Im Geschäft mit Kryptowährungen bahnt sich eine Zeitenwende an. Nach den Sturm- und Drangjahren mit enormen Kursschwankungen, in denen insbesondere private Anleger auf unregulierten Onlinemarktplätzen gehandelt haben, beginnt eine Ära der Professionalisierung.
Institutionelle Anleger forcieren die Weiterentwicklung von Bitcoin und ähnlichen digitalen Zahlungsmitteln hin zu einer eigenständigen Assetklasse. In welcher Geschwindigkeit sich dieser Wandel vollzieht, zeigt eine aktuelle Marktanalyse der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company.
Kryptohandelsvolumen explodiert
Danach sind die weltweiten Umsätze allein im Handel mit Kryptowährungen von 2016 bis 2020 von rund 2 Milliarden US-Dollar auf etwa 13 Milliarden US-Dollar gestiegen. Im gleichen Zeitraum explodierte das Handelsvolumen förmlich. Es schnellte von circa 400 Milliarden US-Dollar auf zuletzt rund 9,6 Billionen US-Dollar hoch.
Das ist mehr als das Vierfache des Handelsvolumens an den großen deutschen Handelsplätzen Xetra, Börse Frankfurt und Tradegate Exchange im Jahr 2020.
Dabei entfielen im vergangenen Jahr nur noch 20 Prozent der Kryptotransaktionen auf die vor allem von privaten Anlegern genutzten Marktplätze. Das von institutionellen Anlegern dominierte außerbörsliche OTC-Geschäft ("Over the Counter") vereinigte bereits 35 Prozent des Handels auf sich. Drei Jahre zuvor waren es gerade einmal 5 Prozent gewesen. Noch dynamischer entwickelte sich der Markt für Derivaten: Er stand 2020 für 45 Prozent des gesamten Handelsvolumens.
Der Markt für Kryptowährungen institutionalisiere sich, stellt Dr. Christian Graf, Bain-Partner und Finanzmarktexperte, fest. Professionelle Anleger bevorzugten den OTC-Handel vor allem wegen der höheren Flexibilität. Mit Derivaten sicherten sie sich zunehmend gegen die unverändert bestehenden Ineffizienzen und hohe Volatilität im Markt ab. Angesichts des milliardenschweren Engagements institutioneller Anleger ist aus Grafs Sicht der Point of no Return überschritten: Man erlebe die Entstehung einer neuen Assetklasse.
Hohe Wachstumsdynamik im B2B-Geschäft
Dies zeigt auch eine Aufschlüsselung der Umsätze nach Marktteilnehmern. Danach stand das B2C-Geschäft - angefangen beim Käufer einer einzelnen digitalen Währungseinheit bis hin zu vermögenden Day-Tradern - noch für die Hälfte aller Umsätze. Der entscheidende Grund für den im Vergleich zu den Handelsvolumina großen Umsatzanteil liegt in den deutlich höheren Gebühren, die Privatanleger bei Transaktionen zahlen.
Weitere 20 Prozent entfielen auf das B2B2C-Geschäft mit zwischengeschalteten Brokern, insbesondere Fintechs beziehungsweise Neo-Broker. Das reine B2B-Geschäft zwischen professionellen Trading-Unternehmen, Brokern, Banken, Vermögensverwaltern und anderen institutionellen Akteuren vereinigte 2020 bereits rund 30 Prozent auf sich.
Karl Gridl, Associate Partner bei Bain und Kapitalmarktexperte, sagt:
Vor allem das B2B-Geschäft wird stark zulegen. Institutionelle Anleger positionieren sich im Markt. Sie erwarten eine leistungsstarke Infrastruktur und ein Angebot auf dem Niveau klassischer Assetklassen.
Entsprechend vielfältig sind die Chancen, die sich für Market Maker, Broker, Asset-Manager sowie weitere Finanzdienstleister ergeben. Das Spektrum reicht vom Gewährleisten eines hochliquiden, kostengünstigen Handels über das Bereitstellen einer sicheren Infrastruktur für die Verwahrung bis hin zum Auflegen von Produkten wie Kryptofonds. Neue Milliardenmärkte bilden sich heraus, so Gridl.
Das Umsatzpotenzial einer vollständigen Kryptowertschöpfungskette sei um ein Vielfaches höher als das, was im Handel stecke.
Für etablierte Finanzdienstleister ist dabei von entscheidendem Vorteil, dass sie das Vertrauen institutioneller Anleger haben. Mit einer zügigen Standardisierung könnten sie die Einstiegshürden für große Kunden senken und mit entsprechenden Produkten Risiken und Volatilität begrenzen.
Neue Regelwerke und Technologien bestimmen die Zukunft
Voraussetzung für das Entstehen von Zukunftsmärkten ist die Erarbeitung neuer Regelwerke und die Weiterentwicklung der Technologie. Insbesondere der Energieverbrauch von Kryptowährungen stößt vielerorts auf Kritik. Doch mittlerweile wird mit der Fortentwicklung von Systemen wie Ethereum alles darangesetzt, den Stromverbrauch für die einzelnen Blockchain-Transaktionen zu reduzieren.
