Deutsche regeln zunehmend ihr digitales Erbe
Der Entsperr-Code des Smartphones, der Zugang zu Social-Media-Auftritten, die PIN zum Online-Banking-Login oder für Digital-Abos: Was nach dem eigenen Tod mit den digitalen Hinterlassenschaften geschehen soll, wird für die Menschen in Deutschland zunehmend wichtiger.
Bereits 40 Prozent der Internetnutzerinnen und Internetnutzer kümmern sich um ihr digitales Erbe – 2019 waren es erst 31 Prozent und im Jahr 2017 gerade einmal 18 Prozent. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.003 Menschen in Deutschland ab 16 Jahren.
Demnach hat ein Viertel (24 Prozent) der Internetnutzerinnen und Internetnutzer den eigenen digitalen Nachlass zumindest teilweise geregelt. Weitere 16 Prozent haben dies sogar vollständig erledigt. 53 Prozent der Internetnutzerinnen und Internetnutzer ist bewusst, dass sie sich um dieses Thema kümmern müssten – sie haben es bislang aber noch nicht getan.
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder weiß, das Internetnutzer verfügt auch in der Regel über einen Vielzahl an Accounts verfügten. Daher sei es wichtig, sich frühzeitig mit der Frage auseinanderzusetzen, was nach dem eigenen Tod damit geschehen solle.
Dabei geht es um zwei Dinge: Angehörigen emotionale Belastung und die komplizierte Suche nach Nutzernamen und Passwörtern zu ersparen. Und darum, dass kostenpflichtig Dienste und Abos im Netz schnell und unkompliziert gekündigt werden können.
Unter denjenigen, die ihr digitales Erbe ganz oder teilweise geregelt haben, haben dies zwei Drittel (68 Prozent) für Zugänge zu PINs und Geräten getan. 45 Prozent haben Regelungen zum Verbleib ihrer Hardware getroffen und ein Drittel (33 Prozent) für Zugänge zu online verwalteten Services wie Bankkonten oder Versicherungen. Jeder und jede Vierte (26 Prozent) hat Zugänge zu Online-Konten oder Messenger-Diensten für Hinterbliebene hinterlegt und 17 Prozent zu Online-Speichern oder Cloud-Diensten. Erst ein Zwanzigstel (5 Prozent) hat sich darum bei Streaming- oder Gaming-Abos gekümmert.
Digitale Erben rechtzeitig informieren
Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2018 gehen Verträge mit Kommunikationsprovidern oder sozialen Netzwerken auf die Erben über, sofern zu Lebzeiten nichts anderes bestimmt wurde. Dazu müssen die Erben wissen, welche Verträge und Profile überhaupt bestehen – sie zu informieren, ist also unerlässlich. Ein Drittel (36 Prozent) der Internetnutzerinnen und Internetnutzer befasst sich nur ungern mit diesem als unangenehm empfundenen Thema. 64 Prozent sagen, dass ihnen Informationen fehlen, wie das digitale Erbe überhaupt zu regeln sei.
Der größte Teil derjenigen, die ihr digitales Erbe ganz oder teilweise geregelt haben, hat eine Vertrauensperson benannt, die sich um den digitalen Nachlass und die Online-Accounts kümmern soll. 58 Prozent haben auch bei Online-Diensten oder in sozialen Netzwerken konkrete Nachlasskontakte benannt. Rohleder führt weiter aus:
Es empfiehlt sich überall dort, wo es möglich ist, bereits zu Lebzeiten einen Nachlasskontakt zu benennen. Bei einigen Diensten ist das unkompliziert über die Einstellungen zur Privatsphäre möglich.
Etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) hat eine Liste mit Zugangsdaten zu Online-Diensten angelegt. Fast ein Viertel (22 Prozent) hat das digitale Erbe testamentarisch geregelt. Nur eine Minderheit von 4 Prozent nutzt kommerzielle Plattformen oder Apps für die digitale Nachlassplanung.
Im Übrigen wünschen sich fast 3 von 10 Internetnutzerinnen und Internetnutzern ein digitales Leben nach dem Tod: 28 Prozent möchten, dass ihre Profile in sozialen Netzwerken auch nach ihrem Ableben weiterbestehen.
Bitkom gibt Hinweise zum Umgang mit dem digitalen Nachlass:
Persönliche Informationen auf Datenträgern
Wenn im Testament oder in einer Vollmacht nichts anderes geregelt ist, werden die Erben Eigentümer aller Gegenstände des Verstorbenen, also auch des Computers, Smartphones oder lokaler Speichermedien. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2018 beinhaltet dies auch den Zugang zu Accounts etwa in sozialen Medien.
Damit dürfen die Erben die dort gespeicherten Daten uneingeschränkt lesen. Deshalb sollte man die Entscheidung, ob die Hinterbliebenen nach dem Tod Einblick in die digitale Privatsphäre haben, zu Lebzeiten treffen. Ein Notar oder Nachlassverwalter kann unter Umständen entsprechende Dateien oder ganze Datenträger vernichten beziehungsweise konservieren lassen. Neben Hinweisen auf das Erbe können sich in persönlichen Dateien sensible private Informationen befinden, die manche lieber mit ins Grab nehmen möchten.
Online-Dienste wie E-Mail-Konto oder Cloud-Speicher
Hinterbliebene erben nicht nur Sachwerte, sondern treten auch in die Verträge des Verstorbenen ein – auch, wenn es sich um kostenpflichtige Dienste handelt wie etwa ein Streaming-Abo. Gegenüber E-Mail- und Cloud-Anbietern haben Erben in der Regel Sonderkündigungsrechte. Bei der Online-Kommunikation gilt aber zugleich das Fernmeldegeheimnis, das auch die Rechte der Kommunikationspartner des Verstorbenen schützt.
In der Praxis gelingt der Zugang zu den Nutzerkonten am besten, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten geregelt hat, ob und in welchem Umfang die Erben im Todesfall Zugriff auf die Accounts erhalten. Außerdem kann man die Zugangsdaten für solche Dienste beim Notar hinterlegen.
Profile in sozialen Netzwerken
Hinterbliebene sollten die Betreiber von sozialen Netzwerken benachrichtigen, wenn sie entsprechende Mitgliedschaften des Verstorbenen kennen. Viele Betreiber verlangen die Vorlage einer Sterbeurkunde. Bei Facebook ist es Nutzern möglich, zu Lebzeiten einen Nachlasskontakt zu bestimmen, der das Profilfoto des Verstorbenen ändern oder auf Freundschaftsanfragen reagieren darf.
Eine Anmeldung unter dem Konto des Verstorbenen oder das Lesen von dessen Chats ist aber auch dem Nachlasskontakt nicht möglich. Angehörige können darüber hinaus beantragen, das Profil in einen „Gedenkzustand“ zu versetzen. Die Profilinhalte bleiben dann erhalten und Freunde oder Familienmitglieder können in der Chronik Erinnerungen teilen.
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