Die Versicherungsbranche steht unter enormem Veränderungsdruck. Megatrends forcieren den Wandel hin zu noch individuelleren Kundenprodukten und schnellerer Produkt-Marktreife. Um die eigene Zukunftsfähigkeit erhalten zu können, müssen Versicherungen heutzutage innovativ und effizient zugleich sein. Wie das gelingt und warum Ambidextrie dabei eine Schlüsselrolle spielt, zeigt eine neue Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint.
Der Handlungs- und Transformationsdruck auf die Versicherungsbranche wächst. Wettbewerbsfähig zu bleiben, heißt heute schnell auf Trends und den Wandel der Gesellschaft reagieren zu können. Die neue BearingPoint-Studie "Zukunfts- und Innovationsfähigkeit deutscher Versicherer" zeigt, dass beidhändige Versicherer mit ihrer höheren Adaptivität sowohl zukunftsfähiger als auch bei unvorhergesehen Krisen im Vorteil sind.
Gleichzeitige Innovation und Effizienz ist kein Widerspruch
Bei knappen Ressourcen scheinen Innovation und Effizienz häufig einen Widerspruch darzustellen. Hier setzt das Konzept der Ambidextrie - der Beidhändigkeit - an. Mit diesem Management- und Organisationsmodell, das die simultane Effizienzsteigerung und Innovationsfähigkeit im Unternehmen verankert, gelingt laut der Studie der Spagat zwischen effizientem Wirtschaften und kreativem Innovieren. Carsten Erler, Partner bei BearingPoint, weiß, dass in anderen Industrien und Branchen Ambidextrie bereits seit langer Zeit praktiziert werde - insbesondere im angelsächsischen Raum. In Deutschland sei dieses erfolgreiche Modell in der Versicherungsbranche noch nicht so weit verbreitet. Er betont, Ambidetrie habe viele Vorteile:
Einerseits beschäftigen sich Organisationen dauerhaft mit gezielten Innovationen und Investitionen in zukünftige Geschäftsmodelle, was ein langfristiges Überleben trotz intensivem Wettbewerb gewährleisten kann. Andererseits ermöglicht ein ambidextres Mindset eine ausgeglichene Unternehmensleistung auch bei Markt- und Technologie-Disruptionen.
Ein Drittel der Versicherungen noch nicht beidhändig unterwegs
Die vielen Vorteile der Ambidextrie haben laut Studie einige Versicherer - unter anderem die Marktführer - für sich erkannt und sind bereits in Richtung beidhändiges Unternehmen unterwegs. Andere zeigen laut der Studie dagegen noch keine beidhändigen Ambitionen. Etwa ein Drittel der befragten Versicherungen geben an, bisher keine Beidhändigkeit zu verfolgen beziehungsweise sich derer in ihrem Unternehmen bewusst zu sein.
Während nur ein sehr geringer Teil der Befragten (4 Prozent) angab, grundsätzlich gar keine Bestrebungen hinsichtlich Optimierungsstrategien zu verfolgen, fokussierten sich 13 Prozent rein auf Wachstum durch spezielle Innovationsförderung und 11 Prozent der Befragten verfolgten das Ziel durch reine Effizienzsteigerung im Unternehmen.
Strukturelle versus kontextuelle Ambidextrie
Es gibt zwei Formen der Beidhändigkeit. Die strukturelle Ambidextrieform sieht vor, dass das bestehende Geschäft und innovative Einheiten getrennt voneinander und Innovation zentral in der Organisation gesteuert stattfinden. Bei kontextueller Ambidextrie wird jeder Mitarbeitende miteinbezogen, da hier "das Ohr" am Markt und Kunden liegt. Innovieren ist somit ein Thema für alle Bereiche und Teams eines Unternehmens. Die Studie zeigt, dass als Ambidextrieform meist ein strukturelles Konstrukt gewählt wird.
Für die strukturelle Ambidextrie spricht laut BearingPoint: Mit neuer IT, anderen Zielen, Mindset und Personal können Innovationen prototypisch entwickelt und am Markt erprobt werden - die kognitive Herausforderung liegt beim übergeordneten Management. Nachteilig sei die Verzahnung mit Experten und Möglichkeiten der bestehenden Organisation. Hier habe die kontextuelle Ambidextrie zentrale Vorteile.
Erste Schritte zur Beidhändigkeit
Auf dem Weg zu einem beidhändigen Unternehmen empfiehlt die Studie, eine Reifegradermittlung zu explorativen und exploitativen Elementen in der Organisation vorzunehmen und die Potenziale zu ermitteln. Nach einer Bestimmung des Status Quo schaffe erfahrungsgemäß die Identifikation und Umsetzung einer geeigneten Ambidextrieform nachhaltige Mehrwerte. Messbare Ziele können dann überprüft und angepasst, die Ausrichtung auf Kernwerte einem Blick in den Spiegel unterzogen werden. Carsten Erler unterstreicht:
Beidhändigkeit verankern, Strukturen schaffen und Stakeholder konsequent einbinden sind zentrale Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur erfolgreichen beidhändigen Versicherung.
Eine Verfeinerung und somit Bestätigung der gewählten Form der Beidhändigkeit in Verbindung mit gestärkter, konkreter Kommunikation schaffe die Transparenz, um weitere Potenziale aufzudecken. Wichtig sei zudem die Förderung einer gelebten Trial-and-Error-Mentalität sowie ein umfassendes Change- und Kommunikations-Management.
Über die Studie
Für die Studie "Zukunfts- und Innovationsfähigkeit deutscher Versicherer" hat BearingPoint mehr als 70 Versicherungen, Dienstleister und versicherungsnahe Unternehmen befragt. Im Rahmen dessen fand eine Vielzahl von Tiefeninterviews zum Thema statt.
Die gesamte Studie finden Sie hier.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Enormes Potenzial bei privaten Krankenzusatzversicherungen
Jeder Fünfte plant in den nächsten Monaten den Abschluss einer privaten Krankenzusatzversicherung. Ambulante Leistungen und Zahnzusatz haben laut einer Continentale-Studie die Nase vorn. Rund 60 Euro monatlich wären die Befragten bereit dafür zu investieren. Bevorzugt über den Abschluss beim Versicherer oder Vermittler, anstatt über ein Onlineportal.
Makler Champions 2024: die Bayerische ist servicestärkster Versicherer über alle Sparten
Die Studie "Makler Champions" zählt zu den größten Maklerbefragungen Deutschlands. Als Allsparten-Sieger und mit 26 hohen Auszeichnungen geht die Bayerische in diesem Jahr als eines der servicestärksten Unternehmen der Branche hervor.
Generali muss zu hohe Kosten für fondsgebundene Lebensversicherungen erstatten
Die italienische Generali ist der erste Anbieter im deutschen Markt, der zu hohe Kosten für fondsgebundene Lebensversicherungen an ihre Kunden zurückerstatten muss. Ein Vorbote eines flächendeckenden Bebens in der Lebensversicherungsbranche?
Handwerksberufe absichern trotz hoher Risiken
Trotz der vielzähligen Berufsrisiken besitzen nur rund 40 Prozent der Handwerker eine BU-Versicherung. Unter Singles und jungen Erwachsenen sorgt sogar nur jeder Dritte für den Verlust der Arbeitskraft vor. Die LV 1871 bietet nun speziell für diese Zielgruppe passgenauen Leistungen für den Rundum-Schutz.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.