Zugleich schaffen staatliche Aufsichtsbehörden rund um den Globus den nötigen Rahmen für eine Professionalisierung des Kryptomarkts. Meilensteine in Deutschland waren beispielsweise die Regelung des Kryptoverwahrgeschäfts sowie das Gesetz über elektronische Wertpapiere, während in der Schweiz mit der DLT-Gesetzgebung (Distributed-Ledger-Technologie) ein wichtiger Schritt nach vorne gemacht wurde.
In den USA zeigt sich die Börsenaufsicht SEC inzwischen offen für kryptobasierte ETFs. Zahlreiche Anbieter stehen bereits in den Startlöchern. China wiederum verfolgt einen restriktiven Kurs, das Land arbeitet an einer eigenen elektronischen Währung.
Vielerorts ist damit die Grundlage für eine Erweiterung des Kryptomarkts über den bislang dominierenden Handel hinaus geschaffen. Dessen Basistechnologie, die Blockchain, eröffnet die Möglichkeit, Transaktionen in weiteren Assetklassen wie Immobilien oder Private Equity transparent und sicher abzubilden. Weitere Optionen bestehen perspektivisch in der Erbringung von finanzwirtschaftlichen Dienstleistungen in dezentralen Netzwerken.
Allerdings ist Eile geboten. Die Blockchain-Technologie habe das Potenzial, den gesamten Finanzmarkt fundamental zu verändern, betont Bain-Partner Graf. Banken, Börsen und andere Finanzdienstleister sollten daher so schnell wie möglich Know-how aufbauen und diesen Zukunftsmarkt besetzen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Ein Blick in die Zukunft der Kryptobranche
Die Mehrheit der Krypto-Experten geht davon aus, dass der Wert von Bitcoin und Co. in den nächsten fünf Jahren weiter ansteigen wird. Derzeit gibt es auch genügend Anzeichen dafür: So stehen mitunter ein BTC-Halving und eine mögliche Genehmigung von Bitcoin-ETFs in den USA an.
Vernünftige Geldanlage geht anders: „Wer in Bitcoins investiert, kann auch gleich Lotto spielen!“
ETP von Maverix kombiniert Aktien und Kryptowährungen in einem Index
Maverix Securities AG, eines der führenden Schweizer Wertpapierhäuser lanciert eine Anlagelösung und kombiniert erstmals Aktien und Kryptowährungen in einem Index. Mit dem neuen Produkt reagiert Maverix auf die dynamische Entwicklung des schnell wachsenden Payment-Sektors.
Euphorie am Krypto-Markt: 80 Prozent der Bitcoin-Anleger im Plus
Die Stimmung auf dem Krypto-Markt ist angeheizt und Marktteilnehmer erwarten weiterhin steigende Kurse. Der Bitcoin Fear & Greed Index notiert derzeit auf 71. Ähnlich hoch war er zuletzt im November 2021. Wie es um aktuelle Entwicklungen rund um den Bitcoin steht.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Zwischen Zauber und Zahlen: Warum deutsche Aktien wieder Chancen bieten
Trotz Konjunktursorgen, geopolitischer Spannungen und struktureller Probleme sehen viele Anleger wieder Potenzial im deutschen Aktienmarkt. Portfoliomanager Olgerd Eichler von MainFirst nennt sechs gute Gründe – mit überraschend positiven Langfristaussichten.
Höhere Pfändungsfreigrenzen ab 1. Juli 2025: Was das für Gläubiger bedeutet
Zum 1. Juli 2025 steigen die Pfändungsfreigrenzen – für Schuldner:innen bedeutet das mehr finanzieller Spielraum, für Gläubiger hingegen weniger pfändbare Beträge und längere Rückzahlungszeiträume. Was das konkret heißt und worauf Gläubiger jetzt achten müssen.
In der Steuerung des Kreditrisikos liegt ein strategischer Hebel
Protektionismus, Handelskonflikte, geopolitische Risiken – die Unsicherheit an den Märkten bleibt hoch. Passive Kreditstrategien stoßen in diesem Umfeld schnell an ihre Grenzen. Warum gerade aktives Management und ein gezielter Umgang mit Kreditaufschlägen den Unterschied machen können, erklärt Jörg Held, Head of Portfolio Management bei Ethenea.
Mehrheit befürwortet Rüstungsinvestments – Akzeptanz steigt auch bei nachhaltigen Fonds
Private Geldanlagen in Rüstungsunternehmen polarisieren – doch laut aktueller Verivox-Umfrage kippt die Stimmung: 56 Prozent der Deutschen halten solche Investments inzwischen für legitim. Auch nachhaltige Fonds greifen vermehrt zu.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.