Die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung wird in Deutschland und Europa zum Beratungsalltag; ausgenommen von der Pflicht zur Präferenzerfassung sind vorläufig Vermittler mit der Zulassung nach § 34f GewO. Vor diesem regulatorischen Hintergrund launchen die BCA und die BfV Bank für Vermögen ein Software-Update der Abwicklungsplattform DIVA, um Finanzberatern, Haftungsdachpartnern und Versicherungsvermittlern den Einstieg in die ESG-Beratung zu erleichtern.
Seit dem 02. August 2022 sind Finanzberater in der Anlageberatung verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden einzuholen; aufgrund einer Regulierungslücke besteht diese Verpflichtung vorerst nicht für Berater nach § 34f GewO.
Grundlagen für die Regulierung sind die EU-Taxonomie und die EU-Offenlegungsverordnung; die erste Verordnung legt fest, was unter ökologisch nachhaltigen Anlageformen zu verstehen ist, die zweite definiert Investitionen, die zur Erreichung eines Umwelt- oder sozialen Ziels geeignet sind, beziehungsweise in welche Unternehmen aufgrund guter Unternehmensführung investiert werden kann. Hinzukommen Ausschlusskriterien, über die negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsaspekte vermieden werden sollen.
Die Regulierungsvorgaben für unsere Branche chancenorientiert umzusetzen, sei für Anspruch und Ansporn zugleich, so der BCA Vorstandsvorsitzende Rolf Schünemann. Die BCA Gruppe begegne daher der regulatorischen Verpflichtung zur Erfassung der Nachhaltigkeitspräferenz im Investmentbereich mit einem neuen digitalen Feature der Abwicklungsplattform DIVA.
Hier erfolge die Erfassung der Nachhaltigkeitspräferenzen in sieben kurzen Schritten, die in eine aussagestarke grafische Darstellung münden. Im Ergebnis werden dadurch individuelle Nachhaltigkeitsprofile auf einen Blick sichtbar und stiften für den Kunden einen Erkenntnisgewinn über die eigentliche Beratung hinaus. Die Erfassung der Nachhaltigkeitspräferenzen im Versicherungsbereich erfolge über die bewährten Software-Lösungen des Kooperationspartners Franke und Bornberg, berichtet der Vorstandsvorsitzende.
Dr. Frank Ulbricht, Vorstandsvorsitzender der Bank für Vermögen, sieht eine Herausforderung im zeitlichen Ablauf der Regulierung, so ist die Erfassung der Nachhaltigkeitspräferenz bereits ab dem 02. August verpflichtend, die technischen Regulierungsstandards der EU (RTS), in denen die Nachhaltigkeitsmerkmale von Finanzprodukten verbindlich geregelt werden, erfolgt jedoch erst frühestens im Januar 2023. Entsprechend kann es hier zu einem Missverhältnis von präzisen Nachhaltigkeitsprofilen auf der einen und zunächst geringer Produktauswahl auf der anderen Seite kommen.
So sei die bisherige Datenlagen auf dem European ESG Template, der branchenweiten Plattform für die Fondsdatenverwaltung noch überschaubar, erläutert Dr. Ulbricht. Man habe deshalb in Kooperation mit dem Finanz- und Analyseunternehmen Morningstar einen Produktfilter entwickelt, um in der Beratung für verschiedene Nachhaltigkeitsprofile konkrete Investmentlösungen anbieten zu können; dieses Angebot werde sukzessive erweitert und präzisiert.
Im Hinblick auf die noch ausstehende verbindliche Regelung der Nachhaltigkeitsmerkmale von Finanzprodukten empfiehlt Rolf Schünemann Maklern, Vermittlern und Finanzberatern einen moderaten Einstieg in ESG-Profilierung. So sei es sinnvoll, zunächst nur einen Teil der Anlage nach ESG zu allokieren und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt nachzujustieren. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Umsetzung in der Software sehe diese Möglichkeit vor.
Neben der konkreten ESG-Umsetzung umfasst das Engagement der BCA Gruppe auch ein umfangreiches Weiterbildungsangebot für Vermittler und Finanzberater; denn perspektivisch wird die Nachhaltigkeit ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Finanzdienstleistungsbranche.
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