„Staatliches Sanierungskapital“: Neues Fördermodell verhindert finanzielle Überforderung

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Der Einbau einer neuen, nicht-fossilen Heizung und parallel eine energetische Sanierung einer älteren Immobilie können auf einen Schlag mehrere Zehntausend Euro kosten. Die Bundesregierung hat zwar großzügige Zuschüsse beim Heizungswechsel angekündigt, insbesondere für Eigentümerinnen und Eigentümer mit niedrigeren Einkommen. Doch auch die verbleibenden Ausgaben können erheblich sein.

Durch ein neues zusätzliches Förderinstrument wäre es möglich, eine Überlastung von Eigentümerinnen und Eigentümern selbstgenutzter Immobilien zu verhindern, weil diese monatlich für das komplette Sanierungsprogramm nicht mehr bezahlen müssen als für eine neue Gas- oder Ölheizung. Das Finanzierungsmodell würde es sogar für viele Haushalte noch attraktiver machen, früher als durch das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgeschrieben auf klimaschonende Heizungen umzusteigen.

Damit wäre ein wichtiger Beitrag geleistet, um die Klimaziele der Bundesrepublik einzuhalten. Und zwar zu vertretbaren Kosten für die öffentliche Hand und ohne die Gefahr weitreichender Mitnahmeeffekte. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.[1]

In ihrer Untersuchung entwickeln der wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr. Sebastian Dullien, und die IMK-Expert*innen für Wohnungsmärkte und für sozial-ökologische Transformation, Dr. Carolin Martin und Dr. Tom Bauermann, das Konzept eines „Staatlichen Sanierungskapitals“ für die Wärmewende. Ein wesentlicher Ausgangspunkt dafür ist die Analyse, welche Kosten für den Betrieb von Gas- und Ölheizungen in den kommenden zweieinhalb Jahrzehnten realistisch sind.

Diese würden von vielen Laien und insbesondere von Akteuren, die das GEG ablehnen, drastisch unterschätzt, weil sie den mittelfristigen Anstieg des CO2-Preises viel zu niedrig ansetzen, so die Forschenden. Ein Anlass für solche Illusionen ist, dass die Entwicklung des CO2-Preises bis 2026 noch politisch festgesetzt wurde. Dadurch steigt der Preis für den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid bis 2026 auf maximal 65 Euro. Das ist zwar schon ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Status Quo von 25 Euro, aber er verdeckt die Dynamik, die in den darauf folgenden Jahren absehbar ist.

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Denn ab 2027 soll dann ein Marktmechanismus wirken. Er koppelt, vereinfacht gesagt, den CO2-Preis an ein schnell abnehmendes Ausstoßvolumen, das mit den Emissionszielen vereinbar ist. Die nach IMK-Analyse aussagekräftigsten Studien prognostizieren, dass der Preis pro Tonne dadurch schon bis 2028 auf deutlich mehr als 200 Euro klettern könnte. Beispielrechnungen des IMK ergeben, dass bei einem Preis von 300 Euro pro Tonne die Heizkosten für ein teilweise saniertes Altbau-Einfamilienhaus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche bis 2028 um 300 Euro pro Monat steigen könnten.

Sie lägen dann mehr als doppelt so hoch wie Anfang der 2020er Jahre. Die monatlichen Heizkosten für ein genauso großes Haus mit Wärmepumpe und besserer Dämmung lägen dagegen bei etwa 100 Euro – und das bliebe auch in den Jahren danach so, wenn die Kosten für fossiles Heizen weiter anziehen. Gegenüber Gasheizungen ist der Kostenvorteil nur geringfügig kleiner.

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„Den wenigsten Menschen dürfte diese möglicherweise schon bald eintretende Belastung für den Fall eines einfachen Weiterbetriebs ihrer Heizung bewusst sein“, schreiben Bauermann, Dullien und Martin. Dabei können nicht nur fehlende Informationen eine Rolle spielen, sondern auch psychologische Mechanismen, die in der Verhaltensökonomie mittlerweile gut belegt sind: Menschen haben generell besonders große Angst vor Risiken mit potenziell hohem Schaden.

Daher wirkt die Möglichkeit, bei einer Havarie der alten Heizung kurzfristig viel Geld für eine Wärmepumpe und möglicherweise eine energetische Sanierung ausgeben zu müssen, auf etliche Immobilieneigentümer*innen abschreckender als die Aussicht, künftig jedes Jahr drastisch mehr für Öl oder Gas zu zahlen – selbst wenn das erste Risiko für die nächsten Jahre möglicherweise recht klein ist, das zweite hingegen fast sicher eintreten wird.

Hinzu kommt das in der „Heizungsdebatte“ oft spürbare Gefühl, „ungerecht“ behandelt zu werden, wenn ausgerechnet die eigene Heizung demnächst schlappmacht und dann Modernisierungspflichten greifen. Bauermann, Dullien und Martin beschreiben solche Konstellationen als „negative Lotterie“, die nach Erkenntnissen der Verhaltensökonomie bei vielen Menschen für starke Aversionen sorgt.

