Unausweichliche weitere Zinserhöhungen

Die Finanzmärkte sehen sich einer globalen synchronisierten Straffung ausgesetzt, mit der Erwartung vieler aufeinanderfolgender Zinserhöhungen und sogar der Wahrscheinlichkeit, dass wichtige Zentralbanken 50 Basispunkte anheben könnten, um den Prozess zu beschleunigen. Doch könnten die Märkte nach dem Ende der Durststrecke keinen Grund zum Feiern haben.

business man Hand change wood cube block with percentage to UP abusiness man Hand change wood cube block with percentage to UP aJo Panuwat D – stock.adobe.com

Ein Beitrag von Hendrik Tuch, Head of Fixed Income NL bei Aegon Asset Management,.

Die Zentralbanken werden zu den Zinserhöhungen wahrscheinlich so schnell wie nie zuvor Liquidität aus dem Markt abziehen. Infolge dieser Veränderungen könnten die Zentralbanken in den nächsten 18 Monaten insgesamt bis zu 3 Billionen USD an Liquidität zurückziehen. Die Zentralbanken tun ihr Bestes, um uns von unserer Liquiditätssucht zu entwöhnen. In der vergangenen Woche sahen wir erneut deutliche Anzeichen für ihre Entschlossenheit, die steigenden Inflationszahlen zu bekämpfen.

Bank of England: Zinserhöhungen im März, Mai und Juni

Die Bank of England war die erste, die den Markt mit ihrer zweiten Zinserhöhung in diesem Zyklus vor weiteren monetären Belastungen warnte. Die Entscheidung für eine Anhebung um 50 Basispunkte fiel knapp aus, da vier Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses dafür stimmten, während fünf Mitglieder für 25 Basispunkte votierten. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Erwartung der BoE, dass die Inflation im Jahr 2022 bei durchschnittlich 6 Prozent liegen wird, gehen die Finanzmärkte nun von einer Anhebung in den Sitzungen im März, Mai und Juni aus. Sollte es zu zwei Erhöhungen in Folge kommen, wäre dies der schnellste Straffungszyklus, seit die Bank of England 1997 ihre geldpolitische Unabhängigkeit erhielt.

Sobald der Leitzins auf 1 Prozent steigt, wird die BoE wahrscheinlich eine Reduzierung ihrer Bilanz in Erwägung ziehen, indem sie bestehende Gilt-Bestände verkauft. Der britische Anleihemarkt war über diese Aussichten alles andere als erfreut, während das britische Publikum von der Botschaft des Gouverneurs Andrew Bailey, dass sie keine großen Lohnerhöhungen fordern sollten, um den Inflationsdruck nicht zu verstärken, ziemlich verärgert war.

EZB: Lagarde schließt Zinserhöhung nicht mehr aus

Auch die Europäische Zentralbank sah sich gezwungen, den Markt vor einer bevorstehenden Änderung ihres geldpolitischen Kurses zu warnen. Während sich die offizielle Erklärung im Vergleich zur letzten Sitzung im Dezember kaum änderte, brachte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in der anschließenden Fragerunde eine hawkische Haltung zum Ausdruck. Sie erklärte, der EZB-Rat sei einstimmig besorgt über die jüngsten Inflationsdaten und schließe eine Zinserhöhung im Jahr 2022 nicht mehr aus.

Die Finanzmärkte und viele Wirtschaftsexperten waren von diesen Ankündigungen schockiert, und innerhalb weniger Minuten hatte die europäische Geldmarktkurve mindestens zwei Zinserhöhungen für dieses Jahr eingepreist. Lagarde bekräftigte, dass die EZB die Zinssätze nicht anheben wird, bevor sie ihr Ankaufprogramm beendet hat - was die hawkische Ausrichtung ihrer Botschaft nur noch verstärkt, da die Märkte nicht nur mit einer Aufhebung der Negativzinspolitik, sondern auch mit einem schnellen Ende der quantitativen Lockerung rechnen müssen.

