Ordentliche Kündigung eines Handelsvertretervertrages

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Bei der ordentlichen Kündigung kann der Handelsvertretervertrag innerhalb der Fristen beendet werden, die in dem Vertrag vereinbart sind oder die sich aus dem Gesetz ergeben. Bei einer ordentlichen Kündigung gehen in der Regel aber Ausgleichsansprüche verloren. Dabei ist Folgendes zu beachten.

Mit Genehmigung der Kanzlei Wirth–Rechtsanwälte wird hier der von der Kanzlei erstellte Leitfaden für die Belange eines Handelsvertretervertrages vollständig im Rahmen einer Beitragsserie veröffentlicht. Dies ist der zweite Teil.

1. Kündigungsfristen laut Gesetz

Sind in dem Handelsvertretervertrag keine Kündigungsfristen geregelt oder verweist die Kündigungsklausel im Handelsvertretervertrag beispielsweise auf „die gesetzlichen Kündigungsfristen“, dann ist für die Frist § 89 HGB maßgeblich.

Danach gelten folgende Kündigungsfristen, die sich nach der Dauer des Handelsvertretervertrages richten:

  • ein Monat im ersten Jahr der Vertragsdauer
  • zwei Monate ab dem zweiten Jahr der Vertragsdauer
  • drei Monate ab dem dritten bis zum fünften Jahr der Vertragsdauer
  • sechs Monate ab dem fünften Jahr der Vertragsdauer

Die Kündigung kann nur zum Ende des Kalendermonats erklärt werden.

Ein Beispiel

Der Handelsvertretervertrag besteht seit zweieinhalb Jahren und es ist der 15. Mai. Nach der gesetzlichen Regelung besteht dann eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Schluss eines Kalendermonats. Die Kündigung kann somit zum 31. Juli ausgesprochen werden. Damit die Kündigung zum 31. Juli wirksam wird, muss sie bis 31. Mai ausgesprochen werden. Mit Ablauf des 31. Juli ist der Handelsvertretervertrag somit beendet.

Die Vertragsdauer und damit auch die Kündigungsfrist sind manchmal nicht ganz einfach zu bestimmen. Ist in dem Handelsvertretervertrag ein „Beginn des Vertrages“ vereinbart, dann muss man die Vertragsdauer ab diesem Datum berechnen. Fehlt es an einer konkreten Regelung, kommt es darauf an, wann der Handelsvertretervertrag zustande gekommen ist.

Das ist der Fall, wenn beide Parteien den Handelsvertretervertrag unterschrieben haben. Der Handelsvertretervertrag hat dann mit dem Datum der letzten Unterschrift unter diesem Vertrag begonnen. Bestehen jedoch Zweifel zur Vertragsdauer, sollte eine rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt eingeholt werden.

2. Vertragliche Kündigungsfristen

Kündigungsfristen dürfen im Handelsvertretervertrag nicht verkürzt, aber verlängert werden. Davon machen Strukturvertriebe häufig Gebrauch. In diesem Fall sind nicht die gesetzlichen Kündigungsfristen, sondern die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen maßgeblich. Dabei kann auch der Beendigungszeitpunkt geändert werden; zum Beispiel, dass eine Kündigung nur zum Quartalsende oder zur Monatsmitte möglich ist.

Eine Kündigungsklausel, die die Kündigungsfristen verlängert, könnte so aussehen:

Das Vertragsverhältnis ist auf unbestimmte Zeit eingegangen. Es kann im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von drei Monaten, im zweiten Jahr mit einer Frist von sechs Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von zwölf Monaten gekündigt werden. Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von 18 Monaten gekündigt werden. Die Kündigung ist nur zum Schluss eines Kalenderquartals zulässig.

Ist im Handelsvertretervertrag eine solche Klausel vereinbart, wurden die Kündigungsfristen für beide Parteien wirksam verlängert. Die Rechtsprechung hält solch lange Kündigungsfristen für zulässig und begründet dies damit, dass Handelsvertreter besonders schützenswert sind und nicht kurzfristig „vor die Tür gesetzt“ werden sollen.

Der Handelsvertretervertrag kann dann durch Kündigung ebenfalls beendet werden, endet aber wegen dieser zum Teil sehr langen Kündigungsfristen deutlich später als nach den gesetzlichen Kündigungsfristen.

Ein Beispiel

Der Handelsvertretervertrag besteht seit zweieinhalb Jahren und es ist der 28. Juni. Im Vertrag ist vereinbart, dass der Vertrag im dritten Vertragsjahr nur mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Schluss eines Kalenderquartals gekündigt werden kann. Kündigt der Handelsvertreter am 28. Juni, ist der Vertrag mit Ablauf des 30. September beendet.

Geht das Kündigungsschreiben des Handelsvertreters hingegen erst am 1. Juli beim Unternehmer ein, verlängert sich der Zeitraum bis zum Wirksamwerden der Kündigung erheblich. Die Kündigungsfrist von drei Monaten bleibt gleich, da dieser Zeitpunkt (1. Oktober) aber auf den Beginn eines neuen Quartals (drittes Kalenderquartal) fällt und die Kündigung nur zum Quartalsende erklärt werden kann, endet der Handelsvertretervertrag erst mit Ablauf des 31. Dezember.

In Kurzform gilt zur ordentlichen Kündigungsfrist Folgendes:

  1. Eine ordentliche Kündigung ist jederzeit möglich.
  2. Es müssen Kündigungsfristen beachtet werden.
  3. Kündigungsfristen können im Handelsvertretervertrag verlängert werden.
  4. Wegen der Kündigungsfristen endet der Handelsvertretervertrag nicht sofort.
  5. Die Kündigungserklärung muss dem Unternehmen (beispielsweise Strukturvertrieb) nachweislich zugehen.

Lesen Sie auch:

Im ersten Teil dieser Serie erfahren Sie allgemein Wissenswertes zur Beendigung eines Handelsvertretervertrages. Der dritte Beitrag bietet Informatives zur außerordentlichen Kündigung und der vierte erläutert, welcher Kündigungsformen der Handelsvertretervertrag bedarf.

Der fünfte Teil behandelt die Pflichten des Handelsvertreters während der Kündigungsfrist, die Rechte und Pflichten nach Beendigung des Handelsvertretervertrages stellt der sechste heraus.

Über das gesetzlich verbriefte Recht auf eine Auskunft über alle provisionspflichtigen Geschäfte informiert Teil sieben und was Handelsvertreter bei Rückforderungen von Provisionsvorschüssen prüfen sollten, behandelt der achte Serienbeitrag.