Deutscher bAV-Index 2021 von Willis Towers Watson

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bAV ist heute risiko-optimiert und flexibel. Noch nachhaltiger könnte sie das Altersvorsorgesystem entlasten, wenn sie mehr Menschen zugänglich gemacht und die Finanzierung breiter aufgestellt würde.

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) wird immer stärker risiko-optimiert und flexibel aufgestellt, wie der Deutsche bAV-Index 2021 der Unternehmensberatung Willis Towers Watson zeigt. Unternehmen, die eine bAV anbieten, gestalten die Pensionszusage fast immer (93 Prozent) beitragsorientiert aus, berechnen also die Altersleistung auf Basis von jährlichen Beiträgen sowie deren Wertentwicklung.

Für die Wertentwicklung der Beiträge setzen fast drei Viertel der Unternehmen (71 Prozent) auf kapitalmarktorientierte Modelle (Fonds oder Versicherungen).

bAV als Generationenaufgabe der Unternehmen

Die meisten Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden Möglichkeiten an, ihre bAV durch Eigenbeiträge („Entgeltumwandlung“) weiter auszubauen. Fast vier Fünftel (79 Prozent) belohnen solche Eigenbeiträge durch weitere Zuschüsse. Für Mitarbeitende und Führungskräfte lohnt sich das: Sie erreichen im Median eine bAV in Höhe von vier bis fünf Prozent ihres letzten Gehalts.

Die durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersleistungen kommen ergänzend hinzu. Dennoch sollte die Finanzierung der bAV mehr als verdoppelt und noch mehr Mitarbeitenden der Zugang zur bAV eröffnet werden, um das Absinken der gesetzlichen Rente abzufedern, so Willis Towers Watson.

Für Dr. Thomas Jasper, Leiter Retirement Europa bei Willis Towers Watson, lassen sich aus dem Deutschen bAV-Index zwei Punkte ablesen:

Erstens werfen Unternehmen gerade in engen Arbeitsmärkten einiges in die Waagschale, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und an sich zu binden. Und zweitens begreifen sie die Altersversorgung als eine Generationenaufgabe und stellen ihre Altersversorgungsmodelle so auf, dass sie tatsächlich über Jahrzehnte und auch unter wechselnden Bedingungen an den Finanzmärkten gut planbar und finanzierbar bleiben.

Dieses nachhaltige Vorgehen liege sowohl im Interesse der Unternehmen als auch der Mitarbeitenden, so Jasper weiter.

Flexible Altersvorsorge – passend für Unternehmen und Mitarbeiter

Doch nicht nur an ein wechselndes Finanzmarktumfeld passt sich die bAV an. Heutige Vorsorgemodelle sind meist so flexibel konzipiert, dass Mitarbeitende sie anhand von Auswahl-Optionen passend für ihre persönlichen Anforderungen nutzen können, berichtet Dr. Johannes Heiniz, Leiter General Consulting Retirement bei Willis Towers Watson Deutschland.

So bieten beispielsweise drei Viertel der Unternehmen (75 Prozent) die Altersleistung wahlweise als
lebenslange Rente oder einmaliges Alterskapital beziehungsweise eine für Mitarbeitende steueroptimierte Auszahlung des Alterskapitals in mehreren Jahresraten an. Auch den Wünschen der Mitarbeiter nach einer zusätzlichen Vorsorge für den Invaliditäts- oder Todesfall kommt nahezu jedes Unternehmen im Rahmen der bAV nach (95 Prozent).

Heiniz betont:

Je besser die bAV zu den Altersvorsorge-Anforderungen der einzelnen Mitarbeitenden passt, desto mehr wird sie wertgeschätzt.


Abb. 1: Altersrente oder lieber eine Kapitalzahlung? Die meisten Unternehmen überlassen ihren Mitarbeitenden die Wahl.
Quelle: Deutscher bAV-Index von Willis Towers Watson, 2021

Weitere Verbreitung der bAV muss vorangetrieben werden

Die Altersvorsorgemodelle in den Unternehmen sind also gut aufgestellt. Dennoch sieht bAV-Experte Heiniz weiteren Handlungsbedarf. Die bAV biete eine sehr effektive Infrastruktur für das Altersvorsorgesparen – aber noch werde sie längst nicht von allen Unternehmen und allen Mitarbeitenden genutzt.

Auch die Finanzierungsbasis der bAV müsse verbreitert werden, denn das Versorgungsniveau der arbeitgeberfinanzierten bAV reiche kaum aus, um die sinkende Tendenz der gesetzlichen Rente allein in den letzten 15 Jahren auszugleichen. Hierfür müsse die Dotierung der bAV mehr als verdoppelt werden.

Diese Summe könnten die Unternehmen allerdings nicht allein tragen, so der bAV-Experte. Seiner Einschätzung nach sollte daher auch die Eigenvorsorge der Mitarbeiter ausgebaut werden.

Heiniz sagt:

Sinnvoll hierfür wären so genannte Opting-Out-Pläne, in denen alle Mitarbeiter automatisch einen Teil ihres Gehalts für die bAV sparen. Wer das nicht möchte, kann diese Option abwählen. Studien zeigen aber, dass die meisten Mitarbeiter sehr zufrieden damit sind, wenn ihr Unternehmen ihnen den Aufwand abnimmt, sich selbst für das Altersvorsorgesparen anzumelden.

BRSG bislang noch ohne erwünschten Effekt

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) sollte zwar Impulse zur weiteren Verbreitung der bAV und zum Ausbau der bAV-Finanzierung setzen, habe aber bislang nicht die gewünschten Effekte gezeigt, sagt bAV-Experte Heiniz von Willis Towers Watson.

Bevor die Koalitionsparteien aber hektisch weitere Neuerungen diskutierten, sollten sie eher das bestehende bAV-System verbessern und vereinfachen, betont Heiniz. Zu denken wäre hier an ein flächendeckendes Opting-out und an die Abschaffung längst bekannter Ärgernisse wie etwa der hohe steuerliche Rechnungszins, der handelsrechtliche Durchschnittszins sowie das Problem der sozialversicherungsrechtlichen Doppelverbeitragung.

Bild: © Willis Towers Watson