Wer ist eigentlich schuld, wenn die Nachfolge nicht klappt?

© Andrey Popov – stock.adobe.com

Nicht jede Nachfolge klappt. In manchen Fällen scheitern die aufwendigen Projekte. Auch dann, wenn eigentlich alles gut gegangen ist und ein Nachfolger oder Käufer gefunden wurde und mit diesem eine Lösung für den eigenen Versicherungsbestand oder Investmentbestand vereinbart worden ist. Die Frage ist dann nur: wer ist schuld?

Ein Beitrag von Andreas Grimm, Geschäftsführer Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren GmbH

Andreas Grimm, Geschäftsführer, Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren GmbH © Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren GmbH

Es ist einfacher zu ertragen, wenn man bei einem gescheiterten Projekt einen Schuldigen präsentieren kann. Den kann man beschimpfen, belehren oder gar verklagen, wenn die Dinge nicht so gelaufen sind, wie geplant. Wenn man keinen Nachfolger gefunden hat, den Bestand – ohne es möglicherweise gemerkt zu haben – weit unter den Marktpreisen verkauft hat oder eine überhaupt nicht erwartete „Rechnung“ vom Finanzamt gekriegt hat.

Richtig gut wird es dadurch trotzdem nicht, aber wenn es gelingt, schuldhaftes Verhalten nachzuweisen, kann man möglicherweise zumindest auf Schadenersatz klagen. Zumindest wenn man die Schuld an sich und auch die Höhe des Schadens nachweisen kann – vor Gericht oftmals eine „mission impossible“.

Zumindest kann man mit einer Klage die eigenen Rachegelüste etwas befriedigen. Und wenn man richtig gut ist, gelingt es vielleicht sogar den einen oder anderen windigen Marktteilnehmer in den Knast zu schicken, wenn er regelmäßig mit schwerer betrügerischer Absicht unterwegs sein sollte und so private Existenzen ruinieren sollte.

Besser wäre es natürlich, wenn sich ein Verkäufer vor dem Deal seinen Vertragspartner gründlicher ausgesucht hätte, Bonität und Leumund geprüft und sich dann auch mit Hilfe eines sehr guten Anwalts abgesichert hätte. Hätte, hätte, Fahrradkette ist dann die letzte Weisheit, wenn man irgendwann erkennt, es wäre wirklich besser gewesen, mit etwas mehr Vorsicht und Misstrauen die Sache anzugehen.

Die Sache wer denn DER Schuldige ist, ist allerdings in den meisten Fällen eine sehr unangenehme Erkenntnis. Denn oft läuft das nur auf ein und dieselbe Person hinaus. Und in den wenigsten Fällen geht es dabei um Übervorteilung oder um Straftaten wie Betrug.

Es geht oft einfach nur um Missverständnisse wie beispielsweise bei der Definition des Begriffs „Bestand“. Da kann man nämlich den Vertragsbestand des Verkäufers VOR der Übergabe meinen, man kann aber auch „nur“ den Bestand meinen, der nach der Bestandsübertragung beim Käufer tatsächlich courtagewirksam angekommen ist. Andere verstehen darunter das gesamte Maklerunternehmen inklusive der Stornoreserveguthaben des Maklers und der gesamten Betriebs- und Geschäftsausstattung. Da können die Vorstellung sehr weit auseinanderliegen. Wenn solche Dinge erst nach der Übergabe transparent werden, kann es ziemlich krachen. Und wenn es kracht, wird es meistens sehr teuer.

In der weit überwiegenden Zahl der Fälle gibt es nur einen Schuldigen oder eine Schuldige. Und das sind die Inhaber der Unternehmen selbst.

Die einen stolpern in ihren eigenen Bestandsverkauf, ohne sich grundlegend zu informieren und ohne wirklich nachzudenken, was sie da gerade machen. Andere stellen so hohe Ansprüche an Käufer oder Nachfolger oder haben sich ein viel zu genau definiertes Szenario in den Kopf gesetzt, wie sie ihre Nachfolge konkret umsetzen wollen. Andere starten schlicht und einfach viel zu spät in ihr eigenes Nachfolgeprojekt. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen.

Am Ende steht immer der Seniormakler oder die Seniormaklerin, die ihren Bestand verkaufen will als Schuldige oder Schuldiger da. Und genau diese Person kann man weder verprügeln noch verklagen oder ins Gefängnis schicken. Und genau bei dieser Person tun sich die Menschen unglaublich schwer, sie als Schuldige zu akzeptieren.