Was erwartet die Versorgungswerke der KMUs nach der Pandemie?

Die Pandemie bestimmt nahezu alles, auch in Unternehmen. Dennoch bleiben Herausforderungen wie der Fachkräftemangel, unzureichende Altersvorsorge sowie ein kalkulierbarer Pensionsaufwand weiterhin aktuell. Daher sollten, trotz schwieriger Prognosen, wann sich die Wirtschaft wieder erholt, einige Aufgaben rund um die Versorgung gerade jetzt in Angriff genommen werden.

(PDF)
Berufe-112337672-AS-industrieblickBerufe-112337672-AS-industrieblick

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial GmbH, zeigt auf, wo Arbeitgeber ansetzen können. Der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 Prozent auf die Entgeltumwandlung gilt ab 2022 für alle entsprechenden Vereinbarungen.

„Für Arbeitgeber heißt das: baldmöglichst handeln.“

Er empfiehlt etwa, den Arbeitgeberzuschuss beispielsweise in den bestehenden Direktversicherungsvertrag einfließen zu lassen, das erhöht die Versorgungsleistung für den Arbeitnehmer. Wenn das bei dem Versicherer nicht möglich ist, sollte der Zuschuss in einen neuen Direktversicherungsvertrag fließen.

Dabei gilt es, die Annahmerichtlinien der Produktgeber, zum Beispiel für Mindestbeiträge oder Mindestlaufzeiten, zu beachten.

Eine weitere Option: Die Entgeltumwandlungsvereinbarung so abändern, dass der Einzahlungsbetrag, zur Direktversicherung gleichbleibt, während sich der Eigenanteil des Arbeitnehmers entsprechend anpasst.

Matching-Modelle als Wertschätzung

Beim Kampf um qualifizierte Mitarbeiter kann die bAV oft ein entscheidender Faktor kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) gegenüber großen Firmen sein. „Matching contribution“, die Kombination von Arbeitgeberbeitrag und Entgeltumwandlung, ist ein Zeichen der Wertschätzung, das auch KMU setzen können, ohne unkalkulierbare Risiken einzugehen.

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial GmbH

Der Longial Geschäftsführer verdeutlicht: „Nach unserer Erfahrung liegt der Beitrag der Arbeitgeber in solchen Modellen bei 30 bis 50 Prozent des Beitrags, der vom Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltumwandlung finanziert wird. Die alleinige Weitergabe des verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses wird nicht wertschätzend wahrgenommen – im Gegenteil.“

Förderung für niedrige Einkommen

Nur 30 bis 37 Prozent der Arbeitnehmer mit geringen Einkommen (bis 2.500 Euro brutto monatlich) haben eine bAV. Gleichzeitig haben 90 Prozent dieser Beschäftigten Interesse an einer betrieblichen Altersvorsorge – das zeigt eine aktuelle Studie.

Mit der Förderung nach § 100 Einkommensteuergesetz gibt es genau dafür eine Lösung: Das Unternehmen bekommt 30 Prozent Zuschuss für Arbeitgeberbeiträge bis zu 960 Euro jährlich, die für eine neue bAV von Mitarbeitern mit einem Einkommen von maximal 2.575 Euro monatlich aufgewendet werden.

Hoppstädter erklärt:

„Leider nutzen diese Förderung in erster Linie Firmen mit 250 Beschäftigten und mehr.“

Dabei ist es mit Blick auf die wachsende Altersarmut, die oft schlechte Altersversorgung der Mitarbeiter mit niedrigem Einkommen sowie deren Wunsch nach einer betrieblichen Vorsorge auch ein Teil der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, hier tätig zu werden – bei überschaubaren Kosten.

Pensionsrückstellungen im Blick behalten

Unternehmen mit Direktzusagen müssen in ihrer Bilanz die dafür notwendigen Pensionsrückstellungen ausweisen. Diese steigen zunehmend an und belasten mindestens noch die nächsten fünf Jahre sowohl die Bilanz als auch die Gewinn- und Verlustrechnung. Lösungsansätze für eine Entlastung, abhängig von den Wünschen und Zielen des Unternehmens, gibt es viele.

Der Longial Geschäftsführer fasst zusammen: „Von der Umstellung der Leistungszusagen auf beitragsorientierte Systeme über die Ausfinanzierung, mit und ohne Nutzung von Treuhandlösungen (CTA) zur Insolvenzsicherung, durch flexible Produkte und attraktiver Wertentwicklung bis hin zur Auslagerung der Verpflichtungen auf Pensionsfonds als externe Versorgungsträger.“

Versorgungswerke neu aufstellen

Weiterhin ist kein Ende der Niedrigzinsphase in Sicht. Die Folge: Versicherer senken ihre Leistungen, beispielsweise durch Reduzierung der Rentenfaktoren in ihren Produkten oder des Garantieniveaus.

Die Deutsche Aktuarvereinigung empfiehlt die Absenkung des Höchstrechnungszinses für Lebensversicherer auf 0,25 Prozent zum 1.1.2022. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, Versorgungswerke auf neue Beine zu stellen.

