt worden: Deka Investments, Schroders, Impact Asset Management, Bank im Bistum Essen, vividam – powered by FiNet Asset Management AG, Bank für Sozialwirtschaft, EBS Executive School, imug rating, Kepler-Fonds Kapitalanlagegesellschaft, Oikocredit, Ralf Lemster Financial Translations
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Trotz dem Aufkommen von Greenwashing-Vorwürfen hat sich der Anteil nachhaltiger Geldanlagen seit dem Jahr 2018 mehr als verdreifacht. Um diese zu entkräften, muss weiter in die Transparenz, Glaubwürdigkeit und Qualität der nachhaltigen Geldanlagen investiert werden.
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