hepster hat in seinem InsurTech Report 2019 den Versicherungsmarkt in Deutschland analysiert, der geprägt ist von sich verändernden Bedürfnissen einer immer digitaler werdenden Gesellschaft.
Der Report kommt zu dem Schluss, dass sich der Versicherungsmarkt noch immer nicht schnell genug digitalisiert und sich den Kundenbedürfnissen anpasst. Deswegen verkaufen noch immer viele traditionelle Versicherungsunternehmen ihren Kunden weiterhin veraltete Versicherungspolicen mit langen Laufzeiten, hohen Beiträgen und wenig Flexibilität.
InsurTechs verändern den Markt
Durch neue IT-Techniken und vereinfachte administrative Abläufe erreichen sie vor allem die Zielgruppe der Jüngeren mit ihren Produkten. Dabei sind Flexibilität und volldigitale Prozesse im Mittelpunkt.
Aber nicht nur für den Endverbraucher ergeben sich dadurch neue Möglichkeiten, sondern auch für Partner im B2B-Sektor ist nun eine Erweiterung ihrer Geschäftsfelder und ihrer Services möglich.
Stabile Branche
Laut Zahlen des GDV gehört die Versicherungsbranche mit 436 Millionen Policen sowie rund 202 Milliarden Beitragseinnahmen in 2018 zu den stabilsten Branchen Deutschlands. Allerdings sinkt die Zahl der Versicherer deutlich: So waren es 1990 in Deutschland noch insgesamt 729 Versicherungsunternehmen, im Jahr 2017 nur noch 528. Dieser Rückgang lässt sich mit einer Konzentrierung der Gesellschaften begründen.
Im Jahr 2010 kamen bereits in Deutschland die ersten InsurTechs auf den Markt. 2015 erlebte die Branche einen regelrechten Boom und die Anzahl der Versicherungs-Start-ups steigt seit dem stetig. Ende 2018 waren laut einer Erhebung Capgeminis rund 112 InsurTechs im deutschen Markt angesiedelt.
Sicht der Verbraucher auf InsurTechs
Von den Verbrauchern haben bereits fast 30 Prozent der von hepster Befragten schon mal eine Versicherung bei einem InsurTech abgeschlossen. 24 Prozent sind dabei über Google-Anzeigen auf das Produkt aufmerksam geworden. Social Media (22 Prozent) und Vergleichsportale (18 Prozent) liegen auf den Rängen zwei und drei. Immer 12 Prozent der Abschlüsse erfolgten aufgrund einer persönlichen Empfehlung, und 5 Prozent haben ihre Versicherung als Zusatzleistung zu einem Online-Angebot gebucht.
Weniger häufig zu einem Abschluss haben Suchanfragen im Netz, Fernsehwerbung und Beiträge in Online-Magazinen geführt.
Vor allem Sachversicherungen zum Beispiel für Handy, Kamera oder Laptop, waren am beliebtesten, gefolgt von Haftpflichtversicherungen (25 Prozent) Reiseversicherungen (15 Prozent).
Service wird positiv wahrgenommen
90 Prozent der InsurTech-Kunden sehen den Service der InsurTechs positiv. Insbesondere überzeugten dabei die Preise (81 Prozent), Leistungen (76 Prozent) sowie der Möglichkeit der schnellen und einfachen Buchung (62 Prozent).
Allerdings waren die Verbraucher vor der Buchung des Versicherungsschutzes durchaus skeptisch, ob sie dem InsurTech vertrauen können (93 Prozent). Sie fürchteten zudem, dass der Service nicht reibungslos funktioniert (76 Prozent) oder es aufgrund der mangelnden Erfahrung der InsurTechs Probleme gibt (69 Prozent).
InsurTech – das unbekannte Wesen
75 Prozent der Befragten, die noch kein InsurTech-Kunde sind, hatten noch nix von diesen gehört. 5 Prozent wissen nicht, ob sie schon einmal von InsurTechs gehört haben.
Auch wenn die anderen 20 Prozent von InsurTechs gehört haben, sehen aber keinen Grund, von ihrem klassischen Versicherer abzuweichen (21 Prozent, 148 Personen), oder aber sie haben Bedenken, dass im Falle eines Schadens keine Leistungen erbracht wird (21 Prozent), oder sie vertrauen dem Unternehmen nicht (16 Prozent).
Vom Revoluzzer zum Partner
InsurTechs haben der Analyse zufolge zwar den Versicherungsmarkt nicht vollständig revolutioniert, aber immerhin dazu geführt, dass die großen Versicherer sich der Digitalisierung stellen müssen. So werden deren Produkte und Prozesse zunehmend digitaler.
Durch ihre professionellen Strukturen und ihre Branchenexpertise hat die Weiterentwicklung der traditionellen Versicherer eine enorme Geschwindigkeit erreicht. InsurTechs können nun vor allem mit ihrer Innovationskraft auf Prozesseben punkten, weniger mit Produkten und Services. Deswegen sind deren Produkte vor allem im B2B-Bereich nachgefragt, weniger bei den Endverbrauchern.
Die wenigsten InsurTechs können aufgrund einer nicht vorhandenen BaFin-Lizenz selbst als Versicherer agieren, sondern brauchen im Hintergrund einen Risikoträger. Auch sind die Einstiegshürden am Markt für Start-ups sehr hoch, da diese von einer starken Regulatorik und hohen Customer Acquisition Costs geprägt sind. Dadurch ist ein sehr hohes Investitionsvolumen notwendig.
Dies führt zu Kooperationen von Versicherern und InsurTechs, von denen beide Seiten profitieren: InsurTechs schaffen so einen leichteren Markteinstieg und die traditionellen Versicherer erhöhen ihre Innovationskraft und erreichen eine jüngere Zielgruppe.
InsurTechs – auf der Suche nach der Nische
Um sich von der Konkurrenz abzusatzen, entwickeln InsurTechs auch immer mehr sogenannte Nischenprodukte, wie die Krebsversicherung von Getsurance.
Auch bieten InsurTechs verstärkt On-demand-Versicherungen an, die kurze Laufzeiten ab einem Tag haben und zudem auch kurze Kündigungsfristen. Abomodelle sollen vor allem die jüngere Zielgruppe ansprechen.
Versicherungsbranche wird sich verändern
Während die etablierten Versicherer die Zusammenarbeit für ihre Digitalisierung und der Anpassung an Kundenbedürfnisse nutzen, nutzen InsurTechs deren Vertriebs- und Marketingkanäle.
Denn hier haben die Versicherungs-Start-ups noch großen Nachholbedarf und macht eine flächendeckende Marktdurchdringung schwierig. Ohne sich einen Namen gemacht zu haben und einem hohen Marketingbudget bleiben InsurTechs außerhalb des Fokus der Verbraucher und können auch schwerlich deren Vertrauen gewinnen.
Dennoch bringen sie die großen Versicherer in Zugzwang und bewirken so Veränderungen in der Versicherungsbranche.
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