Provisionsverbot würde Finanzberatung für viele verhindern

Die Provisionsberatung sichert allen Teilen der Bevölkerung einen professionellen Vermögensaufbau und die Teilhabe am Kapitalmarkt. Ein Wechsel ausschließlich zur Honorarberatung, wie derzeit von einigen Parteien und Verbraucherschützern gefordert, würde hingegen breite Bevölkerungskreise gravierend benachteiligen.

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Das ist ein Ergebnis einer am 17.11.2021 veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft KPMG im Auftrag der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) sowie des deutschen Fondsverbands BVI sowie des Deutschen Derivate Verbands (DDV).

Vor allem Verbraucher mit geringen und mittleren Anlagebeträgen würden durch die Honorarberatung von der Beratung abgeschnitten, da sie zu teuer wäre. DK, BVI und DDV fordern daher, dass Anleger weiterhin die freie Wahl zwischen einer Beratung auf Provisions- oder Honorarbasis haben müssen.

Provisionen finanzieren flächendeckendes Beratungsangebot

Insbesondere in Zeiten von Nullzinsen ist die Anlage in Wertpapiere für jeden Bürger ein unerlässlicher Baustein für die Vermögensbildung und die private Altersvorsorge. Dies haben auch die europäischen Gesetzgeber erkannt und die Stärkung der privaten Vermögensanlage als eines der wichtigsten Ziele bei der Schaffung einer europäischen Kapitalmarktunion festgeschrieben. Aber häufig müssen Verbraucher erst von der Notwendigkeit eines Vermögensaufbaus überzeugt und an den Kapitalmarkt herangeführt werden. Dabei gibt es Unterschiede in den Beratungsmodellen.

KPMG hat in der Studie festgestellt, dass die Honorarberatung bis zu einem Anlagebetrag von 25.000 Euro teurer als die provisionsbasierte Beratung ist. Dabei hat KPMG den aktuellen Stundensatz von im Schnitt 180 Euro unterstellt. Ausgehend von dem Median des Finanzvermögens deutscher Haushalte von 16.900 Euro liegen die Kosten für die Honorarberatung um 50 Prozent höher.

Nach Angaben von KPMG prägen Sparer mit kleinerem Geldbeutel den Markt. So wird über die Hälfte (55 Prozent) der Wertpapiersparpläne mit maximal 100 Euro pro Monat bespart, bei über einem Viertel (28 Prozent) liegt der monatliche Sparbetrag unter 50 Euro. Vor allem diese Verbraucher sind auf fachkundige Beratung angewiesen.

Das leisten zum Beispiel bundesweit deutsche Banken und Sparkassen mit ihrer im europäischen Vergleich hohen Berater- und Filialdichte. Dieses Angebot ist für Kreditinstitute mit hohen Kosten verbunden, die anteilig durch Zuwendungen finanziert werden. Mit einem Provisionsverbot könnte dieses Angebot zu Lasten der beratungsbedürftigen Verbraucher nicht mehr aufrechterhalten werden.

74 Prozent der Verbraucher wollen nicht separat für Beratung bezahlen

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die meisten Verbraucher nicht bereit sind, für eine Beratung zu bezahlen. Eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsunternehmens Kantar hat ergeben, dass sich nur 16 Prozent der Befragten vorstellen können, für eine Beratung ein gesondertes Honorar zu bezahlen. Dabei haben sie im Schnitt knapp 35 Euro als angemessenen Stundensatz angegeben, den tatsächlichen Wert von derzeit 180 Euro würden nur 0,3 Prozent bezahlen.

Die überwiegende Mehrheit (74 Prozent) ist hingegen nicht bereit, für eine Beratung ein Honorar zu bezahlen. Im Falle eines Provisionsverbots bliebe zahlreichen Verbrauchern nur der Ausweg, weniger oder keine Beratung mehr in Anspruch zu nehmen.

Da eine Beratung bei der Geldanlage aber ausweislich der Umfrage für 80 Prozent der Befragten unerlässlich ist, würde ein Verbot der Provisionsberatung dazu führen, dass sie sich – entgegen dem erklärten Ziel des europäischen Gesetzgebers – von den Finanzmärkten abwenden und keine Finanzprodukte mehr kaufen oder – mit entsprechend höherem Risiko – ohne Beratung Produkte kaufen.

Beispiele aus dem Ausland haben sich nicht bewährt

Die Studie verweist auch auf die Feldversuche im Ausland. Welche Auswirkungen eine ausschließliche Honorarberatung hat, zeigt ein Blick in das Vereinigte Königreich, wo Provisionen 2013 verboten wurden. Dort ist eine Beratungslücke für Kleinanleger bereits Realität.

Studien der englischen Finanzaufsicht FCA zeigen, dass sich der Beratungsmarkt deutlich an höheren Vermögen (meist mindestens 60.000 Euro) ausrichtet. Vor allem Sparer mit geringen oder mittleren Anlagebeträgen können oder wollen sich eine Beratung nicht mehr leisten. Ähnliches gilt für die Niederlande, wo die traditionelle Anlageberatung fast ausschließlich im Private Banking zu finden ist und häufig ein Vermögen von mindestens 500.000 Euro voraussetzt.

Die vollständige Studie finden Sie hier.

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