Grüne Anleihen, sogenannte Green Bonds, haben unter der Zinserhöhungspolitik der Zentralbanken und der wirtschaftlichen Unsicherheit – unter anderem dem Russland-Ukraine-Krieg gelitten. Warum gerade jetzt ein attraktiver Einstiegspunkt für grüne Anleihen ist, erklären die Manager des Eurizon Fund – Absolute Green Bonds.
Ein Eurizon-Interview zu Green Bonds mit Caterina Ottavi und Matteo Merlin, Manager des Eurizon Fund – Absolute Green Bonds
Green Bonds haben zuletzt zum Teil erheblich gelitten – wie würden Sie die aktuelle Lage am Markt für Green Bonds beschreiben?
Matteo Merlin: Zunächst einmal, was den Markt an sich betrifft, da ist die Zahl der grünen Neuemissionen im August trotz der Ferienzeit auf dem Niveau des Vormonats geblieben. Seit Jahresbeginn wurden somit weltweit Anleihen im Gesamtwert von rund 300 Milliarden US-Dollar emittiert. Was die Art der Emittenten anbelangt, so leistete der Finanzsektor den größten Beitrag, aber auch im Industriesegment gab es eine Reihe von Erstemissionen. Erwähnenswert wäre noch, dass Deutschland seine zweite grüne Anleihe am kurzen Ende der Kurve begeben hat.
Caterina Ottavi: Ein anderer Punkt ist, dass die Zinserhöhungspolitik der Zentralbanken und die wirtschaftliche Unsicherheit zu einer allgemeinen Underperformance des Anleihemarktes geführt haben. Die Bewegungen im Anleihesegment waren extrem heftig und konzentrierten sich auf einen kurzen Zeitraum. Daher sehen wir die von den grünen Anleihen erreichten Niveaus nun als einen attraktiveren Einstiegspunkt für Investoren an, insbesondere für Anleger, die ein Interesse daran haben, unter Nachhaltigkeitsaspekten zu investieren.
Merlin: Darüber hinaus hat der Markt für grüne Anleihen in den letzten Jahren ein schnelles Wachstum erfahren, was zu einer größeren Effizienz in Bezug auf die Diversifizierung geführt hat, sowohl was die Emittenten betrifft als auch die geografische Verteilung.
Anleger erwarten bei Green Bonds neben einer finanziellen Rendite auch eine positive Wirkung. Was haben Sie mit dem Eurizon Fund - Absolute Green Bonds diesbezüglich erreicht?
Ottavi: Im vergangenen Jahr 2021 haben unsere Investitionen unter anderem zum Bau von 965 Megawatt Solarkapazität beigetragen, wie aus unserem jüngsten Green Bond Impact Report hervorgeht. Wir konnten helfen, 56.476 Tonnen Abfall zu recyceln, 590 Millionen Liter Frischwasser zu sparen und fast zwei Millionen Tonnen CO2 zu vermeiden.
Mit welcher Strategie managen Sie den Fonds?
Merlin: Unser Fonds, der "Eurizon Fund Absolute Green Bonds", unterscheidet sich von anderen Fonds vor allem durch das aktive Management der verschiedenen Performancehebel und die benchmarkfreie Portfoliokonstruktion. Zum aktiven Management gehört beispielsweise auch, dass wir nicht nur die grünen Anleihen selbst und deren Emittenten genau unter die Lupe nehmen, sondern auch die Projekte, die mit den Bonds finanziert werden sollen.
Zudem managen wir aktiv die Durationskomponente des Portfolios, hauptsächlich mit Hilfe von Derivaten, sowie auch die Asset Allocation. Dadurch können wir mit dem Fonds in Phasen eines plötzlichen Anstiegs der Renditen oder einer Ausweitung der Spreads umgehend reagieren – im ersten Fall durch Verringerung der Duration und im zweiten Fall durch eine Verringerung des Risikos.
Vertiefend gefragt, wie schützen Sie Ihr Portfolio vor Trittbrettfahrern, Stichwort Greenwashing?
Ottavi: Das Problem des Greenwashing ist für Investoren zunehmend ein Thema. Wir achten sehr darauf, das Risiko im Fonds möglichst gering zu halten. Deshalb werden die ESG-Kriterien, die in den Anlageprozess von Eurizon integriert sind, durch zusätzliche Stufen ergänzt.
So basiert der Auswahlprozess der einzelnen Anleihen auf einem Due-Diligence-Verfahren, das zum einen die der grünen Emission zugrunde liegenden Einzelprojekte, aber auch die Umweltziele des emittierenden Unternehmens unter die Lupe nimmt. Diese Projekte werden mindestens einmal jährlich einer umfassenden Bewertung unterzogen.
Darüber hinaus veröffentlicht Eurizon die qualitativen und quantitativen Klima- und Umwelteinflüsse seiner grünen Investments in einem "Impact Report". Dies ist ein nützliches Instrument für Anleger, die die tatsächlichen Auswirkungen der Anleihen, in die sie investieren, verstehen wollen.
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