Pensionsanleger zeigen sich weiterhin optimistisch: 87 Prozent haben im zurückliegenden Jahr ihre
Renditeziele erreicht – etwas weniger als 2019 (92 Prozent).
Erstmalig liegen dabei die erwarteten zukünftigen Renditen von regulierten Pensionsanlegern (wie beispielsweise Pensionskassen oder Versorgungswerken) gleichauf mit den Renditen der unregulierten Investoren, beispielsweise von Contractual Trust Arrangements (CTA). Sie betragen durchschnittlich zwei Prozent bei Zielrenditen von zwei bis vier Prozent.
Nachholbedarf bei alternativen und illiquiden Anlagen
Die Anleger investierten insbesondere stärker in alternative und illiquiden Anlagen, wobei die vorhandenen regulatorischen Möglichkeiten weiterhin nicht völlig ausgeschöpft werden. Dies zeigt die Studie „Pension Risk und Anlage von Pensionsvermögen 2021“ von Willis Towers Watson. Tobias Bockholt, Leiter Investment Consulting bei Willis Towers Watson Deutschland und Autor der Studie, berichtet:
Regulierte Pensionsanleger haben die Nutzung alternativer und illiquider Anlagen zwar ausgebaut, Nachholbedarf besteht in dieser Anlageklasse aber weiterhin. Dies gilt sowohl für regulierte als auch für unregulierte Investoren. Hier verschenken Anleger wertvolles Renditepotenzial.
Seiner Einschätzung nach könnten unregulierte Anleger mit einem optimierten Portfolio eine um etwa 40 Basispunkte höhere Rendite erzielen, unregulierte Anleger sogar eine um 90 Basispunkte höhere Rendite.
Für die Studie befragte Willis Towers Watson 36 institutionelle Anleger (Stiftungen, CTA, Pensionskassen, Pensionsfonds, Versorgungswerke) mit einem Anlagevermögen von insgesamt 130 Milliarden Euro. Zur Optimierung der Asset-Allokation hat Willis Towers Watson ein „Best Ideas Portfolio“ skizziert, das 2,4 Prozent Rendite für regulierte und 2,9 Prozent für unregulierte Investoren erwarten lässt.
Orientierung an Markttrend statt Nischenstrategien und „First-Mover-Advantage“
Insgesamt sind die Portfolien deutscher Pensionsanleger im Vergleich zu den Vorjahren breiter diversifiziert und auch globaler ausgerichtet. Nicht rentierliche Anleihen wurden kontinuierlich reduziert. Unter den Alternatives sticht – wie auch in den vergangenen Jahren – insbesondere Private Equity als „Investorenliebling“ heraus. Bockholt merkt an.
Es scheint so, als ob Investoren einfach ohne kritisches Hinterfragen gewissen Marktrends folgen. Gerade hier wäre jedoch zu prüfen, ob die besonders stark wachsenden Kapitalzusagen im Bereich Private Equity auch genügend Investitionsmöglichkeiten im Markt finden.
Um dem allgemeinen Trend niedrigerer Renditen entgegenzuwirken bietet es sich seiner Einschätzung nach an, nicht mit den Markttrends zu investieren, sondern neue Nischenstrategien (zum Beispiel „China A-Shares“ oder auch „Bank Capital Relief Trades“) frühzeitig ins Portfolio aufzunehmen. Bockholt sagt:
So können Anleger den ‚First-Mover-Advantage‘ für die Profitabilität ihres Portfolios nutzen.
Abb. 1: Gesamtportfoliobetrachtung: Risikoprofile nähern sich an
(volumengewichtete Ergebnisse, Rundungsdifferenzen sind möglich)
Governance-Anforderungen als Investitionshindernis
In der Praxis sehen sich viele Anleger allerdings einigen Investitionshürden gegenüber. Insbesondere Fragen hinsichtlich der Implementierbarkeit (19 Prozent) und die Governance-Anforderungen beziehungsweise das erforderliche Know-how (15 Prozent) sind die größten Hürden für die Ausweitung illiquider Anlagen. Bockholt betont:
Der Grundsatz ‚kaufe nur, was du verstehst‘ behält gerade für Nischenstrategien unverändert seine Gültigkeit.
