Um realistisch einzuschätzen, wie hoch die eigene Rente künftig ist, reicht der Blick in die gesetzliche Renteninformation nicht. Abhilfe können digitale Plattformen schaffen, über die gesetzliche, betriebliche und private Renteneinkünfte einsehbar sind, wie sie beispielsweise in Schweden oder den Niederlanden schon existieren.
Forscher*innen des Leibniz-Instituts für Finanzmarkforschung SAFE und des ZEW Mannheim haben in einer Studie untersucht, welche Auswirkungen eine solche digitale Plattform auf die Rentenplanung und das Sparverhalten haben kann. Sie kommen zu dem Schluss, dass eine einfache digitale Übersicht vor allem Personen mit geringerer Finanzbildung helfen kann.
Die Ergebnisse aus der Felduntersuchung zeigen, dass es sich lohne nationale, digitale Rentenübersichtsplattformen einzuführen, folgert Ko-Autor Andreas Hackethal, der am Leibniz-Institut SAFE forscht und das Projekt „Pension Finance Lab“ leitet. Bei der Befragung gaben dreiviertel der Proband*innen an, dass die für die Studie modellierte Digitalplattform sehr bei der Planung der Altersvorsorge half.
Vereinfachte Rentenübersicht beeinflusst Sparverhalten
Außerdem konnten die Forschenden Tabea Bucher Koenen (ZEW), Andreas Hackethal, Johannes Kasinger und Christine Laudenbach (alle SAFE) feststellen, dass Nutzer*innen der digitalen Rentenübersicht ihr Sparverhalten anpassten. Besonders deutlich ist dieser Effekt innerhalb einer Gruppe: Personen mit wenig Finanzbildung, die unser Tool nutzten, haben nach dem Experiment durchschnittlich 3.354 Euro mehr auf den Sparkonten gehabt als die Kontrollgruppe, so Tabea Bucher-Koenen, Leiterin des Forschungsbereichs „Alterssicherung und nachhaltige Finanzmärkte“ am ZEW.
Im Frühjahr 2017 wurden für das Experiment zunächst 14.267 Kund*innen zweier großer deutscher Banken eingeladen. Letztlich nahmen 747 Individuen bis zum Schluss am Experiment teil, von denen 420 Personen die Digitalplattform nutzten und drei Umfragen beantworteten. 327 Personen befanden sich in der Kontrollgruppe ohne Zugang zum Tool und wurden zweimal befragt. Für die digitale Rentenübersicht nutzte das Forscherteam nur die von den Kund*innen bereitgestellten Informationen und berechnete so die mögliche Rentenhöhe.
Auffällig ist, dass ein Großteil der Befragten männlich ist, eine gute Finanzbildung besitzt und eine hohe Rente zu erwarten hat. Die Zusammensetzung der Teilnehmenden zeige, dass es herausfordernd sein werde, insbesondere die Haushalte mit begrenzten finanziellen Kenntnissen und geringem Interesse an der Altersvorsorge zu erreichen, so Christine Laudenbach, Leiterin der Forschungsabteilung „Household Finance“ bei SAFE. Hackental ergänzt:
Eine einfache und niederschwellige Rentenübersicht kann helfen, fehlende Finanzbildung in Haushalten auszugleichen und ist eine Chance, potenzielle Rentenlücken zu schließen.
Das Forschungsteam schlägt daher vor, eine digitale Rentenübersicht maximal einfach und nutzerfreundlich zu gestalten. Dazu muss der Datenupload weitgehend automatisiert erfolgen können und die Nutzerführung muss sich an den Standards moderner mobiler Apps orientieren. Aktuell entwickelt ein Team rund um Andreas Hackethal und gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Hessische Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung eine Beispielapp, um ganz konkrete Impulse für Altersvorsorgemarkt und Wissenschaft zu setzen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Inflation: Deutsche schätzen ihr Vermögen falsch ein
Die Bundesbürger sind gut darüber informiert, wie sich hohe Inflation auf Erspartes und Einkommen auswirkt. Wenigen ist aber bekannt, dass auch der Schuldenstand von der Geldentwertung beeinflusst wird. Wie sich fehlende Finanzbildung auf die Entscheidungen der Deutschen auswirkt.
Sorge um den Lebensstandard im Alter wächst
Zwei Drittel der Menschen in Deutschland sorgen sich, ihren Lebensstandard in der Rente nicht mehr halten zu können – 9 Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren. Damit einher geht bei 58 Prozent die Angst, einmal von Altersarmut betroffen zu sein.
Rentenpräsidentin warnt vor Vertrauensverlust
Mit der nochmaligen Kürzung des Bundeszuschusses in dreistelliger Millionenhöhe bricht der Bund wiederholt feste Finanzierungszusagen gegenüber der Rentenversicherung. Die Konsolidierung des Bundeshaushalts hat hohe Priorität. Doch darf sie nicht zu Lasten der Rentenversicherung gehen.
Finanzielle Zuversicht auf dem absteigenden Ast
Für die große Mehrheit der Deutschen sind Selbstbestimmung und Unabhängigkeit wichtige Bedürfnisse. Doch nur noch die Hälfte der Bundesbürger fühlt sich derzeit selbstbestimmt. Infolge hat ihre finanzielle Zuversicht und das Vertrauen in die Altersvorsorge der abgenommen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
BFH-Urteil zum freiwilligen Wehrdienst: Wann Kindergeld trotz Soldatendienst gezahlt wird
Der Bundesfinanzhof schafft Klarheit: Ein freiwilliger Wehrdienst allein begründet keinen Anspruch – doch wer ausbildungswillig ist und keinen Platz findet, kann profitieren. Was das Urteil für Familien bedeutet.
Geldanlage: Sicherheit vor Rendite – aber mit wachsender Risikobereitschaft
Für die meisten Deutschen steht Sicherheit bei der Geldanlage weiterhin an erster Stelle. Das zeigt eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der BarmeniaGothaer. Während klassische Sparformen dominieren, gewinnt das Interesse an renditestärkeren Alternativen wie Fonds und Aktien langsam an Bedeutung.
Insolvenzverfahren der P&R-Gruppe: Über 666 Millionen Euro an Gläubiger verteilt
In den Insolvenzverfahren der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften wurde nunmehr die vierte Abschlagsverteilung vorgenommen. Insgesamt rund 122 Millionen Euro wurden an mehr als 54.000 Gläubiger ausgezahlt.

Steuerbonus aus der Nebenkostenabrechnung
Versteckte Steuerersparnis in der Betriebskostenabrechnung: Wer haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gezielt nutzt, kann jährlich mehrere hundert Euro direkt von der Steuer abziehen. Was § 35a EStG erlaubt, wie man eine Bescheinigung bei der Hausverwaltung anfordert – und worauf Mieter und Eigentümer jetzt achten sollten.