Trendwende auf dem Immobilienmarkt

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Die real erzielten Transaktionspreise für Wohnimmobilien hat das Sprengnetter-AVM-Team rund um COO Christian Sauerborn analysiert. Im Zeitraum 01.01.2021 bis 30.09.2022 wurden rund 360.000 Kaufpreise mit einem gesamten Transaktionsvolumen in Höhe von etwa 165 Milliarden Euro betrachtet.

Hierbei lag der Fokus sowohl auf der Analyse der Zahlen für ganz Deutschland als auch für die Teilmärkte Berlin, Hamburg, München und Köln. Daneben wertete das Data Science Team mit 1.590.000 Kauf- und 2.310.000 Mietangeboten (Zeitraum: 01.01.2020 bis 17.10.2022) auch den Angebotsmarkt aus.

Kaufpreise in Deutschland sind insgesamt gefallen

Das Ergebnis: Die Kaufpreise für Wohnimmobilien sind in Quartal 3 deutlich gefallen. Die Negativentwicklung beträgt im Teilmarkt Einfamilienhaus -3 Prozent gegenüber dem 2. Quartal, im Teilmarkt Eigentumswohnung -4 Prozent. Damit wird die Zäsur auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt erstmals nach den moderaten Preisabfällen in Quartal 2 um rund 1 Prozent sehr deutlich.

Das Gefühl vieler Marktakteure, dass die Preise nachgeben, täusche nicht, erläutert Christian Sauerborn, COO bei Sprengnetter-AVM. Die Kaufpreise seien tatsächlich signifikant gefallen. Mit Blick auf das sprunghaft angestiegene Angebot an Verkaufsobjekten und unter der Berücksichtigung, dass der Immobilienmarkt immer eine gewisse Vorlaufzeit an den Tag legt, könne erwartet werden, dass sich dieser Abwärtstrend wenigstens im Folgequartal noch einmal leicht verstärkt fortsetzen wird.

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Teilmarkt Berlin: noch geringe Schwankungen

Die für den Berliner Markt durch viele Beratungsgespräche mit Marktakteuren vermuteten extremen Preisrückgänge lassen sich nicht bestätigen. Q3/22 weist sogar eine moderate Preissteigerung von +0,5 Prozent zum Vorquartal auf. Im Vergleich von Q3/22 zu Q3/21 sind die Berliner Wohnimmobilienpreise um +6,2 Prozent gestiegen.

Diese Zahlen gelten wohlgemerkt für Berlin insgesamt, betont Sauerborn. Bei der Betrachtung einzelner Stadtteile und Marktsegmente könne es naturgemäß zu nach oben oder unten abweichenden Tendenzen kommen, was dann oftmals die subjektive Wahrnehmung deutlicher präge, als ein – vielleicht noch – eher weniger ’spektakulärer‘ Wert für die Metropole insgesamt.

Das Ergebnis könne den einen oder anderen überraschen, so Sauerborn weiter. Es sollte jedoch nicht der Einfluss der Erfahrungen aus den letzten Jahren auf unsere Erwartungshaltung übersehen werden: Basierend darauf rechnen viele Marktteilnehmer fest mit einem konstanten Anstieg von bis zu 5 Prozent pro Quartal. Wenn dann die Preise tatsächlich nicht mehr steigen oder gar fallen und es wieder zu echten Preisverhandlungen zwischen Käufern und Verkäufern komme, widerspreche das der Erfahrung, was zu einem Gefühl extremer Rückgänge führe. Dass es soweit aber – zumindest noch – nicht sei, zeige diese Analyse der einzig wirklich belastbaren Fakten, nämlich der Kaufpreise.

Teilmarkt Köln: moderates Wachstum, negative Preisentwicklung

Im Kölner Wohnimmobilienmarkt ist im Vergleich von Q3/22 zu Q2/22 mit +1,4 Prozent eine moderate Steigerung bei Wohnimmobilienpreisen messbar, wobei der Markt im Vergleich von Q2/22 zu Q1/22 bereits um -4,5 Prozent nachgegeben hatte. Die Preisentwicklung von Q3/22 zu Q3/21 ist dementsprechend mit -2,3 Prozent negativ.

Teilmarkt München: heftiger Einbruch

Die Münchner Ergebnisse sind eindeutig negativ geprägt. Die Analyse der Transaktionspreise von Q3/22 zu Q2/22 zeigt einen Rückgang von -5,6 Prozent, nachdem der Markt von Q2/22 zu Q1/22 bereits -4,4 Prozent verloren hatte. Damit sind die Münchner Wohnimmobilienpreise im Jahresvergleich Q3/22 zu Q3/21 um ebenfalls -5,6 Prozent gesunken. Hier zeige sich deutlich, dass sich insbesondere die überhitzten Märkte, wie es in München sicherlich der Fall gewesen sei, nach unten regulieren, so Sauerborn.

