Aufgrund der niedrigen Zinsen ist die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden hoch – Bauherren und Immobilieninvestoren übersehen dabei aber die Risiken der Zinsentwicklung. Deshalb sollten bei Immobilieninvestments ein paar grundlegende Dinge beachtet werden.
Dass Immobilien hierzulande als Betongold bezeichnet werden, kann Investoren schon in die Irre führen, warnt Christian Dagg, geschäftsführender Gesellschafter der Brilliant Vermögensverwaltung aus Düsseldorf. Denn das suggeriere, dass die eigenen vier Wände einen Schutz vor Wertverfall bieten. Doch das müsse nicht so sein. Das bestätigt auch der aktuelle Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank. Die Experten stellen einerseits fest, dass die Verschuldung der privaten Haushalte stärker steigt als deren Einkommen. Andererseits warnen sie vor einer Überschätzung der Werthaltigkeit von Immobilien. Für das Jahr 2020 geht die Bundesbank davon aus, dass die Preisübertreibungen bei Immobilien nach den starken Wertsteigerungen der vergangenen Jahre rund zehn bis 30 Prozent über den Werten liegen, die fundamental gerechtfertigt wären.
Laut dem aktuellen Global Real Estate Bubble Index der UBS zählen hierzulande unter anderem Frankfurt am Main und München weltweit zu den Städten mit dem größten Blasenrisiko am Immobilienmarkt. In Frankfurt zum Beispiel sind die realen Wohnungspreise demnach seit 2016 jedes Jahr durchschnittlich um zehn Prozent gestiegen – und damit stärker als in jeder anderen untersuchten Stadt. Der Vermögensverwalter sagt:
Natürlich weiß niemand, ob und wann eine solche Blase platzt, und es ist auch nicht möglich, die künftige Preisentwicklung bei Immobilien präzise vorherzusagen. Aber es zeigt, dass man sehr gut abwägen sollte, ob man aktuell in eine Immobilie investiert.
Zinsanstieg könnte empfindliche Wertverluste bei Immobilien auslösen
Ein weiteres Risiko sind steigende Zinsen. Laut der UBS-Analyse haben historische Beispiele gezeigt, dass ein Zinsanstieg von 1,5 Prozentpunkten eine Korrektur im Umfang von 35 Prozent auslösen kann. Ein Blick auf die Statistik zeigt, die Wohnungspreise sind hierzulande zum Beispiel zwischen 2004 und 2011 gefallen. Immobilienanleger müssen immer bedenken, dass der Markt keine Einbahnstraße ist, so Dagg. Mit anderen Worten: Ein Preisverfall ist ein Risiko, vor dem auch Immobilienbesitzer nicht gefeit sind. Wer langfristig in Immobilien investiert, sollte einen zeitweise möglichen Preisverfall in Höhe von 30 bis 50 Prozent einkalkulieren. Zwar wird häufig argumentiert, dass beim Eigennutz eines Hauses oder einer Wohnung ein Preisverfall keine Rolle spiele, doch der Experte sagt:
An dieser Stelle kommt aber die Finanzierung ins Spiel, die die Chance und das Risiko des Immobilienbesitzes verstärkt.
Angenommen, jemand finanziert eine Immobilie im Wert von einer Million Euro zu 20 Prozent mit Eigenkapital, also mit 200.000 Euro. Verliert die Immobilie 20 Prozent an Wert, dann schlägt diese Wertveränderung komplett auf das Eigenkapital durch. In diesem Fall wäre das Eigenkapital zu 100 Prozent weg, so Dagg. Zwar mag das für Investoren, vor allem wenn sie die Immobilie selbst nutzen, nicht entscheidend sein. Doch er gibt zu bedenken:
Ich habe aber schon erlebt, dass die Bank, die die übrigen 80 Prozent über einen Kredit finanziert, nervös wird und den Nachschuss von Eigenkapital und – falls das nicht geht – die Zwangsversteigerung der Immobilie verlangt. Spätestens dann wird der Erwerb zum finanziellen Fiasko.
Wie können Immobilieninvestoren solch einem Szenario vorbeugen und Risiken reduzieren?
Es lässt sich sehr genau feststellen, wie hoch die Hypothekenbelastung maximal sein sollte und wo die ideale Höhe einer Hypothek liegen, erklärt Dagg. Wer in Immobilien investiert, sollte immer so planen, dass er nie sein gesamtes Eigenkapital verliert. Zusätzlich gibt es für ein Haus oder eine Wohnung keinen für alle Marktteilnehmer transparenten, fairen Preis. In der Regel gehen die Preiseinschätzungen umso stärker auseinander, je spezieller eine Immobilie im Hinblick auf ihre Lage, ihre Art und die Nutzung ist. Der Experte weiter:
Wobei die Einschätzung der Bank tendenziell immer am unteren Ende der Preisspanne liegen wird.
Insgesamt empfiehlt er deshalb Folgendes:
Wenn das gesamte Vermögen eines Haushalts im Eigenheim steckt und es sich um eine sehr spezielle Immobilie handelt, dann sollte die Finanzierung mit höchstens 30 Prozent Fremdkapital erfolgen, bei einer Standardwohnung oder einem Standardhaus sollten es maximal 50 Prozent sein. Und falls das vorhandene Vermögen für eine solche Finanzierung nicht ausreicht, ist es vernünftiger, weiter zur Miete zu wohnen und klug zu investieren.
Ist die Immobilie nur ein Teil innerhalb der Vermögensstruktur eines Haushalts, dann sollte bei sehr spezifischen Immobilien wie Fabrikgebäuden oder Liebhaberobjekten aufgrund der beschriebenen Bewertungsasymmetrien ebenfalls viel Eigenkapital eingesetzt werden. Lediglich bei Standardimmobilien kann der Fremdkapitalanteil zwischen 50 und 100 Prozent liegen. Nur wer diese Regeln beherzigt, muss bei seiner Immobilie keinen unwiederbringlichen Schaden durch einen Preisverfall fürchten, so das Fazit des Vermögensverwalters.
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