Die Rentenlücke der Deutschen wächst. Die Altersabsicherung wird im anstehenden Wahlkampf ein heiß diskutiertes Thema bleiben, denn mit der aktuell vom Bundestag beschlossenen Senkung des Garantiezins für Lebensversicherer droht der geförderten Riester-Rente das Aus.
Viele Menschen in Deutschland idealisieren das Rentenalter – eine Zeit mit grenzenloser Freizeit mit den Liebsten, ohne Arbeit und ohne Geldsorgen. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Die Rentenlücke wächst kontinuierlich und die gesetzliche Rente reicht im Alter schon heute bei Vielen kaum zum Leben.
Wie sorgen die Deutschen für ihren Ruhestand vor? Fühlen sie sich finanziell auf den Lebensabend vorbereitet und woran hakt die private Altersvorsorge? WeltSparen, die Plattform für Geldanlage, hat 2.043 Bundesbürger rund um das Thema Altersvorsorge befragt.
Da diese Fragen bereits 2019 schon einmal gestellt wurden, zeigt die Studie gleichzeitig, wie sich die Altersvorsorge der Bürger in den vergangenen zwei Jahren verändert hat.
In einer repräsentativen Umfrage der Plattform für Geldanlage WeltSparen, die das Meinungsformungsinstitut YouGov durchführte, wurden mehr als 2.000 Deutschen zu ihrer privaten Altersvorsorge befragt: Sorgen die Deutschen für das Alter vor? Warum verzichten sie auf Altersrücklagen? Und welche Vorsorgearten nutzen sie? Zudem wurden die Ergebnisse im Zwei-Jahres-Vergleich analysiert.
Mehr als jeder zweite Bundesbürger sorgt nicht fürs Alter vor
Ungeachtet von Ratschlägen zur privaten Zusatzvorsorge aus Politik und Medien in Bezug auf die Rente folgen keine Taten: Mehr als jeder zweite Bundesbürger (53 Prozent) sorgt nicht für das Alter vor. Das entspricht sogar einem Anstieg um zwei Prozentpunkte im Vergleich zu vor zwei Jahren. Demgegenüber bilden 43 Prozent der Deutschen Rücklagen für ihren Ruhestand.
Langsam, aber sicher: Immer mehr Deutsche sparen fürs Alter
Bei beiden Geschlechtern wächst der Anteil derjenigen, die Vorsorge betreiben. Vier Prozent mehr Männer und drei Prozent mehr Frauen als noch 2019 geben an heute zusätzlich für ihre Altersvorsorge zu sparen.*
Unterschätztes Risiko? Altersarmut droht jeder zweiten Frau
Der Unterschied zwischen Männern und Frauen bei der Altersvorsorge ist groß, was am Gender Pay Gap und der unter Frauen weit verbreiteten Teilzeitarbeit liegen könnte. Die geschlechtsspezifische Lohnlücke wirkt sich anscheinend auf Altersvorsorge aus: Während fast jeder zweite Mann (47 Prozent) für das Alter Rücklagen bildet, sind es bei den Frauen trotz fast fünf Jahren höherer durchschnittlicher Lebenserwartung nur vier von zehn Frauen in Deutschland.
Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Frauen betreibt keine Vorsorge und riskiert Altersarmut.
Bewusstsein für Rentenlücke kommt erst mit dem Alter
Die jüngste befragte Altersgruppe macht sich besonders wenig Gedanken über ihre finanzielle Situation im Rentenalter, mit den Jahren wächst das Bewusstsein für die Absicherung: So betreibt weniger als ein Drittel (30 Prozent) der 18- bis 24-jährigen Altersvorsorge, während es bei den 25- bis 34-Jährigen knapp die Hälfte (47 Prozent) ist und die 45- bis 54-Jährigen sogar 57 Prozent vorsorgen.
Damit verschenken junge Generationen wertvolle Zeit, um sich einen soliden finanziellen Grundstock aufzubauen und vom Zinseszinseffekt zu profitieren.
Kein Geld für Alterssicherung: Knapp die Hälfte der Deutschen kann nicht vorsorgen
Warum sparen so viele Deutsche noch immer nicht für das Alter? Den meisten mangelt es schlicht an Liquidität: 47 Prozent der Befragten geben an, kein Geld für zusätzliche Rücklagen zu haben.
Unter den Frauen (48 Prozent) und den Bewohnern der neuen Bundesländer (50 Prozent) fällt der Anteil noch etwas höher aus. Die Höhe der Rücklagen variiert regional stark: Während elf Prozent der Westdeutschen mehr als 500 Euro monatlich zur Seite legen können, schaffen das nur vier Prozent der Ostdeutschen.
