Bereits kurz nach Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie in deutsches Recht 2007 und die damit verbundene Einführung der Erlaubnispflicht nach § 34d GewO entstand bei Versicherern mit einer stark ausgeprägten Ausschließlichkeitsorganisation der Wunsch Versicherungsnehmern auch in Fällen, in denen das zu versichernde Risiko nicht im eigenen Haus versichert werden konnte, eine Versicherungslösung zu bieten.
Andernfalls – so die Furcht der Versicherer offenbar – würde der Versicherungsnehmer nicht nur das eine unversicherbare Risiko bei der Konkurrenz eindecken, sondern sich auch insgesamt für seinen benötigten Versicherungsschutz an die Konkurrenz wenden.
Die Ventillösung
Viele Versicherer schufen daher kurzerhand die sogenannte „Ventillösung“ für ihre Ausschließlichkeitsvermittler. Diese sollte den Ausschließlichkeitsvermittler ermöglichen, Risiken, welche sie nicht bei „ihrem“ Versicherer platzieren konnten, bei einem anderen Versicherer einzudecken. Hierfür wurden oftmals feste Vertriebsstrukturen geschaffen.
Bereits kurz nach deren Implementierung riefen solche Ventillösungen rechtliche Kritik hiervor. Anlass war die Fragestellung, ob Versicherungsvertreter, denen über eine Ventillösung der Vertrieb anderweitiger Produkte gestattet ist, noch unter den Ausnahmetatbestand des § 34d Abs. 7 GewO (= § 34d Abs.4 GewO a.F.) fallen würden und demnach weiterhin von der Erlaubnispflicht ausgenommen sind. Danach ist keine Erlaubnis erforderlich, wenn der „Versicherungsvermittler ausschließlich im Auftrag eines oder, wenn die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen, mehrerer Versicherungsunternehmen ausübt, die im Inland zum Geschäftsbetrieb befugt sind, und durch das oder die Versicherungsunternehmen für ihn die uneingeschränkte Haftung aus seiner Vermittlertätigkeit übernommen wird.“
Das Versichererventil
Rechtssicherheit ergab sich zumindest teilweise mit Urteil des BGH vom 30.01.2014 (Az.: I ZR 19/13). In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit seinen Vermittlern durch den Agenturvertrag gestattet, Versicherungsprodukte, welche nicht in Konkurrenz zu den eigenen stehen, von anderen Versicherern zu vermitteln.
Die Ausschließlichkeitsvertreter selbst übergaben die vermittelten Versicherungsanträge einen weiteren Vermittlungsunternehmen, welches die Anträge an die entsprechenden fremden Versicherer weiterleitet. Gleichwohl sah der BGH das gewählte rechtliche Konstrukt als zulässig an und sah die Ausnahmevoraussetzungen des § 34d Abs.7 GewO (= § 34d Abs.4 GewO a.F.) als erfüllt an (vgl. BGH: Zulässigkeit der Ventillösung (konkret des Versichererventils)).
Viele Versicherer sahen ihre Praxis der Ventillösung damit bestätigt. Allerdings wurde dabei oftmals verkannt, dass sich die konkrete rechtliche Ausgestaltung der Ventillösung durchaus je nach Versicherer unterscheidet. Auch nach der Entscheidung des BGH verbleibt es dabei bei der rechtlichen Kritik für einzelne Ausgestaltungen.
Die Ventillösung 2.0: Das Maklerventil
Diese Kritik betrifft insbesondere das sogenannte Maklerventil. In dieser Konstellation unterhält der Ausschließlichkeitsvermittler keine Vertriebsvereinbarungen mit den einzelnen Versicherern, sondern eine vertragliche Vereinbarung zu einem Versicherungsmakler. Der Versicherungsmakler zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass er von keinem Versicherer beauftragt ist, sondern seine Tätigkeit im Auftrag des Versicherungsnehmers erbringt. Dabei hat er eine hinreichende Anzahl von Angeboten verschiedener Versicherer zu berücksichtigen, die regelmäßig auch in Konkurrenz zueinanderstehen. Diese Produktauswahl könnte bei einer direkten Anbindung des Ausschließlichkeitsvertreters an den Versicherungsmakler auch dem Ausschließlichkeitsvertreter offenstehen, sodass die Voraussetzungen des § 34d Abs. 7 GewO nicht mehr erfüllt sein könnten. Einzelne Stimmen in der Rechtliteratur äußern sich daher kritisch zum Maklerventil.
Fazit
Ausschließlichkeitsvertreter sollten daher genau darauf achten, wie die Ventillösung bei ihrem Versicherer ausgestaltet ist. Die konkrete Ausgestaltung kann entscheidend dafür sein, ob diese zulässig ist oder gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung verstößt. Sollten Zweifel bestehen, ob eine Vereinbarung zulässig ist oder nicht empfiehlt es sich diese von fachkundigen Anwälten überprüfen zu lassen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler?
Versicherungsvertreter und -makler sind zwei Berufsgruppen im Bereich der Versicherungsbranche mit unterschiedlichen Arbeitsweisen und Verantwortlichkeiten. Der Hauptunterschied liegt darin, in wessen Auftrag gearbeitet wird: für den Kunden oder den Versicherer?
Versicherungskompetenz ist seit 2015 unverändert
Mehr als die Hälfte der Bundesbürger fehlt es an Versicherungskompetenz. Trotz zunehmender Medienvielfalt und Vergleichsportalen ist diese damit seit 2015 praktisch unverändert niedrig. 92 Prozent der Deutschen befinden die fachkompetente Beratung vor dem Versicherungsabschluss als essentiell.
Vermittlerschwund setzt sich fort
Enormes Potenzial für Zusatzversicherungen
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.