Teilmarkt Hamburg: starker Rückgang

Auch der Hamburger Wohnimmobilienmarkt gibt deutlich nach. Mit einer Negativtendenz von -5,4 Prozent fallen die Preise von Q3/22 zu Q2/22 signifikant, nachdem Q2/22 zu Q1/22 noch ein geringfügiges Wachstum von +1,3 Prozent gezeigt hatte. Im Jahresvergleich von Q3/22 zu Q3/21 ist daher mit -1,3 Prozent keine Preissteigerung mehr messbar.

Gesamtentwicklung zum Vorjahresquartal

Zum Vorjahresquartal lässt sich über ganz Deutschland gemessen immer noch eine leicht positive Entwicklung nachweisen. So beträgt die Steigerung im Teilmarkt Einfamilienhaus Q3/22 zu Q3/21 +2,6 Prozent, der Teilmarkt Eigentumswohnungen verzeichnet allerdings ein Minus in Höhe von -1,5 Prozent.

Die Entwicklung des Angebotsmarktes

Der Vollständigkeit halber warfen die Analysten auch einen Blick auf die Angebotspreise: Die Angebotspreise über ganz Deutschland haben seit der letzten Messung am 21.07.22 mit 3.200 Euro pro m² zu 3.300 Euro pro m² kaum nachgegeben, erläutert Sauerborn.

Die Analyse der zehn Großstädte Berlin, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart zeigt dagegen einen drastischen Einbruch von 6.300 Euro pro m² zu 5.800 Euro pro m² und damit einen Rückgang der Angebotspreise um rund – 8 Prozent (Oktober zu Juli 2022).

Sowohl die Kaufpreise als auch die Angebotspreise seien in einigen Städten faktisch gefallen, so Sauerborn. Dass sich die Rückgänge deutlich höher anfühlen liege daran, dass die Angebotspreise sich grundsätzlich deutlich volatiler verhalten als die am Ende ausgehandelten Kaufpreise. Dementsprechend weiche in solch wirtschaftlich turbulenten Zeiten wie heute auch die gemessene Kaufpreisentwicklung stark von der gefühlten Angebotspreisentwicklung ab.

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Trendwende vom Käufer- zum Verkäufermarkt bestätigt

Der Index der zum Kauf inserierten Wohnimmobilien zeigt deutlich die Trendwende vom Käufer- zum Verkäufermarkt. Der Index der Objekte steht in den beobachteten Großstädten bei 124 versus 95 (Wert vom 21.07.22). In Deutschland insgesamt steht der Index bei 149 versus 113 (Wert vom 21.07.22).

Das seien extrem viele Objekte, die auf den Markt drängen, erklärt der COO. Gepaart mit der der Kaufzurückhaltung und den längeren Vermarktungszeiten erkenne man hier den Beleg für die Trendwende vom Käufer- zum Verkäufermarkt. Ob es dadurch auch zu einem Preisverfall kommen wird, wie mancherorts zu hören, bleibt abzuwarten.

Der der klassische Wohnimmobilienmarkt brauche rund ein Jahr, um sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen, führt Sauerborn aus. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass Eigentümer bei einer Preisspirale nach unten nicht mitspielen werden. Die Anbieter, die nicht unbedingt verkaufen müssen, könnten zum Beispiel auf eine Vermietung ausweichen. Dieses Ausweichverhalten lasse sich bereits in ersten Ansätzen aus den Daten ablesen, die in den Mietmärkten gemessen wurden.

Was passiert auf den Mietmärkten?

Die Mietpreise bewegen sich wenig in ihrer Höhe. Die Quadratmeterpreise in den beobachteten Großstädten liegen bei aktuell rund 13,33 Euro pro m² versus 13,30 Euro pro m² (Wert vom 21.07.22), über ganz Deutschland betrachtet bei rund 9,93 Euro pro m² vs. 9,84 Euro pro m² (Wert vom 21.07.22). Auffällig ist jedoch eine deutliche Steigerung in der Anzahl der Mietobjekte. Der Index steht in den Großstädten bei 99 versus 87 (Wert vom 21.07.22), in Deutschland insgesamt bei 125 vs. 108 (Wert vom 21.07.22).

Methodik und Zahlenwerk

Sprengnetter liest seit dem 01.01.2020 regelmäßig die Angebotszahlen des deutschen Wohnimmobilienmarktes aus. Für diese Analyse wurden 2.311.482 Mietobjekte und 1.587.939 Kaufobjekte bis zum 17.10.2022 betrachtet. Darüber hinaus wurden rund 360.000 Kaufpreise von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen mit einer gesamten Kaufpreis-Summe von rund 165 Milliarden Euro im Zeitraum 01.01.2021 bis 30.09.2022 analysiert.

Der durchschnittliche Kaufpreis von Einfamilienhäusern betrug über den analysierten Zeitraum übrigens 507.000 Euro, der Kaufpreis von Eigentumswohnungen 376.000 Euro.

Bilder (2–4): © Sprengnetter GmbH