Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revisionen zweier Frankfurter Investmentbanker sowie der beteiligten vermögensverwaltenden Gesellschaft eines der beiden Angeklagten ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. September 2021 aufgrund eines jeweils identischen Verfahrensfehlers aufgehoben.
Das Landgericht hatte den einen Angeklagten wegen vorsätzlichen Insiderhandels gemäß § 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG in Verbindung mit Artikel 14 lit. a) der VO (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (MAR) in 55 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den weiteren Angeklagten wegen desselben Vergehens in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Es hatte ferner gegen den einen Angeklagten die Einziehung eines Betrages von 45.311.418,52 Euro, gegen den anderen Angeklagten in Höhe von 160.000 Euro als Gesamtschuldner mit der sein Vermögen verwaltenden Gesellschaft und gegen diese selbst als Einziehungsbeteiligte in Höhe von 3.339.699,13 Euro angeordnet.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen war der eine Angeklagte als Abteilungsleiter einer Investmentgesellschaft in Frankfurt/Main für das Management mehrerer Fonds verantwortlich. Diese bewegten täglich ein Handelsvolumen von mehr als 500 Mio. Euro. Er wusste, dass die für die von ihm gemanagten Fonds ausgelösten Orders Marktrelevanz besaßen und dass sich bei einem Kauf beziehungsweise Verkauf einer Aktie diese im Wert um durchschnittlich 0,6 bis 0,8 Prozent veränderte.
Diesen Effekt machte er sich persönlich durch den Erwerb privater "Call" beziehungsweise "Bull"-Derivate im Wege des sogenannten "Front-Runnings" zunutze. In 55 Einzelfällen erwarb er im Wege des verbotenen Insiderhandels insgesamt mehrere Millionen börsengelistete Derivate als Hebelprodukte, die die Wertentwicklung einer Akte abbildeten und die er zeitnah nach dem entsprechenden Aktiengeschäft der Investmentgesellschaft wiederverkaufte. Durch die Verkäufe erlöste er 45.311.418,52 Euro. Sein Gewinn lag bei 8.114.072,35 Euro.
Der weitere Angeklagte erwarb, nach entsprechender Information durch den mit ihm befreundeten Mitangeklagten, in 19 Fällen in gleicher Art und Weise Derivate für die Einziehungsbeteiligte. Durch deren zeitnahen Verkauf nach dem Aktiengeschäft des Investmenthauses erlöste diese 3.339.699,13 Euro. Ihr Gewinn lag bei 333.732,33 Euro. Hiervon leitete der Angeklagte 160.000 Euro als Gesellschafterdarlehen auf sein Privatkonto weiter.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil auf die Revisionen der drei Beschwerdeführer mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Strafkammer hat ihre Beweiswürdigung in allen Fällen auf Urkunden gestützt, ohne diese ordnungsgemäß zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen, da sie umfangreichen Listen, die die getätigten Aktiengeschäfte der Investmentgesellschaft bzw. den privaten Derivathandel der Angeklagten abbildeten, weder in der Hauptverhandlung förmlich verlesen noch im Wege des nach der Strafprozessordnung möglichen Selbstleseverfahrens in diese eigeführt hat.
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
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