In Deutschland werden bisher vor allem einfache Versicherungen online abgeschlossen. Das Wachstumspotenzial ist daher besonders bei komplexen Produkten noch sehr hoch.
Laut einer Umfrage des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom) unter 1.004 Personen ab 18 Jahren hat fast die Hälfte der Deutschen (46 Prozent) bereits online eine Versicherung abgeschlossen.
Nachgefragt sind im Internet hauptsächlich einfache Produkte wie Kfz-Haftpflicht- oder Reiserücktrittsversicherungen, die wenig Beratung und keine individuellen Verträge erfordern.
Zwischen den Altersgruppen bestehen hier noch deutliche Unterschiede. Bei den 18- bis 64-Jährigen haben bereits 57 Prozent einen Versicherungsvertrag über das Internet abgeschlossen, bei den Senioren ab 65 Jahren nur 15 Prozent.
„In Zeiten von Kontakteinschränkungen hat es der klassische Versicherungsvertrieb über Hausbesuche oder Filialberatungen ohnehin schwer. Online-Abschlüsse von Versicherungen werden demnächst in den meisten Fällen der Standard sein“, erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Kompliziert und zeitaufwändig
Obwohl immer mehr Versicherungen online abgeschlossen werden, gibt es bei vielen Anbietern aus Kundensicht noch immer großen Nachholbedarf. Mehr als ein Drittel (39 Prozent) der Personen, die bereits zumindest eine Versicherung über das Internet abgeschlossen hat, fand den Prozess kompliziert.
35 Prozent hielten den Vertragsabschluss für zu zeitaufwändig. Ein weiteres Problem ist laut Experten der SEO Agentur Semtrix die bei vielen Versicherungen schlechte Position in den Suchergebnissen, die es potenziellen Kunden erschwert, das passende Angebot zu finden.
„Die Versicherer stoßen auf Online-Kunden, die etwa von Streaming-Anbietern und Online-Shops eine maximale Nutzerfreundlichkeit gewohnt sind. Ein Produkt mit vielen Leistungen reicht alleine nicht, es muss auch online leicht zu verstehen sein und mit wenigen Klicks zum Abschluss gebracht werden können“, so Berg.
Einfache Produkte bei Onlineabschlüssen führend
Das beliebteste Onlineversicherungsprodukt ist die Reiserücktrittversicherung, die bereits 34 Prozent der 1.004 Umfrageteilnehmer über das Internet abgeschlossen haben. Danach folgt die Kfz-Versicherung (32 Prozent), die Rechtsschutzversicherung (25 Prozent), die Auslandsreisekrankenversicherung (19 Prozent) und die Krankenversicherung (18 Prozent).
Rentenversicherungen (8 Prozent), Hausratversicherungen (8 Prozent), Sterbegeldversicherungen (7 Prozent), Krankenzusatzversicherungen (6 Prozent) sowie kapitalbildende Lebensversicherungen (5 Prozent) und Risikolebensversicherungen (4 Prozent), also beratungsintensive Versicherungen, die häufig über einen sehr langen Zeitraum laufen und hohe Prämien haben, werden hingegen bisher kaum online abgeschlossen.
Wachstumspotenzial für Onlineversicherungen
Das Wachstumspotenzial für Onlineversicherungen ist laut den Umfrageergebnissen noch immer groß. Bei Reiserücktrittversicherungen (36 Prozent), Auslandsreisekrankenversicherungen (36 Prozent), sonstigen Rentenversicherungen (36 Prozent) und Berufsunfähigkeitsversicherungen (34 Prozent) kann sich rund ein Drittel der Personen, für die diese Versicherungen grundsätzlich relevant sind, vorstellen, die Verträge online abzuschließen.
Bei eher komplexen Verträgen wie einer kapitalbildenden Lebensversicherung (15 Prozent) ist der Wille zum Onlineabschluss zwar deutlich niedriger, bietet aber trotzdem noch große Wachstumschancen.
„Es gibt bereits heute eine nicht zu vernachlässigende Kundengruppe, die auch komplexere Produkte gerne online abschließen möchte“, so Berg. „Wenn es gelingt, die Produkte zu vereinfachen, dann wird auch die Nachfrage nach Online-Abschlüssen weiter steigen“, konstatiert Berg.
Onlineplattform der Versicherungswirtschaft?
Wie die Umfrage zeigt, erwarten ein Großteil der Bundesbürger in den kommenden Jahren große Veränderung in der Versicherungsbranche. Fast zwei Drittel (65 Prozent) halten es demnach für wahrscheinlich, dass die Versicherungswirtschaft eine große Plattform etabliert, die die bisherigen Marktanteile vereint.
Außerdem erwartet mehr als die Hälfte (53 Prozent), dass ein Digitalkonzern wie Apple, Google oder Facebook bis 2030 auch auf dem Versicherungsmarkt mitspielen wird. Dies könnte laut vielen Umfrageteilnehmern (52 Prozent) dazu führen, dass zahlreiche traditionelle Versicherungen vom Markt verschwinden.
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