Pflegereform bringt zusätzliche Finanzierungslast in Milliardenhöhe

Zur Verabschiedung der Pflegereform am letzten Freitag im Bundestag nimmt die „Initiative für eine nachhaltige und generationengerechte Pflegereform“ Stellung. Das Bündnis von 8 Verbänden aus der Wirtschaft und aus der Pflege fürchtet eine extreme finanzielle Belastung für die Sozialversicherung, die in dieser Form nicht zu schultern sein wird und das Defizit an Generationengerechtigkeit vergrößert.

(PDF)
Muenzstapel-139400098-AS-weyoMuenzstapel-139400098-AS-weyoweyo – stock.adobe.com

Die in dieser Legislaturperiode in den üblichen parlamentarischen Verfahren nicht zustande gekommene große Pflegereform ist nun­mehr in Teilen und unter großem Zeitdruck noch vor der Sommer­pause verabschiedet worden. Sie sieht Leistungsausweitungen vor, ohne ausreichende Gegenfinanzierung und ohne nachhaltige Finanzierungsstrategie für unsere alternde Gesellschaft.

Das sind im Einzelnen

Die geplanten Leistungsausweitungen (unter anderem der Zuschuss zu Eigenanteilen bei stationärer Pflege, Bezahlung der Pflegekräfte nach Tariflohn, Erhöhung der Sachleistungen) sind unterfinanziert und werden kurzfristig zu Beitragssatzsteigerungen führen.

Mehr­ausgaben von 3,14 Mrd. Euro nach Schätzungen des BMG stehen nur ein Steuerzuschuss von 1 Mrd. Euro und Beitragsmehreinnah­men von 400 Mio. Euro infolge der Erhöhung des Beitrags­zuschlags für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte gegenüber.

Mit Blick auf die demografische Entwicklung handelt es sich um eine Leistungsausweitung ohne nachhaltige Finanzierungs­perspektive. Sie vergrößert das Defizit an Generationengerechtig­keit im Umlageverfahren und wird weitere Beitragssatzanstiege auf Dauer zur Folge haben.

Die Einführung eines dauerhaften Steuerzuschusses zur Sozialen Pflegeversicherung wurde in einer früheren Fassung der Änderungsanträge noch mit versicherungsfremden Leistungen be­gründet. Diese Begründung ist nun entfallen. Der Steuerzuschuss wird damit zur Finanzierung von Leistungsausweitungen instru­mentalisiert.

Das Fehlen eines konkreten Sachbezugs ist ein Ein­fallstor für dauerhaft wachsende Belastungen des Bundeshaus­halts und stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken, zumal die Private Pflegeversicherung als zweite Säule der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung ausgeklammert wird.

Hinzu kommt die Überregulierung durch die Verpflichtung der Pflegeeinrichtungen, nach Tarif zu bezahlen. Die Bezahlung in der Pflege steigt ohnehin. Laut den Angaben von Destatis stiegen die Bruttomonats­verdienste von Fachkräften in Altenheimen seit 2010 um 32,8 Pro­zent und von Fachkräften in Pflegeheimen sogar um 38,6 Prozent. Dies ist ein deutlich stärkerer Anstieg als in der Gesamtwirtschaft (Produzierendes Gewerbe und Dienstleistungen) mit nur 21,2 Pro­zent.

Angesichts dieser zusätzlichen Finanzierungslasten hätte eine der­artige Reform gründlich beraten werden müssen.

Mitglieder der Initiative:

  • Arbeitgeberverband Pflege
  • Bundesverband der Betreuungsdienste e.V.
  • Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
  • DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.V./DIE JUNGEN UNTERNEHMER
  • Denkschmiede Gesundheit
  • Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV)
  • Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e. V. (VDAB)

(PDF)

LESEN SIE AUCH

It's a new dayIt's a new day
Assekuranz

Versicherer: Leichtes Beitragsplus und verhaltener Optimismus

Die deutsche Versicherungswirtschaft hat sich 2023 gut behauptet: Die Versicherer verbuchten über alle Sparten hinweg ein leichtes Beitragsplus von 0,6 Prozent. Für dieses Jahr erwartet der Sektor vor dem Hintergrund steigender Nominallöhne und nachlassender Inflation ein Beitragswachstum von 3,8 Prozent.

Krankenpflegerin umarmt Seniorin in Hospiz zum TröstenKrankenpflegerin umarmt Seniorin in Hospiz zum TröstenRobert Kneschke – stock.adobe.com
Assekuranz

Bezahlbare Konzepte, um gute Pflege zu sichern

Das zum 1. Juli in Kraft tretende Pflegestärkungs- und Entlastungsgesetz reicht nach Ansicht des PKV-Verbands bei weitem nicht aus, um die Pflegeversicherung zu stabilisieren. So scheint der Ausbau der kapitalgedeckten Vorsorge unumgänglich. Konkrete und bezahlbare Konzepte existieren bereits.

Seniorin-551512063-AS-pikselstockSeniorin-551512063-AS-pikselstockpikselstock – stock.adobe.com
Pflege & Gesetz

Pläne zur Pflegereform werden Beitragszahler massiv belasten

Der PKV sieht in dem vorliegenden Entwurf der Pflegereform nicht die Lösung, sondern eine erhebliche Verschärfung der Finanzprobleme der Sozialen Pflegeversicherung, die zudem die Belastung Beitragszahler weiter massiv erhöht.

Senioren-Paar-Pflegekraft-490935584-AS-Photographee-euSenioren-Paar-Pflegekraft-490935584-AS-Photographee-euPhotographee.eu – stock.adobe.com
Pflege & Gesetz

Pflegeversicherung: Es braucht gezielte Hilfen und mehr Vorsorge

Reformideen für die Pflegeversicherung wie der sogenannte ‚Sockel-Spitze-Tausch‘ oder die Deckelung von Eigenanteilen sind eine unbezahlbare Sozialpolitik mit der Gießkanne. Sie gehen auf Kosten der Beitrags- und Steuerzahler, vor allem der Jüngeren.

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.

Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk

Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.

"Das Gesamtpaket muss stimmen"
Ausgabe 05/25

"Das Gesamtpaket muss stimmen"

Bernd Einmold & Sascha Bassir
„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”
Ausgabe 03/25

„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”

Dr. Florian Sallmann
"Schema F gibt es nicht mehr"
Ausgabe 10/24

"Schema F gibt es nicht mehr"

Michael Schillinger & Andreas Bahr
Kostenlos

Alle Ausgaben entdecken

Blättern Sie durch unser digitales Archiv im Kiosk und lesen Sie alle bisherigen Ausgaben des ExpertenReports. Zur Kiosk-Übersicht