Alternative zur Vorsorge: Arbeit im Alter und kalkulierter Tod
Die Menschen, die keine Altersvorsorge betreiben, haben dafür verschiedene Motive. So glaubt ein Viertel an eine ausreichende gesetzliche Rente, Männer sind diesbezüglich mit 29 Prozent deutlich zuversichtlicher als Frauen mit 22 Prozent. Immerhin verlassen sich sechs Prozent der Frauen ohne private Altersvorsorge auf ihren Partner, während vier Prozent der Männer auf ein ausreichendes Erbe hoffen, das ihre Rentenlücke schließt.
Jeder Zehnte plant aufgrund fehlender Rücklagen im Rentenalter weiterzuarbeiten. Fünf Prozent der Befragten malen sich ihre Zukunft besonders düster aus: Sie glauben, das Rentenalter nicht zu erreichen – unter den 35- bis 44-Jährigen sind es sogar mit elf Prozent doppelt so viele. Mangelndes Vertrauen in private Vorsorgeangebote sorgt bei acht Prozent für fehlende Altersrücklagen.
Betriebliche Altersvorsorge und Wertpapiere überholen Riester-Rente
Wie sorgen die Deutschen konkret vor? Am beliebtesten unter den Personen, die Vorsorge betreiben, sind hierzulande die betriebliche Altersvorsorge (bAV) mit 35 Prozent und Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder Fonds mit 34 Prozent. Die staatlich geförderte Riester-Rente leidet unter einem Imageverlust und rutscht mit 29 Prozent um acht Prozentpunkte vom ersten Platz 2019 auf den dritten Platz.
Dabei ist die Riester-Rente bei Frauen (34 Prozent) deutlich beliebter als bei Männern (26 Prozent) – ein Grund könnten die Kinderzulagen sein. Jeweils 22 Prozent der Vorsorgenden verlassen sich trotz Niedrigzinsphase, Strafzinsen und Inflation auf ihr Girokonto, um Geld anzusparen.
Ebenso viele investieren in Wohneigentum. Jeder Fünfte spart mit Tages- und Festgeldangeboten für den Lebensabend, gefolgt von ETFs bei 18 Prozent der Befragten, die Renten-Rücklagen bilden.
Männer wollen Rendite und Frauen Sicherheit bei Altersvorsorge
Zwischen den Geschlechtern gehen die Vorlieben auseinander: Männer suchen die Rendite. Bei ihnen sind Wertpapiere mit 44 Prozent am beliebtesten, während Frauen (23 Prozent) dem Kapitalmarkt deutlich zurückhaltender gegenüberstehen. Etwas geringer ist der Unterschied bei börsengehandelten Exchange Traded Funds (ETF): Sie werden von einem Viertel der vorsorgenden Männer und von 11 Prozent der Frauen genutzt. ETFs als Altersvorsorgeprodukt haben sich in der Beliebtheit von neun Prozent auf 18 Prozent aller Vorsorgenden verdoppelt.
Auch Tages- und Festgeldanlagen erfreuen sich bei Männern mit 22 Prozent größerer Beliebtheit als bei den Frauen (16 Prozent). Die weiblichen Befragten setzen stattdessen insgesamt stärker auf staatlich geförderte und risikoarme Alternativen, wie die betriebliche Altersvorsorge (37 Prozent) und die Riester-Rente (32 Prozent).
WeltSparen-Rentenexperte Dr. Alexander Kihm kommentiert die Studienergebnisse:
“Die Entwicklung der privaten Altersvorsorge in Deutschland setzt deutliche Signale in Richtung der Politik. Noch immer sorgen zu wenig Deutsche privat für ihre Rente vor, was im Hinblick auf die größer werdende gesetzliche Rentenlücke zu Altersarmut in weiten Teilen der Bevölkerung führen wird. Ganze 56 Prozent der Frauen sparen nicht für das Alter und riskieren so einen prekären Lebensabend.
Außerdem verliert die Riester-Rente durch ausbleibende Reformen mehr und mehr an Attraktivität für die Bundesbürger. Mit der aktuellen Absenkung des Garantiezins auf 0,25 Prozent werden mehr als 16 Millionen Riester-Sparer im Regen stehen gelassen. Demgegenüber gewinnen Kapitalmarktanlagen als Altersvorsorge-Option für Verbraucher an Bedeutung.
Die Bundesregierung sollte diesen Entwicklungen Rechnung tragen und staatlich subventionierte Lösungen für eine attraktive private Altersvorsorge mit flexibler Kapitalmarktbeteiligung entwickeln.”
* Der Anstieg beider Zahlen liegt an der eindeutigen Beantwortung der Frage mit “Ja” und einer geringeren Anzahl an Antworten mit “Weiß nicht / keine Angabe” gegenüber 2019.
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