Warum die Aktienrente nicht ausreicht

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Die Ampel-Koalition hat sich im Rahmen ihrer Regierungsvereinbarung dazu entschieden, zehn Milliarden Euro in die sogenannte Aktienrente zu investieren. Ein Konzept, das der Altersvorsorge dient und mit dem das bisherige Rentenmodell unterstützt werden soll. Dennoch sollte die eigene Zukunft nicht allzu sorglos betrachtet werden.

Ein Beitrag von Jens Rabe, Gründer und Geschäftsführer der Rabe Unternehmensgruppe

Die Gesellschaft wird immer älter! Das ist zunächst einmal eine schöne Nachricht. Denn sie lässt erkennen, dass wir über gute Gesundheits- und Vorsorgesysteme verfügen und dass wir den Menschen damit nach dem Ausscheiden aus dem Berufsalltag noch einen langen Lebensabend schenken können. Noch im Jahr 1970 sah das ganz anders aus. Damals gab es rund 150.000 Menschen, die das 85. Lebensjahr erreicht hatten – heute kratzt die Zahl der Personen in dieser Altersgruppe bereits an der Marke von 500.000. Schauen wir einmal in die Zukunft und nutzen wir dafür alle zur Verfügung stehenden Prognosen, dann werden wir in weiteren 20 Jahren schon den Wert von 600.000 Senioren mit 85 Lebensjahren erreicht haben. An dieser Entwicklung wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern.

Jens Rabe, Gründer und Geschäftsführer, Rabe Unternehmensgruppe

Demgegenüber lässt sich in den jüngeren Altersklassen erkennen, dass immer weniger erwerbsfähige Menschen nachkommen. Die Gesellschaft unterliegt also einem Wandel. Eigentlich sollte ihr demografisches Schema wie eine Pyramide aufgebaut sein: Unten stehen die breiten und starken Schichten, die die nach oben abnehmenden Personengruppen tragen. Tatsächlich ergibt sich bei uns aber das umgekehrte Bild: Die größte Zahl an Menschen wird schon bald zu jenen Altersklassen gehören, in denen niemand mehr einer Erwerbstätigkeit nachgeht und somit kein eigenes Geld verdient – in denen aber die Renten bezogen werden. Aber wie lassen sich diese überhaupt noch finanzieren, wenn die Geburtenzahlen weiterhin so schwach ausfallen? Für das heutige Rentensystem ergeben sich daraus dramatische Folgen, denen wir möglichst früh mit allem Potenzial entgegentreten müssen.

Schon heute an morgen denken

Betrachten wir die Art und Weise, wie Renten in den letzten Jahrzehnten eingesammelt und ausbezahlt wurden, dann sprechen wir von einem Umlagesystem: Wer heute etwas einzahlt, bekommt es nicht in einigen Jahren in vollem Umfang zurück. Die heute generierten Rentenbeiträge fließen an die heutigen Rentner. Wer in einigen Jahren das Rentenalter erreicht und selbst keine Beiträge mehr zahlt, profitiert von jenen Geldern, die dann durch die jüngeren Generationen geleistet werden. Das System hat lange gut funktioniert. Je mehr wir aber den demografischen Wandel der immer älter werdenden Gesellschaft erleben, desto mehr stößt dieses Konzept an seine Grenzen. Es stellt sich daher die Frage, wie die Renten in der Zukunft eigentlich noch finanziert werden können, um die Gefahr der Altersarmut zu vermeiden.

Zur Beantwortung wurde einst die Riester-Rente ins Leben gerufen. Doch auch sie erweist sich als wenig effektiv, viel Geld wird unnütz verschwendet und bringt den Anspruchsberechtigten letztlich zu geringe Erträge ein. Aktuell wird über die sogenannte Aktienrente spekuliert. Dabei soll ein kleiner Anteil aller Rentenbeiträge genutzt werden, um damit am Anlagemarkt zu agieren und möglichst solche Gewinne zu generieren, die zur Finanzierung der Renten verwendet werden können. Die Idee dahinter ist nicht ganz neu, sie wurde auch nicht von der SPD, den Grünen und der FDP entwickelt, die sich darauf in ihrem Koalitionspapier geeinigt haben. Vielmehr wird dieses Konzept seit einigen Jahren durchaus erfolgreich in anderen Ländern praktiziert. Gibt es also Hoffnung für die weiterhin sicheren Renten?

Do it yourself

Gerne wird für die Aktienrente ein Vorbild bemüht, das wir einmal näher betrachten sollten: Im Jahre 2017 haben sich alle 35 Energiekonzerne, denen die deutschen Kernkraftwerke gehören, zur Einzahlung in die öffentlich-rechtliche Stiftung KENFO verpflichtet. Bislang wurden auf diesem Wege 24 Milliarden Euro eingenommen, die etwa zur Entsorgung aller in der Kernenergie auftretenden Rückstände verwendet werden sollen. Ein Teil des Geldes wurde – wie das auch für die Aktienrente anvisiert wird – bereits am Anlagemarkt investiert, es ließen sich bislang 2,5 Milliarden Euro an Gewinn verzeichnen. Das klingt gut. Betrachtet man aber den Ertrag über die Laufzeit, ergeben sich pro Jahr gerade einmal 2,5 Prozent an Zuwachs. Aktuell liegt jedoch schon die Inflation bei fünf Prozent.

Bereits diese simple Betrachtung zeigt, dass auch die Aktienrente, für die in den kommenden Jahren zehn Milliarden Euro investiert werden sollen, kaum zur Deckung des Rentenbedarfs taugen wird. Legen wir die zehn Milliarden Euro auf alle 80 Millionen Bürger um, bleiben pro Personen gerade einmal 125 Euro. Ziehen wir die jungen und alten Menschen ab, ergeben sich immer noch kaum mehr als vielleicht 400 Euro pro Bürger. Das ist – immer auch in Anbetracht der Inflation – abermals zu wenig, um am Aktienmarkt ein solides Vermögen aufzubauen, das für die Finanzierung der Renten reicht. Es bleibt den Menschen somit nur, sich verstärkt selbst um ihre Finanzen zu bemühen und heute schon Summen anzusparen, mit denen sich der Einnahmeausfall von etwa 30 Prozent bei der Rente im Vergleich zum heutigen Nettolohn auffangen lässt.

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