Hoppstädter rät: „Früher getroffene Entscheidungen für einen Produktanbieter oder einen Durchführungsweg sollten hinterfragt, Beitrags- und Leistungskomponenten überdacht und neugestaltet sowie Risiken aus bestehenden Systemen entfernt werden.“

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Magnet for your customers or human resourcesMagnet for your customers or human resourcesjirsak – stock.adobe.comMagnet for your customers or human resourcesjirsak – stock.adobe.com
bAV

Mittelstand setzt auf bAV für die Mitarbeiter-Bindung

Wenn es darum geht, Mitarbeiter*innen zu gewinnen und zu halten, setzen acht von zehn mittelständischen Betrieben auf die Betriebsrente mit einer finanziellen Arbeitgeberkomponente. Fast ebenso zeigen sich mit der Wirkung der bAV auf die Bindung der Beschäftigten zufrieden.

Hand-Grafik-Wachstum-374142868-AS-denphumiHand-Grafik-Wachstum-374142868-AS-denphumidenphumi – stock.adobe.comHand-Grafik-Wachstum-374142868-AS-denphumidenphumi – stock.adobe.com
Auszeichnungen

Deutscher bAV-Index 2021 von Willis Towers Watson

bAV ist heute risiko-optimiert und flexibel. Noch nachhaltiger könnte sie das Altersvorsorgesystem entlasten, wenn sie mehr Menschen zugänglich gemacht und die Finanzierung breiter aufgestellt würde.
Fassade-Unternehmenszentrale-2022-NuernbergerFassade-Unternehmenszentrale-2022-NuernbergerNürnberger VersicherungFassade-Unternehmenszentrale-2022-NuernbergerNürnberger Versicherung
Unternehmen

NÜRNBERGER verkauft Pensionsfonds an Metzler

Die Metzler Pension Management GmbH übernimmt voraussichtlich zum 1. Januar 2025 den gesamten Bestand der NÜRNBERGER Pensionsfonds AG (NPF): Dieser umfasste Ende 2023 über 700 Unternehmen, circa 3.600 individuelle Versorgungsverhältnisse und eine Kapitalanlagesumme von mehr als 290 Mio. Euro.

AnzugtraegerInnen-Team-90222600-AS-drubig-photoAnzugtraegerInnen-Team-90222600-AS-drubig-photodrubig-photo – stock.adobe.comAnzugtraegerInnen-Team-90222600-AS-drubig-photodrubig-photo – stock.adobe.com
Assekuranz

bAV behauptet sich im Mittelstand trotz Corona-Krise gut

Die Folgen der Corona-Pandemie für die bAV im Mittelstand bleiben begrenzt: Nur knapp jeder zwanzigste Betrieb vermeldet aktuell negative Auswirkungen der Pandemie auf die eigenen bAV-Pläne. Vor einem Jahr war es noch jeder zehnte Betrieb.

The young businessman and businesswoman with laptops on gray backgroundThe young businessman and businesswoman with laptops on gray backgroundmaster1305 – stockadobe.comThe young businessman and businesswoman with laptops on gray backgroundmaster1305 – stockadobe.com
Assekuranz

bAV-Verwaltung: Digital geht vor Papier

NeujahrNeujahrRRF – stock.adobe.comNeujahrRRF – stock.adobe.com
Assekuranz

Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss: Konsequenzen bei Pflichtverletzung

Ab dem 1. Januar 2022 besteht für Arbeitgeber mit versicherungsförmiger bAV eine Zuschusspflicht für Entgeltumwandlungen von 15 Prozent, soweit sie dadurch Sozialversicherungsbeiträge einsparen.

Mehr zum Thema

Hartmuth Kremer-JensenAon DeutschlandHartmuth Kremer-JensenAon Deutschland
Assekuranz

Aon-Marktprognose 2025: „Bürokratie bremst den Fortschritt aus“

Das Beratungsunternehmen Aon hat seine Marktprognose für den deutschen Versicherungsmarkt 2025 veröffentlicht. Der Bericht zeigt: Unternehmen müssen sich zunehmend mit komplexen und global vernetzten Risiken auseinandersetzen. Politische Unsicherheiten, hohe Kosten und der Klimawandel setzen Unternehmen unter Druck.

GDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger (rechts) und GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen (Archiv).GDVGDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger (rechts) und GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen (Archiv).GDV
Assekuranz

Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen

Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.

Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden.Laney5569 / pixabayZum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden.Laney5569 / pixabay
Assekuranz

Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün

Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.

Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & RatingMORGEN & MORGENThorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & RatingMORGEN & MORGEN
Assekuranz

Lebensversicherung: Überschussbeteiligung 2025 steigt weiter – doch nicht in der Breite

Die Überschussbeteiligungen deutscher Lebensversicherer steigen weiter, wenn auch weniger stark als im Vorjahr. Eine Analyse von MORGEN & MORGEN zeigt, dass fast alle Versicherer mindestens zwei Prozent bieten, während jeder fünfte Anbieter drei Prozent oder mehr gewährt. Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, bewertet die Entwicklung als kundenfreundlich, betont aber auch die individuelle Strategie der Versicherer.

ACWells / pixabayACWells / pixabay
Assekuranz

Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an

Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.

Bei einer Wasserbüffel-Herde in Brandenburg wurde Maul- und Klauenseuche (MKS) nachgewiesen.Anduka66 / pixabayBei einer Wasserbüffel-Herde in Brandenburg wurde Maul- und Klauenseuche (MKS) nachgewiesen.Anduka66 / pixabay
Assekuranz

Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken

Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.