Hohe Kosten für Schäden durch Naturgefahren, wie die Überschwemmung im Ahrtal und die Kostenexplosion bei Baumaterialien, sorgen für steigende Preise bei Wohngebäudeversicherungen. Sie werden ab kommenden Jahr rund 15 Prozent teurer als bisher.
Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entstanden 2021 versicherte Schäden an Häusern, Hausrat, Betrieben und Kraftfahrzeugen von rund 12,5 Milliarden Euro. 1 Davon entfielen alleine rund neun Milliarden Euro auf Schäden an Wohngebäuden - so viel wie nie. Gleichzeitig sind Baumaterialien wie Stahl, Aluminium oder Holz um mehr als 50 Prozent teurer geworden. 2
Neuwertfaktor erhöht die Preise
Einige Wohngebäudeversicherungen ersetzen im Schadenfall die anfallenden Kosten für Reparaturen oder Wiederherstellung - auch wenn sie höher liegen als die ursprünglichen Baukosten für das gleiche Gebäude (Absicherung zum sogenannten gleitenden Neuwertfaktor oder Anpassungsfaktor).
Der Anpassungsfaktor wird jährlich vom GDV veröffentlicht und basiert auf dem Baupreisindex für Wohngebäude und dem Tariflohnindex für das Baugewerbe. So werden die Versicherungspreise an die gegenwärtige Baupreisentwicklung angepasst.
Die Jahresbeiträge für Wohngebäudeversicherungen werden alleine durch den neuen Anpassungsfaktor 2023 um rund 15 Prozent steigen. Er gilt für alle Versicherer gleichermaßen und für alle Tarife, die zum gleitenden Neuwertfaktor absichern. Für Kund*innen besteht kein außerordentliches Kündigungsrecht.
Bei einem Mehrfamilienhaus 3 in Duisburg mit 230 m² kostet die Absicherung für die Gefahren Feuer und Blitzschlag, Leitungswasser und Sturm & Hagel sowie Elementarschutz ohne Selbstbeteiligung im Beispiel aktuell rund 1.780 Euro im Jahr. Allein durch die Indexanpassung erhöht sich der Beitrag zum 1.1.2023 um gut 267 Euro. Hinzu kommt in der Regel noch ein Zuschlag aufgrund des steigenden Gebäudealters im neuen Jahr (2,4 Prozent oder rund 43 Euro). Im Beispiel für ein Einfamilienhaus in Dresden erhöht sich der Jahresbeitrag von 208 Euro auf 244 Euro. 4
Versicherungsnehmer*innen sollten bei einer Beitragsanpassung ihre Rechnung genau prüfen, empfiehlt André Boudon, Geschäftsführer Wohngebäudeversicherungen bei CHECK24. Steige der Beitrag aufgrund des neuen Anpassungsfaktors, können Versicherte nicht vorzeitig kündigen.
Erhöhe der Versicherer den Beitrag allerdings davon unabhängig bei gleichbleibenden Leistungen, gebe es für Versicherte ein Sonderkündigungsrecht und die Möglichkeit zu einem neuen Anbieter zu wechseln. Boudon weist darauf hin, dass Versicherer auf ihren Jahresrechnungen ausweisen, ob der Beitrag aufgrund des neuen Anpassungsfaktors gestiegen sei.
Wenn die Kosten für Schäden im Vergleich zum Vorjahr um mindestens fünf Prozent steigen, kann der Versicherer die Beiträge ohne Leistungsanpassung erhöhen. Versicherungsnehmer*innen haben dann jedoch die Möglichkeit, die Versicherung zum Erhöhungszeitpunkt zu kündigen - spätestens jedoch einen Monat nach Zugang der Erhöhungsmitteilung.
Anmerkungen:
1 Quelle: GDV https://ots.de/MIMs8D (abgerufen 19.9.2022)
2 Quelle: https://ots.de/Y6PhjD (abgerufen 19.9.2022)
3 Massiv-Bauweise, harte Bedachung, nicht ausgebaut, ein Obergeschoss, drei Wohneinheiten mit Keller, Selbstbeteiligung bis 300 Euro, Baujahr 2014, Tarif die Bayerische Prestige
4 120 qm, Absicherung für die Gefahren Feuer und Blitzschlag, Leitungswasser, Sturm & Hagel ohne Selbstbeteiligung, Massiv-Bauweise, harte Bedachung, nicht ausgebaut, ein Obergeschoss, ohne Keller, Baujahr 2000, Tarif Gothaer Plus, Indexanpassung + 2,58 Prozent oder rund fünf Euro für steigendes Gebäudealter.
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