Wenn am 1. Februar 2020 um Mitternacht Großbritannien die Europäische Union verlässt, wird dies für alle spürbare Auswirkungen haben. Darüber, welche Folgen des Brexits für den Versicherungsschutz von Kunden der Gothaer haben wird, klärt Konstantin Engel, Leiter Steuerung International der Gothaer Allgemeine Versicherung AG, auf:
„Für den Bereich Komposit Industriekunden und Komposit Gewerbekunden gilt, dass gegenwärtig in Großbritannien gelegene Risiken entweder durch die Nutzung der Dienstleistungsfreiheit (FOS) direkt in deutschen Versicherungsverträgen mitversichert sind oder es sich um internationale Versicherungsprogramme handelt, bei denen die Risiken lokal über unseren Kooperationspartner AVIVA versichert sind, der den Vertrag in der Regel bei uns rückversichert hat. Es gibt ja eine Übergangszeit, in der die bisherige Handlungsgrundlage zunächst unverändert fortbesteht. In dieser Zeit können die aktuellen Versicherungslösungen weiter bestehen bleiben und es bleibt genug Zeit, zukünftige Versicherungslösungen in Abhängigkeit der weiteren Verhandlungs-ergebnisse neu auszugestalten.
Nach dieser Übergangsfrist gehen wir davon aus, dass Großbritannien einen vergleichbaren Status einnehmen wird, wie ihn beispielsweise die Schweiz bereits jetzt hat. Insofern ist die gute Nachricht, dass es erprobte Lösungsansätze gibt. Soweit die lokalen Risiken im Rahmen von Programmen bereits jetzt über Versicherungen vor Ort versichert sind, ergibt sich Veränderungsbedarf eventuell in der Ausgestaltung des deutschen Mastervertrags. Hierfür stehen seitens der Gothaer marktgängige Lösungen zur Verfügung.“
Nahtloser Deckungsübergang
Bei Risiken, die im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs von Deutschland aus versichert sind, sind Anpassungen notwendig. Die Lösung der Gothaer besteht darin, ihren Kooperationspartner AVIVA aufzufordern, eine lokale Police zu erstellen. Die Bestände wurden bereits auf einen entsprechenden Neuordnungsbedarf hin untersucht und es wurde eine überschaubare Anzahl umzustellender Verträge identifiziert. Die Verträge sind so gestaltet, dass sich ein nahtloser Deckungsübergang ergibt. Auch für diesen Fall ändert sich nichts an den bisherigen Gesprächspartnern der Gothaer gegenüber den Maklern und Kunden in Deutschland.
Auswirkungen auf Privatkunden
Für Privatkunden ergeben sich je nach Produkt unterschiedliche Situationen im Hinblick auf den Brexit:
Hausrat, Wohngebäude, Multirisk
Auf die Sachprodukte hat ein Brexit kaum Auswirkungen, da die Gothaer in Großbritannien kein Hausrat- oder Wohngebäudegeschäft betreibt. Lediglich die Außenversicherung aus der Hausrat und Multirisk hat Berührungspunkte, diese gilt aber ohnehin weltweit.
Haftpflichtversicherung
Für die Gothaer Haftpflichtversicherungen hat der Brexit keine direkten Auswirkungen, denn die Deckung der Privat- sowie der Tierhalterhaftpflicht gilt weltweit. Eine aktive Zeichnung für dauerhaftes Auslandsgeschäft erfolgt nach den Tarifen der Privat- sowie der Tierhalterhaftpflicht der Gothaer jedoch nicht. Es ist auch kein dauerhafter Aufenthalt in Großbritannien abgedeckt. Allerdings enthalten die Bedingungen Regeln für einen vorübergehenden Auslandsaufenthalt im europäischen Ausland.
Die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht sowie Gewässerschadenhaftpflicht und Bauherrenhaftpflicht gelten nur für Risikoorte in Deutschland.
Unfallversicherung
Die Unfallversicherung bietet einen weltweiten Versicherungsschutz. Hier gibt es für den Kunden deshalb ebenfalls keinen Effekt durch den Brexit. Eine aktive Zeichnung von Verträgen für Personen, die dauerhaft im Ausland leben, erfolgt nach den Tarifen für die Unfallversicherung im Privatkundengeschäft allerdings nicht.
Auslandsreisekrankenversicherung und Krankenvollversicherung
Bei einem Brexit sind die Verträge von Versicherungsnehmern, die vor dem Austritt Großbritanniens aus der EU ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach Großbritannien verlegt haben, weiterhin wirksam. Eine Beendigung des Vertragsverhältnisses kommt nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) in Betracht, wenn es sich zum Zeitpunkt der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes um ein Drittland handelt.
Verlegt ein Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach dem Brexit nach Großbritannien, handelt es sich bei Großbritannien zu diesem Zeitpunkt um ein Drittland und in diesem Fall kann das Versicherungsverhältnis nach den AVB im Rahmen einer Sondervereinbarung fortgeführt werden. Ist der gewöhnliche Aufenthalt nur vorübergehend nach Großbritannien verlegt, kann das Versicherungsverhältnis in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt werden. Das Versicherungsverhältnis der Auslandsreisekrankenversicherung endet mit der Verlegung des Wohnsitzes nach Großbritannien.
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