"Die Bowle wegnehmen" ist ein beliebter Begriff, um frühere Zinserhöhungszyklen der Zentralbanken zu beschreiben. Der Gedanke dahinter ist, dass die Zentralbanker sicherstellen, dass die "Party" an den Finanzmärkten nicht aus dem Ruder läuft, indem sie die geldpolitischen Anreize rechtzeitig zurücknehmen. Niemand wird auf der Party (zu) betrunken, so dass es am nächsten Morgen keine größeren Kopfschmerzen gibt und wir uns auf die nächste zivilisierte Nachbarschaftsparty freuen können.

In den letzten zehn Jahren hat die kollektive Gemeinschaft der Zentralbanken jedoch keine normal große Bowle auf den Tisch gestellt, sondern stattdessen einen ganzen Swimmingpool mit Long Island Eistee gefüllt, den die Märkte genießen konnten. Als Covid-19 begann, haben die Zentralbanken die Getränke wieder aufgestockt. Diese Party ist völlig aus dem Ruder gelaufen, und jetzt haben wir gewaltige Probleme.

LESEN SIE AUCH

Businesswoman in career growth and challenge concept with broken staircase on bright sky background.Businesswoman in career growth and challenge concept with broken staircase on bright sky background.Who is Danny – stock.adobe.comBusinesswoman in career growth and challenge concept with broken staircase on bright sky background.Who is Danny – stock.adobe.com
Wirtschaft

Wirtschaftswachstum gibt Anlass zur Vorsicht, aber nicht zur Panik

Das Risiko einer bevorstehenden harten Landung der Wirtschaft ist heute geringer als noch vor drei Monaten. Es ist aber von einem unterdurchschnittlichen Wachstum bis 2024 auszugehen - und so seltsam es klingt, Grund dafür ist ausgerechnet die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit.

Die Macht der EZBDie Macht der EZBbluedesign – stock.adobe.comDie Macht der EZBbluedesign – stock.adobe.com
Finanzen

Geldpolitik: Aktuell kein Handlungsdruck für die EZB

Die EZB fährt einen riskanten Kurs. Um die Inflation einzudämmen, hat sie die Leitzinsen mehrfach deutlich erhöht. Das gefährdet Konjunktur, Beschäftigung und Klimaziele. Weitere Erhöhungen – wie angekündigt - bergen angesichts der Trends bei der Preisentwicklung eher unnötig Risiken.

What will happen, What is Your Goal in 2022?What will happen, What is Your Goal in 2022?patpitchaya – stock.adobe.comWhat will happen, What is Your Goal in 2022?patpitchaya – stock.adobe.com
International

Unsichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Am Ende des Jahres 2021 fällt auf, dass die Weltwirtschaft keinen klaren Kurs hat, da die Bedingungen weitaus unsicherer sind als noch Ende 2020. Zentralbanker der ganzen Welt sind besorgt, dass sie in ihrem Kampf gegen die Inflation hinterherhinken, da die Bank of England in der vergangenen Woche endlich die Zinssätze angehoben hat und sich damit ihren Kollegen in Neuseeland und Norwegen anschließt, die ihre Politik kürzlich gestrafft haben.
Anzugtraeger-Sturm-Pfeil-Papier-147115880-AS-Sergey-NivensAnzugtraeger-Sturm-Pfeil-Papier-147115880-AS-Sergey-NivensSergey Nivens – stock.adobe.comAnzugtraeger-Sturm-Pfeil-Papier-147115880-AS-Sergey-NivensSergey Nivens – stock.adobe.com
Finanzen

Die Inversion der Renditekurve und ihre Auswirkung auf Risikoanlagen

Die Umkehrung der Renditekurve hat in den vergangenen 70 Jahren noch nie versagt, eine Rezession vorauszusagen. Doch wird sich das künftig ändern? Wie könnten die Anlagemärkte – Rezession hin oder her – auf länger anhaltende Zinserhöhungen reagieren?

Geschäftsmann muss sich für eine Richtung entscheidenGeschäftsmann muss sich für eine Richtung entscheidenfotogestoeber – stock.adobe.comGeschäftsmann muss sich für eine Richtung entscheidenfotogestoeber – stock.adobe.com
Finanzen

Anleihenmarkt: Was kommt 2023?

