Die im Zuge des Ukraine-Konflikts gegen Russland verhängten Finanzsanktionen wiegen unterschiedlich schwer, lassen sich aber noch weiter intensivieren. So könnte neben dem Ausschluss Russlands aus dem Zahlungsinformationssystem SWIFT („Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication“) ein vollständiges Aus- und Einfuhrverbot dazukommen.
Denkbar ist, dass der Ausschluss Russlands aus SWIFT um eine Sperrung der Korrespondenzbankbeziehungen mit russischen Banken einschließlich der russischen Zentralbank ergänzt wird. Zudem ist eine Sperrung der realwirtschaftlichen Importe und Exporte, die auf Finanztransaktionen fußen, möglich.
Zu diesem Schluss kommt ein Team von Wissenschaftler*innen um das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE und das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Sie haben eine aktuelle Einschätzung zu den Sanktionen gegeben, die kürzlich von der Europäischen Union gemeinsam mit den USA, Kanada und Großbritannien gegen Russland aufgrund der Invasion in der Ukraine verhängt wurden. In Kombination miteinander bilden diese Einzelmaßnahmen weitere Schritte hin zu einer umfassenden Sanktionsstrategie im Verhältnis des Westens zu Russland.
Nach Einschätzung des SAFE-HSFK-Teams könnten russische Banken bei einem alleinigen SWIFT-Ausschluss alternative Kommunikationswege finden, um Zahlungen von Banken im Ausland anzuweisen, zum Beispiel über Fax und E-Mail. SAFE-Direktor Jan Pieter Krahnen sagt:
Das wäre zwar weniger zuverlässig und anfälliger für Betrug, dennoch würden Zahlungen weiter möglich bleiben.
Da Russland und China bereits ein eigenes Zahlungsinformationssystems entwickelt haben, könnte ein SWIFT-Ausschluss Russlands längerfristig den Verlust der Universalität des SWIFT-Systems bedeuten.
Korrespondenzbanken und Import-Export-Ströme stellen weitere mögliche Sanktionsziele dar
Finanzielle Sanktionen gegen Russland könnten auch direkt auf das Korrespondenzbankgeschäft zielen. Dadurch würde es den Banken in Europa verboten, mit einigen oder allen Banken in Russland Geschäfte zu machen, halten die Wissenschaftler*innen fest. Loriana Pelizzon, Leiterin der SAFE-Forschungsabteilung „Financial Markets“, ergänzt:
Flankierend wären sekundäre Sanktionen denkbar, wenn zum Beispiel Kreditinstitute, die einer Bank im sanktionierten Land bei der Umgehung der auferlegten Beschränkungen helfen, den Verlust ihrer Betriebslizenz in der EU verlieren.
Die Sperrung von Interbankengeschäften würde auch für die russische Zentralbank gelten, was Devisengeschäfte nahezu unmöglich machen würde. Die Schließung einer Gaspipeline oder die Einstellung von Kohleimporten würde letztlich als weitere Verschärfung automatisch den Zahlungsstrom aus diesen Transaktionen zum Erliegen bringen, und zwar unabhängig von einem SWIFT-Protokoll oder einer Korrespondenzbankbeziehung. Damit würden dann die realwirtschaftlichen Import-Export-Ströme unmittelbar unterbunden. Im Prinzip lassen sich die Daumenschrauben für die russische Volkswirtschaft also noch weiter anziehen, fassen die Wissenschaftler*innen zusammen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Risiken des Ukraine-Kriegs für den deutschen Finanzmarkt
Sanktionen beeindrucken Russland wenig
"Das neue KfW-Förderprogramm ist eine verpasste Chance"
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion übt scharfe Kritik an dem neuen KfW-Förderprogramm "Klimafreundlicher Neubau" der Bundesbauministerin. Mit 750 Mio. Euro sollen besonders energieeffiziente Neubauvorhaben bezuschusst werden. Die Förderung ist aber an strenge Bedingungen geknüpft.
Erfolgreich investieren in Zeiten der Krise
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
In der Steuerung des Kreditrisikos liegt ein strategischer Hebel
Protektionismus, Handelskonflikte, geopolitische Risiken – die Unsicherheit an den Märkten bleibt hoch. Passive Kreditstrategien stoßen in diesem Umfeld schnell an ihre Grenzen. Warum gerade aktives Management und ein gezielter Umgang mit Kreditaufschlägen den Unterschied machen können, erklärt Jörg Held, Head of Portfolio Management bei Ethenea.
Mehrheit befürwortet Rüstungsinvestments – Akzeptanz steigt auch bei nachhaltigen Fonds
Private Geldanlagen in Rüstungsunternehmen polarisieren – doch laut aktueller Verivox-Umfrage kippt die Stimmung: 56 Prozent der Deutschen halten solche Investments inzwischen für legitim. Auch nachhaltige Fonds greifen vermehrt zu.
PKV-Initiative „Heal Capital 2“: Neuer Fonds, neue Investoren, neue Start-ups
Digitale Wartung, KI-Zertifizierung, stärkere europäische Vernetzung: Der PKV-Investitionsfonds Heal Capital geht mit neuer Schlagkraft an den Start – und will die digitale Versorgung nachhaltig verändern. Doch welche Start-ups profitieren zuerst?
„Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es meistens auch“
Von unseriösen Werbeversprechen bis KI-Euphorie: Im zweiten Teil des Interviews mit Tim Grüger geht es um Trends im Daytrading, die Erwartungen von Kunden und den Kampf gegen Finanz-Fake-News. Plus: Was TradingFreaks für die Zukunft plant – und welchen Rat der Gründer Anfängern mit auf den Weg gibt.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.