Aon plc hat seine Marktprognose 2023 für den deutschen Versicherungsmarkt veröffentlicht. Der Bericht zeigt, dass Geschäftsstrategien, Märkte und Investitionen mehr als je zuvor von geopolitischen und makroökonomischen Risiken beeinflusst werden. In volatilen Märkten greifen konventionelle Risikomodelle zu kurz und empirische Zusammenhänge versagen. Zukünftig müssen Unternehmen viel stärker in die Risikoprävention gehen.
Der russische Überfall auf die Ukraine hat zu Verwerfungen an den Rohstoffmärkten geführt, die Energiemärkte auf den Kopf gestellt und die Inflation weiter angeheizt. Viele Lieferketten, die schon während Corona weltweit ins Stocken geraten sind, drohen endgültig abzureißen.
Auch Versicherer spüren die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts, weil die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise Schäden deutlich verteuern. Hartmuth Kremer-Jensen, Geschäftsführer und Chief Broking Officer für die DACH-Region bei Aon, erklärt:
Die harte Marktphase ist noch nicht vorbei, aber wir sehen in einigen Versicherungssparten eine leichte Entspannung.
In der Vergangenheit führte die Kumulkontrolle der Versicherer zu starken Reduzierungen von Einzelkapazitäten und zu hohen Preisen. Im Rahmen der zurückliegenden Renewals seien größere Prämiensprünge ausgeblieben, stellt Kremer-Jensen fest. „Wir haben Analysen bei Industriekunden mit komplexen Risiken bei zunehmender Volatilität durchgeführt. So ließen sich mögliche Schwachstellen im Vorfeld ausräumen und passgenaue Versicherungslösungen einkaufen“.
Die energiepolitischen Folgen des Ukraine-Konflikts beschleunigen die Energiewende in Europa und in Deutschland. Einen wichtigen Eckpfeiler, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, wird der grüne Wasserstoff sein, der mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Grüner Wasserstoff kann energieintensive Industrieprozesse klimafreundlich und erneuerbare Energie grundlastfähig machen.
Doch noch fehlt es an einer Infrastruktur für eine klimaneutrale Energieproduktion und -versorgung. Sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Kommission haben deshalb finanzielle Anreize geschaffen, um grünen Wasserstoff marktfähig zu machen.
Unternehmen und Versicherer, die entschlossen die Energiewende mitgestalten wollen, sind gefordert, potenzielle Risiken rund um die industrielle Produktion, die Lagerung und den Transport von Wasserstoff proaktiv zu managen.
„Das ist eine Herkulesaufgabe“, weiß Kremer-Jensen. Das individuelle Underwriting von komplexen Risiken sei ein anspruchsvoller Prozess, an dem zahlreiche Fachexperten mitwirken.
Insbesondere in Spezialbereichen, wie den Technischen Versicherungen, fehlt es aber an umfangreichem fachlichem Know-how. Denn der Fachkräftemangel macht auch vor den Versicherern nicht halt.
Kremer-Jensen rechnet deshalb damit, dass der Bedarf an qualitativ hochwertiger Individualberatung überproportional ansteigen wird: „Die ökologische Transformation kann nur gelingen, wenn Unternehmen, Versicherer und Makler ihr Wissen und ihre Kräfte bündeln und an einem Strang ziehen.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
Offshore-Wind: Innovationen, Risikotrends und Schadenmuster
Technologie, wirtschaftlicher Druck, extreme Wetterbedingungen, Kabelschäden und Kollisionsgefahren sowie die Berücksichtigung von Umweltfaktoren: Projektentwickler und ihre Versicherer müssen eine Reihe von Risiken bewältigen, um die Offshore-Windkraft weltweit erfolgreich zu skalieren.
Swiss Re erwartet anhaltende Wachstumsdynamik in der Schaden-Rückversicherung
Bedingt durch neue Risikopools und eine kontinuierliche Anpassungen der Prämiensätze dürfte der Nichtleben-Rückversicherungsmarkt in den nächsten zehn Jahren stärker wachsen als das BIP. Der Zehnjahresausblick für den Markt zeigt ein nominales Wachstum von etwa 5,4 Prozent pro Jahr.
Entwicklungen am weltweiten Versicherungsmarkt
Trotz der Krise bleibt die Branche auf Wachstumskurs, was vor allem auf eine starke Markterholung im Anschluss an die Pandemie, Zinsstraffungen sowie einen starken Anstieg der Prämien in den Schwellenländern zurückzuführen ist. Allerdings ist die Weltwirtschaft schwächelnd und die Inflation hoch.
Preiserhöhung als Inflationsschutz: Kann das reichen?
Die Erhöhung der Leitzinsen verstärkt den Druck auf Deutschlands Unternehmen, sich gegen die Inflation abzusichern. Eine Maßnahme allein wird nicht zielführend sein.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Klimarisiken: Unternehmensbewertungen als Kompass in stürmischen Zeiten
Extreme Wetterereignisse stellen die Versicherungswirtschaft vor eine Zeitenwende. Eine solide Kapitalbasis reicht nicht mehr – gefragt ist Anpassungsfähigkeit. Warum unabhängige Stabilitätsbewertungen gerade jetzt zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden könnten, erklärt Abdulkadir Cebi, Bereichsleiter bei Assekurata.
„Krisen sind der Nährboden für Ideen“
Der Industrieversicherungsmarkt steht 2025 im Zeichen von Klimawandel, geopolitischen Konflikten und Cyber-Bedrohungen. Der neue Aon Marktreport zeigt, wie sich die Branche aufstellt – und warum Datenanalyse und HR-Strategien entscheidend werden.
Naturgefahrenschäden 2025: GDV warnt trotz Rückgang vor wachsendem Extremwetter-Risiko
Die versicherten Schäden durch Sturm, Hagel, Starkregen und Überschwemmungen lagen im ersten Halbjahr 2025 unter den Vorjahreswerten. Doch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warnt: Der langfristige Trend zeigt nach oben – und fordert ein Gesamtkonzept für besseren Schutz.
Großbrand im Hamburger Hafen: Regulierung der Schäden wird zum Mammutprojekt
Großbrand im Hamburger Hafen: Die Regulierung der Schäden wird Monate dauern. Explosionen, verletzte Personen und immense Sachschäden stellen Versicherer und Gutachter vor enorme Herausforderungen – von Haftungsfragen bis hin zu möglichen Umweltschäden.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.