Festverzinsliche Wertpapiere hatten im Jahr 2022 mit einer Reihe von Gegenwinden zu kämpfen. So hat besonders die Inflation hat die Marktstimmung dominiert und wird sie auch weiter bestimmen. Der Markt hat jedoch die meisten Inflations- und Zinserhöhungen bereits eingepreist.

Euro-versinkt-38701942-AS-Joerg-LantelmeEuro-versinkt-38701942-AS-Joerg-LantelmeJörg Lantelme – stock.adobe.comEuro-versinkt-38701942-AS-Joerg-LantelmeJörg Lantelme – stock.adobe.com
Wirtschaft

Inflation wird 2023 hartnäckiger bleiben als erwartet

Die entscheidende Frage für das neue Jahr ist, ob es tatsächlich zu einer Rezession kommt oder sich die Hoffnung aller Zentralbanker auf eine "weiche Landung" erfüllt, bei der sich die Inflation auf das Zielniveau zubewegt, ohne erheblichen Produktionsrückgang und Anstieg der Arbeitslosenquote.

Mehr zum Thema

Die Wefox-Gruppe will sich auf das Kerngeschäft fokussieren und zieht sich deshalb aus Liechtenstein zurück.FoxTerrier / pixabayDie Wefox-Gruppe will sich auf das Kerngeschäft fokussieren und zieht sich deshalb aus Liechtenstein zurück.FoxTerrier / pixabay
International

Wefox verkauft Versicherungsträger: Fokus auf Kernbereiche

Die Wefox-Gruppe trennt sich von ihrer liechtensteinischen Versicherungstochter, der wefox Insurance AG, und überträgt diese an eine Schweizer Unternehmensgruppe unter Führung der BERAG.

Robin Schmeisser, Geschäftsführer der Fabasoft Contracts GmbHFabasoftRobin Schmeisser, Geschäftsführer der Fabasoft Contracts GmbHFabasoft
International

DORA-Verordnung: Aufschub der Informationsregister-Abgabe

Die Frist für das DORA-Informationsregister ist verschoben. Während ein EU-weiter Testlauf die Komplexität des Registers offenlegte, könnten smarte Softwarelösungen Finanzunternehmen entscheidend unterstützen – von der Automatisierung bis zur Fehlervermeidung.

Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments und Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON).Markus Ferber, PressebildMarkus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments und Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON).Markus Ferber, Pressebild
International

„Die Bundesregierung wurde in Brüssel oft als problematischer Partner wahrgenommen“

Während im politischen Berlin nach dem Ampel-Aus Stillstand in der Renten-Reform droht, intensiviert der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) seine Bemühungen auf europäischer Ebene.

TheDigitalArtist / pixabayTheDigitalArtist / pixabay
International

„Amerika ist auf direktem Weg zur Autokratie“

Mit Donald Trump als erneutem US-Präsidenten warnen Experten vor einem gravierenden Wandel in den Vereinigten Staaten: Der Übergang zu autokratischen Strukturen könnte weitreichende Folgen für Demokratie und Finanzmärkte haben.

Ralphs_Fotos / pixabayRalphs_Fotos / pixabay
International

Kritik an EU-Datenverordnung: Versicherer und Banken warnen vor Kosten und Bürokratie

Versicherer und Kreditinstitute in Deutschland äußern Bedenken gegenüber dem Entwurf der Financial Data Access Regulation (FiDA) der EU-Kommission. Sie bezweifeln, dass FiDA Innovation und Wettbewerb im Finanzwesen fördert und den Kunden nützt.

JonHoefer / pixabayJonHoefer / pixabay
International

AXA Schweiz kehrt in den Schweizerischen Versicherungsverband zurück

Die AXA Schweiz tritt ab dem 1. Januar 2025 wieder dem Schweizerischen Versicherungsverband SVV bei. Vor vier Jahren war das Unternehmen aus dem Verband ausgetreten. Was den Versicherer nun zur Rückkehr bewegte.