Corona-Krise: Mehrheit der Versicherer geht von Reduktion des Neugeschäfts aus

84 Prozent der Versicherungsunternehmen gehen davon aus, dass das Neugeschäft aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen zurückgehen wird. Dies ist ein Ergebnis einer Umfrage von EY und der V.E.R.S. Leipzig GmbH.

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57 Prozent der Versicherer erwarten sogar einen starken Rückgang. Insbesondere Lebensversicherungen und Kfz-Versicherungen werden nach Ansicht der Branche betroffen sein.

Insgesamt sehen alle befragten Versicherungsunternehmen Herausforderungen, die aus der aktuellen Situation für die Branche entstehen. Auf 87 Prozent trifft dies nach eigener Einschätzung voll, auf 13 Prozent eher zu.

Negative Auswirkungen auf Kapitalanlageergebnis erwartet

Insgesamt gehen 96 Prozent der befragten Versicherer von negativen Auswirkungen auf ihr Kapitalanlageergebnis aus, 14 Prozent sogar von einer stark negativen Entwicklung gehen. Dies besonders im Bereich der Aktien.

Deswegen planen 45 Prozent, ihre Anlagestrategie anzupassen und unter anderem den Anteil an Aktien- und Immobilieninvestments zu reduzieren.

Auswirkungen auf Beschäftigte und Versicherte

21 Prozent der Unternehmen erwarten, dass die Branche wegen der Corona-Krise in den kommenden zwei Jahren Personal abbauen wird. Ebenfalls 21 Prozent gehen davon aus, dass sich die Prämien für die Versicherten erhöhen werden.

Chance für die Branche

Aber fast alle Versicherer können den Veränderungen durch die Krise auch etwas Positives abgewinnen: 93 Prozent sehen grundsätzlich auch Chancen für die Branche.

Von denjenigen, die Chancen erkennen, erwarten wiederum jeweils 93 Prozent einen Digitalisierungsschub beziehungsweise eine Flexibilisierung der Arbeitsmodelle.

70 Prozent erwarten, dass der Vertrieb modernisiert wird. Zudem verstärkt die Corona-Krise die ohnehin deutliche Tendenz zur abnehmenden Zahl an Versicherungsvermittlern (Versicherungsmakler, Ausschließlichkeitsorganisation).

Thomas Korte, Leiter des Versicherungsbereiches bei EY in Deutschland, sagt:

„Die Corona-Krise hat Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette der Versicherungsbranche. Nur Unternehmen, die neben einem effektiven Krisenmanagement auch das Tagesgeschäft und die langfristige Transformation meistern, können gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen. Es zeichnen sich bereits Trends ab, die uns alle und insbesondere die Versicherer auch nach der Krise beschäftigen werden. Das betrifft beispielsweise die Digitalisierung und die Transformation der Geschäftsmodelle, die deutlich beschleunigt wird. Wer bereits jetzt gute digitale Lösungen hat – insbesondere im direkten Kontakt mit Kunden – und weiter konsequent daran arbeitet, kann sich einen Wettbewerbsvorteil sichern.“

Steigende Schadenquoten in diesem Jahr

In einigen Sparten rechnen die Versicherer mit deutlich höheren Schadenquoten: Bei den Komposit-Sparten gehen die Versicherer von stark steigenden Schadenquoten, insbesondere bei Veranstaltungsausfallversicherungen (93 Prozent), Betriebsschließungsversicherungen (82 Prozent), Kreditversicherungen (63 Prozent) sowie Reiserücktrittsversicherungen (54 Prozent) aus. Auch in der Rechtsschutzversicherung werden deutlich höhere Schäden erwartet (25 Prozent).

Im Bereich der Lebensversicherung rechnen 96 Prozent der Befragten mit steigenden Leistungsquoten während in der Krankenversicherung rund 79 Prozent der Befragten steigende Leistungsquoten erwarten.

Allerdings haben nur 17 Prozent der Versicherer in ihren Produkten Pandemierisiken grundsätzlich abgedeckt. Bei 48 Prozent sind sie von vornherein ausgeschlossen.

Prof. Dr. Fred Wagner, Vorstand des Instituts für Versicherungswissenschaften e.V. an der Universität Leipzig, erklärt:

„Die Branche hat Sorgen um ihr Image, wenn sie Zahlungen etwa bei Betriebsschließungen verweigert, weil die abgeschlossene Versicherung das Pandemierisiko nicht beinhaltet. Die Art und Weise, wie die Versicherer mit Zahlungen umgehen, wie kulant sie sind und ob sie sich beispielsweise auch an sozialen Projekten rund um die Corona-Krise beteiligen, wird auch über ihr künftiges Image entscheiden. Gerade jetzt in der Krise haben die Versicherer die Chance, sich als Partner an der Seite der Kunden und der Gesellschaft als Ganzes zu positionieren – was langfristig positiv auf das Image einzahlen wird.“

Konsolidierung des Versicherungsmarktes erwartet

Ein weiterer Effekt der Corona-Krise dürfte mittel- bis langfristig eine Zunahme der M&A-Aktivitäten sein: 38 Prozent der Unternehmen erwarten, dass es zu einer beschleunigten Konsolidierung des Marktes kommen wird.

Thomas Korte dazu:

„Die Dauer der Krise könnte für einzelne Marktteilnehmer zu einer großen Herausforderung werden, der man gegebenenfalls nicht alleine gewachsen ist. Jedes Unternehmen sollte jetzt sein eigenes Portfolio und auch einen Verkauf von Beständen oder Beteiligungen prüfen, wenn sie einen zu geringen Wertbeitrag für die Unternehmensgruppe leisten. Auf der anderen Seite sollten interessierte strategische Investoren den Markt genau sondieren, denn es werden sich attraktive Akquisitionen oder auch partnerschaftliche Zusammenschlüsse und Fusionsüberlegungen ergeben.“

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