Seiner Ansicht nach ist es dabei unerheblich, ob Investoren das dafür notwendige Know-how zukaufen oder intern vorhalten. Allerdings haben seiner Erfahrung nach gute Anleger auch dann, wenn sie das Know-how einkaufen, in der Regel sehr kompetente interne Ansprechpartner. Bockholt sagt:
Insbesondere kleinere Pensionsanleger mit einem Anlagevolumen von bis zu 3 Milliarden Euro kaufen meist externe Beratung zu. Große Pensionsanleger mit einem Anlagevolumen ab 5 Milliarden Euro bauen meist eigene Investmentteams auf, setzen aber für Spezialthemen oftmals weiterhin auf externe Expertise. Dann heißt es nicht ‚make or buy?‘, sondern ‚make and buy‘.
Nachhaltige, klimaneutrale Anlagen werden strategisch noch vernachlässigt
Der Megatrend „Nachhaltigkeit“ wird aktuell breit diskutiert und die im Zusammenhang mit der Klimawende erforderlichen Investitionen bieten großes Anlegerpotenzial. Wie die Studie zeigt, delegieren bislang fast alle Investoren (94 Prozent) die Umsetzung der entsprechenden Ziele (ESG-Ziele: Environmental, Social, Governance) auf die Asset-Manager. Somit wird die Nachhaltigkeit der
Kapitalanlage häufiger nur auf Mandatseben statt portfolioübergreifend betrachtet.
Eine aktive Gremienentscheidung im Gesamtkontext erfolgt nur bei der Definition von Negativlisten (bei 71 Prozent der Anleger). Bockholt sagt:
Pensionsanlagen werden für einen Zeithorizont von vielen Jahrzehnten aufgestellt. Mit diesem langfristigen Anlagehorizont kommen Pensionsanleger an einer klimaneutralen und nachhaltigen Kapitalanlage keinesfalls vorbei – oder ihr heutiges Zögern verursacht spätestens in 20 bis 30 Jahren erhebliche Schwierigkeiten. Sinnvoller wäre es jedoch, mit einer übergreifenden Gesamtstrategie an das Thema heranzugehen und die wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken gesamthaft zu betrachten.
Hierzu bietet sich beispielsweise ein Carbon Journey-Plan als Planungs- und Monitoring-Werkzeug an. In diesem Rahmen werden spezifische Schritte definiert, um den CO2-Fußabdruck im Portfolio zu reduzieren und die langfristigen Nachhaltigkeitsziele der Kapitalanlage zu erreichen.
Abb. 2: Beispielhafter Carbon Journey Plan
Umsetzungsmöglichkeiten für Nachhaltigkeitsziele
Die Ausgangsbasis für einen solchen Plan ist die Bestimmung der Emissionen im aktuellen Portfolio sowie zum Beispiel des langfristigen Ziels einer klimaneutralen Kapitalanlage bis 2050. Bockholt betont:
Für die Bestimmung der Emissionen der einzelnen Anlagen liegen heute deutlich umfassendere Daten vor als noch vor einigen Jahren, sodass Anleger gut informiert agieren können.
Für die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen bieten sich seiner Meinung nach drei Möglichkeiten an:
- Auswahl nachhaltiger Anlagen (zum Beispiel E-Mobilität, nachhaltige Land- & Forstwirtschaft, erneuerbare Energien)
- verstärktes Engagement mit den investierten Unternehmen zur Beschleunigung der Dekarbonisierung
- Mandatswechsel (zum Beispiel Ausschluss klimaschädlicher Investitionen, Nutzung von Benchmarks wie etwa kohlenstoffarmen Indizes oder Beschränkungen des CO2-Exposure)
Für den langfristigen Anlageerfolg sollten Pensionsanleger verstärkt auf illiquide Anlagen im Portfolio setzen und insbesondere auch Marktopportunitäten mit kleinen Zeitfenstern nutzen. Hierzu sei eine gute Governance von entscheidender Bedeutung.
Die zunehmenden Anforderungen im Zusammenhang mit der Ausrichtung auf ein klimaneutrales Portfolio verstärkten dieses Erfordernis umso mehr, erläutert Investment-Experte Bockholt abschließend.
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