Das Konzept: so viel zahlen, wie mit der neuen Heizung gespart wird

Genau an diesen Punkten setzt das IMK-Konzept des „staatlichen Sanierungskapitals“ an. Es sorgt dafür, dass die Rest-Kosten nach Abzug der Förderung für den Umstieg auf eine effiziente nicht-fossile Heizung und sogar eine flankierende energetische Sanierung in selbstgenutzten Immobilien zeitlich stark gestreckt würden.

Kurzfristig muss nicht mehr gezahlt werden als für eine neue fossile Heizung. Konkret funktioniert das Förderkonzept so: Im Fall einer Heizungserneuerung müssen die Hauseigentümerinnen zunächst als Eigenanteil jene Kosten aufbringen, die für eine (hypothetische) neue Öl beziehungsweise Gasheizung angefallen wären. Für darüber hinausgehende Kosten, die für eine nicht-fossile Heizung und gegebenenfalls nötige Sanierungsarbeiten anfallen, vergibt die staatliche Förderbank KfW ein zinsgünstiges Förderdarlehen. Dessen Zinssatz soll etwa den vergleichsweise niedrigen Refinanzierungskosten der KfW entsprechen (derzeit gut 2,5 Prozent), die in diesem Fall ohne Aufschlag an die Haushalte weitergegeben werden sollen.

Die monatlich für dieses Darlehen zu zahlende Rate der Eigentümer*innen würde so bemessen, dass sie der Höhe der Einsparungen entspricht, die beispielsweise durch den Betrieb einer neu eingebauten Wärmepumpe in der sanierten Immobilie entstehen, verglichen mit den Heizkosten, die bei einer konventionellen Öl- beziehungsweise Gasheizung im unsanierten Haus entstanden wären. Wenn beispielsweise die monatlichen Heizkosten mit Öl oder Gas bei 400 Euro lägen und die mit Wärmepumpe bei 100, betrüge die Rate also 300 Euro, bei 300 versus 150 Euro wären es 150 Euro Schuldendienst.

Die monatliche Rate würde – weil ja auch Strom- und Gasverträge in der Regel für eine Laufzeit von 12 bis 24 Monaten geschlossen werden – jedes Jahr anhand der jeweiligen Brennstoffpreise neu berechnet. Von der monatlichen Zahlung würde zunächst die Verzinsung beglichen, der darüber hinaus gehende Betrag fließt in die Tilgung und würde die Darlehenssumme verringern.

Für eine Fördersumme von 40.000 bis 50.000 Euro, die etwa für eine Wärmepumpe plus energetische Sanierungsmaßnahmen realistisch erscheint, hat das IMK verschiedene Modellrechnungen angestellt. Abhängig von der Höhe des CO2-Preises wäre der KfW-Kredit in 12 bis 26 Jahren abbezahlt, wenn lediglich die monatlichen Einsparungen bei den Heizkosten überwiesen werden. Ist der Ausgangsbetrag durch die staatliche Förderung geringer, reduziert sich die Dauer entsprechend. Freiwillige Tilgungen wären darüber hinaus jederzeit möglich.

Das „staatliche Sanierungskapital“ hat nicht nur aus Sicht von Eigentümer*innen große Vorteile, argumentieren die IMK-Forschenden, sondern auch mit Blick auf Klimaschutz und Staatsfinanzen. Weil es offen ist für alle, die die Wärmewende in ihrer selbstgenutzten Immobilie nicht auf einen Schlag bezahlen können oder wollen, bremst es nicht die aus Klimasicht notwendige Beschleunigung bei der energetischen Modernisierung des Gebäudebestands aus – anders als etwa ursprünglich diskutierte „Härtefallklauseln“.

Im Unterschied zu direkten Förderzahlungen aus dem Bundehaushalt fallen KfW-Kredite nicht unter die Schuldenbremse. Schließlich begrenzt das KfW-Kreditmodell die Kosten für öffentliche Hand und Steuerzahlende. Und sollte ein Kredit trotz der vorteilhaften Konditionen platzen, wäre die Immobilie als Sicherheit verfügbar.

Um Mitnahmeeffekte zu Lasten der Allgemeinheit noch besser auszuschließen, sieht das IMK-Konzept vor, dass die prinzipielle Begrenzung der monatlichen Rückzahlungen auf die eingesparten Heizkosten dann endet, wenn die Immobilie verkauft oder vererbt wird.

Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht zurückgezahlte Summe kann bei Bedarf in ein übliches Annuitätendarlehen umgewandelt werden, gegebenenfalls mit reduziertem Zinssatz. Schließlich, so die Forschenden, sei das Förderinstrument „dafür gedacht, für Immobilieneigentümer*innen in einem selbst bewohnten Eigenheim für deren Lebzeit eine finanzielle Überlastung durch verschärfte GEG-Vorschriften zu vermeiden, nicht das Vermögen etwa von Erben zu schützen.“

Anmerkungen:

[1] Tom Bauermann, Sebastian Dullien, Carolin Martin: Mit staatlichem Sanierungskapital die Wärmewende unterstützen. Ein Vorschlag für ein neues Instrument, um die Akzeptanz strengerer Heizungsstandards zu erhöhen. IMK Policy Brief Nr. 153, Juni 2023.

Bilder (2–3): © Hans-Böckler-Stiftung