Die Rekordschäden durch Naturgewalten im letzten Jahr haben die Diskussion um eine gesetzliche Versicherungspflicht gegen Elementarschäden erneut angeheizt. Fast 80 Prozent der deutschen Hausbesitzer sprechen sich für eine solche Pflichtversicherung gegen Unwetterschäden aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Verivox-Umfrage unter 1.024 privaten Hausbesitzern.
79 Prozent der Befragten fänden eine Versicherungspflicht gegen Elementarrisiken wie Starkregen, Hochwasser und andere Naturgefahren richtig. Nur 16 Prozent sind gegen eine gesetzliche Pflichtversicherung. Wie die Verivox-Umfrage zeigt, hatten viele Hausbesitzer in jüngster Zeit selbst mit Unwetterschäden zu kämpfen. Bei mehr als jedem Achten (13 Prozent) ist das eigene Haus in den letzten 12 Monaten durch Naturgewalten wie Starkregen, Hochwasser oder Sturm beschädigt worden. Insgesamt hatten 39 Prozent der Befragten schon einmal einen wetterbedingten Schaden am Haus. Bei rund vier von zehn Geschädigten wurde das Haus nach eigener Einschätzung mittelschwer (36 Prozent) bis stark (3 Prozent) in Mitleidenschaft gezogen.
Sieben von zehn befürchten Zunahme von Naturkatastrophen
Auch die Daten der deutschen Versicherer zeigen: Nie zuvor gab es in Deutschland so viele Schäden durch Naturgewalten wie im letzten Jahr. Allein die Flutkatastrophe im Sommer, als Sturzfluten infolge extremer Starkregengüsse im Ahrtal und anderen Regionen ganze Häuser weggespült haben, verursachte einen Gesamtschaden von mehr als 8 Milliarden Euro und kostete über 180 Menschen das Leben.
Fast sieben von zehn Befragten (69 Prozent) in der Verivox-Umfrage befürchten, dass wetterbedingte Großschadenereignisse ähnlichen Ausmaßes auch an ihrem eigenen Wohnort künftig häufiger vorkommen könnten. Ein Fünftel (20 Prozent) der Hausbesitzer macht sich deswegen große Sorgen.
Viele überschätzen ihren Versicherungsschutz
Doch trotz dieser Befürchtungen ist längst nicht jeder ausreichend versichert. Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH klärt auf:
Während Sturmschäden am Haus durch die normale Gebäudeversicherung gedeckt sind, müssen Elementarrisiken wie Starkregen, Hochwasser und Schneedruck zusätzlich abgesichert werden.
Nach eigenen Angaben haben rund drei Viertel der Befragten (74 Prozent) in der Verivox-Umfrage ihr Haus gegen Elementarschäden versichert.
Tatsächlich dürfte die Versicherungsdichte um einiges niedriger sein. Aus den Beratungsgesprächen mit den Kunden wisse man, dass viele ihren bestehenden Versicherungsschutz überschätzen, sagt Wolfgang Schütz.
Viele Hausbesitzer denken, sie seien umfassend gegen Elementarrisiken abgesichert, obwohl das nicht der Fall ist.
Nach Schätzungen der deutschen Versicherer ist nur etwa jedes zweite Haus in Deutschland gegen Elementarschäden versichert.
Versicherungspflicht ist nicht ohne Tücken
Hausbesitzer sollten gründlich prüfen, ob in ihrer Wohngebäude-Police Elementarrisiken abgedeckt sind, rät Wolfgang Schütz. Ohne ausreichenden Versicherungsschutz könne im Schadenfall die gesamte wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel stehen. Nach großen Katastrophen ist in der Vergangenheit deshalb immer wieder der Staat eingesprungen, um Geschädigte mit Hilfsgeldern vor dem Ruin zu bewahren. Eine Versicherungspflicht – vergleichbar mit der Haftpflichtversicherung für Autos – könnte das in Zukunft unnötig machen. Doch im Detail birgt auch eine solche Pflichtversicherung mehrere Tücken. Wolfgang Schütz erläutert:
Wenn die Höhe der Beiträge nach dem individuellen Risiko festgelegt würde, wäre die Versicherung für bestehende Häuser in stark gefährdeten Lagen kaum zu bezahlen.
Umgekehrt könnte eine Einheitsprämie, die das individuelle Schadenrisiko gar nicht berücksichtigt, Fehlanreize setzen. Wer sein Häuschen in der Nähe von Gewässern baut, profitiere von einer attraktiven Lage. Das damit verbundene erhöhte Hochwasserrisiko hingegen müsste die Solidargemeinschaft aller Pflichtversicherten schultern, so Schütz.
Umfassender Elementarschutz muss nicht teuer sein
Für ihn wäre eine Kompromisslösung denkbar – eine Pflichtversicherung mit risikoabhängigem Beitrag, jedoch nur für neue Häuser: So entstünde ein Anreiz, vor allem in weniger bedrohten Lagen zu bauen so Schütz. Um auch die Versicherungsdichte im Gebäudebestand zu erhöhen, sollten die Versicherer allen Hausbesitzern mit einer Wohngebäude-Police ohne Elementarschutz ein Angebot zum Aufstocken des Versicherungsschutzes unterbreiten.
Die zusätzlichen Kosten wären in den meisten Fällen überschaubar. Wie eine Auswertung der Versicherungsabschlüsse bei Verivox zeigt, zahlen Hausbesitzer außerhalb besonders gefährdeter Lagen im Schnitt 298 Euro für eine Wohngebäudeversicherung samt Elementarschutz. Nur 19 Prozent davon (57 Euro) entfallen auf die Elementarabdeckung.
Methodik
Im Auftrag von Verivox hat das Marktforschungsinstitut Innofact Ende Februar 2022 insgesamt 1.024 Hauseigentümer befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für private Hausbesitzer im Alter von 18 bis 75 Jahren, die selbst in ihrer Immobilie wohnen und in ihrem Haushalt für Entscheidungen rund um den Abschluss von Versicherungen zumindest mitverantwortlich sind.
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